Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
sein, meine ist es nicht. Lass nicht zu, dass dadurch unser Bündnis gefährdet wird.«
»Unser Bündnis?«
Er sah sie gespannt an. Rie Skovgaard musterte ihre Fingernägel.
»Worte auf Papier«, sagte Eller. »Mehr ist da nicht.«
Auf dem Tisch standen Kaffee und Croissants. Kaum angerührt.
»Soll das heißen, du willst raus?«
»Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.«
»Es ist eine Frage des Prinzips.«
»Eurer Prinzipien. Nicht unserer. Ich will nicht mit dir untergehen. Ich will nicht mitverantwortlich gemacht werden. Ich will …«
»Jetzt sag schon, was du willst«, unterbrach er sie.
»Wenn du das nicht in Ordnung bringst, distanziere ich mich von dir. Wir müssen …«
Es klopfte. Morten Weber kam herein. Neu eingekleidet, wie es schien. Schickes Jackett, roter Pullover, weißes Hemd. Hartmann und Skovgaard betrachteten ihn ungläubig.
»Hier ist das Schriftstück, das du haben wolltest«, sagte Weber und brachte Hartmann ein Blatt Papier. Niemand sagte etwas.
»Noch Kaffee da?«, fragte Weber.
Als er keine Antwort bekam, lächelte er und ging wieder. Hartmann sah sich den Farbausdruck an. Es war eine Seite aus Kirsten Ellers Internet-Auftritt.
»Wie entscheidest du dich, Troels?«
Er las die Seite aufmerksam.
»Okay«, fuhr sie fort. »Ab sofort zeige ich mich nicht mehr mit dir in der Öffentlichkeit. Alle gemeinsamen Veranstaltungen sind abgesagt, auch die heute Abend.«
Eller schob ihre Unterlagen zusammen, legte sie mit ihrem Kugelschreiber in ihren Aktenkoffer. Wandte sich zum Gehen.
»Und wie steht’s mit deiner Glaubwürdigkeit?«
»Was soll das heißen?«
Hartmann schob ihr das Blatt über den Tisch zu.
»Du rechnest dir meine Integrationsvorbilder als Verdienst an. Hier steht’s. Auf deiner Homepage.«
Sie schnappte sich die Seite, las sie.
»Unsere gemeinsame Initiative hat dir so gut gefallen, dass du etwas darüber geschrieben hast.« Hartmann lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich geb dir ja gern was von dem Ruhm ab, Kirsten. Das Dumme ist nur … wenn es Kritik setzt, musst du auch davon deinen Anteil tragen.«
Er beugt sich vor, lächelte sie an und fuhr fort: »Das versteht man unter Verantwortung übernehmen.«
»Das ist Erpressung.«
»Nein, ist es nicht. Es ist deine Website, nicht meine. Allgemein zugänglich. Deine Verantwortung. Häng mich zum Trocknen auf, und du findest dich auf derselben Wäscheleine wieder. Aber …«
»Danke für den Kaffee«, fauchte Eller.
»War mir ein Vergnügen. Wir sehen uns heute Abend. Wie geplant.«
Sie sahen ihr nach und gingen dann ins Hauptbüro zurück.
»Das hat ihr gar nicht gefallen«, sagte Skovgaard.
»Ist mir scheißegal, ob ihr das gefallen hat oder nicht. Ich hör mir doch keine Predigt über Verantwortung an, von einer abgehalfterten Mitläuferin, die mit jedem in die Kiste steigt, der sich nicht zu gut dafür ist.«
Morten Weber saß an seinem Schreibtisch. Hartmann ging zu ihm. Weber sah nicht von seinem Computer auf.
»Ich dachte, du wärst desertiert.«
Weber sah seine Mailbox durch. Massenhaft neue E-Mails.
»Allein wird’s mir langweilig.«
Hartmann legte ihm den Ausdruck von Ellers Website hin.
»Woher hast du das gewusst?«
Weber sah ihn an, als sei das sonnenklar.
»Ich hätte mir diese Feder auch an den Hut gesteckt, wenn ich ihren Wahlkampf leiten würde. Manchmal muss man eben ein bisschen wie andere Leute denken. Das hilft.«
»Ich bin froh, dass du wieder dabei bist, Morten«, sagte Skovgaard.
Er sah sie an und lachte.
»Ich auch.«
Kemals Wohnung in Østerbro. Die Spurensicherung hatte jeden Quadratzentimeter unter die Lupe genommen. Alles, was sie gefunden hatte, waren zwei Fingerabdrücke von Nanna Birk Larsen neben der Haustür. Meyer wollte mehr.
»Wie denn?«, fragte der Leiter des Teams. »Wir haben alles getan. Mehr ist hier nicht.«
Lund überflog die vorläufigen Berichte.
»Und die Schuhe?«, fragte Meyer.
»Wir haben den Schlamm analysiert. Er stammt nicht vom Tatort.«
»Und der Äther? Wer um Himmels willen hat denn Äther im Haus?«
»Leute mit Helikoptern.«
Einer der Spurensicherer zog einen Modellhubschrauber hervor. »Jungenspielzeug«, sagte er. »Ein Hobby von ihm. Das Ding fliegt mit einem Gemisch aus Öl, Paraffin und Äther.«
»Die Nachbarn?«, fragte Lund. »Was sagen die?«
»Im zweiten Stock war eine Party. Ein Mieter hat gesehen, dass er um halb zwei Uhr morgens Abfall rausgebracht hat. Das ist alles.«
Lund
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