Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
schwieg einen Moment.
»Waren Sie mit dem Mädchen in der Wohnung?«
»Natürlich nicht.«
»Haben Sie den Schlüssel nachmachen lassen? Haben Sie meinen Computer benutzt?«
Er lachte.
»Die Liberalen brauchen wohl mal wieder einen Sündenbock.«
Rie Skovgaard schob ein Dokument über den Tisch.
»Heute Morgen ist ein Security Scan des Netzwerks durchgeführt worden. Auf allen unseren PCs sind Keylogger gefunden worden. Irgendjemand hat alles mitprotokolliert. Passwörter. Alles, was wir eingegeben haben. Der Betreffende konnte sich einloggen und sich für uns ausgeben.«
»Was hat das mit mir zu tun?«
»Sie haben Computertechnik studiert. Sie waren das.«
»Ich? Als Beamter?« Er lächelte zu Hartmann hinüber. »Er ist derjenige, der hier Erklärungen abzugeben hat. Ich lese es dann in der Zeitung.«
»Ich werde Sie persönlich ins Polizeipräsidium bringen!«, versprach Troels Hartmann.
»Er hat das Mädchen nicht umgebracht, Troels«, rief Skovgaard. »Er war mit uns auf dem Plakatfest. Er konnte nicht in der Wohnung sein.«
Olav Christensen grinste.
»Wissen Sie was?« Er stand auf. »Regeln Sie das mal schön allein. Sie hier …« Er schüttelte den Kopf und lachte. »Es ist genau so, wie Poul Bremer sagt. Mit Ihnen geht’s bergab.«
»Wenn Sie’s nicht waren, wer dann?«, brüllte Hartmann.
In einem Karton an der Tür lag Christbaumschmuck. Christensen zog etwas Lametta heraus und schwenkte es in seine Richtung.
»Der Weihnachtsmann?«, fragte er.
Meyer ging noch einmal durch, was sie bisher hatten.
»Hartmann hat eine Menge Frauen in die Wohnung bestellt. Ein paar Monate hat er Pause gemacht, dann ging’s wieder los.«
Blaulichter blinkten im Hof des Präsidiums.
»Er hat versucht, Nanna Birk Larsen zu erreichen. Er war eifersüchtig. Hat sich mit ihr getroffen. Dann ist das eskaliert.«
»Irgendjemand muss doch was gesehen haben«, sagte Lund. »Ein Zeitungsausträger. Ein Parkwächter.«
»Nein. Niemand hat was gesehen. Wir müssen Skovgaard noch mal herholen.«
»Die wird nichts sagen.«
»Vielleicht doch, wer weiß? Letztes Mal hast ja du sie befragt.«
Er griff sich an den Kragen seiner Reißverschlussjacke.
»Ich hab ein Händchen für Frauen.«
Lund warf ihm einen Blick zu, seufzte, schüttelte den Kopf.
»Er hat Nanna nicht angerufen«, sagte sie. »Sein Handy wurde an dem Abend um 22 Uhr 29 ausgeschaltet.«
»Ein Händchen für Frauen«, wiederholte er ganz langsam.
Sie spürte ihren Kopf. Ein Migräneanfall kündigte sich an.
»Okay.« Lund warf die Unterlagen auf den Tisch.
»Das war’s dann«, erklärte Meyer.
In seinem beschwingten Ganovengang verließ er den Raum. Lund war sich sicher, vor langer Zeit einmal jemanden festgenommen zu haben, der große Ähnlichkeit mit ihm hatte. Sie nahm die Verbindungsnachweise vom Schreibtisch. Jemand hatte Hartmann um 22 Uhr 27 angerufen, unmittelbar bevor er sein Handy ausgeschaltet hatte. Irgendwo musste doch eine Anruferliste sein. Sie fand sie. Sah sie sich an. Dachte daran, Meyer zu informieren. Nahm stattdessen ihren Mantel.
Wieder in der Store Kongensgade, stand sie im Hof und betrachtete die eiserne Wendeltreppe an der Rückseite des Hauses. Nethe Stjernfeldt kam zehn Minuten, nachdem Lund sie angerufen hatte.
»Was wollen Sie?«, fragte sie. »Ich hab Ihnen doch alles gesagt …«
»Sie haben gesagt, Sie hätten lange nicht mehr mit Hartmann gesprochen.«
»Hab ich auch nicht. Ich muss jetzt meinen Sohn vom Jugendtreff abholen.«
»Sie haben ihn an dem Freitagabend angerufen. Dem 31. Oktober. Um 22 Uhr 27. Das kann ich beweisen. Ich kann beweisen, dass Sie gelogen haben.«
Die Frau spielte nervös mit ihren Lederhandschuhen.
»Und das war noch nicht alles, stimmt’s?«, fragte Lund.
Sie schaute sich um, sah, dass sie allein waren.
»Ich hatte meinem Mann versprochen, ihn nicht mehr wiederzusehen.«
Lund schwieg.
»Ich hab ihn vermisst. Ich wollte ihn sehen.«
»Was hat er gesagt, als Sie angerufen haben?«
»Dass es vorbei ist. Dass ich ihn nicht mehr anrufen soll.«
»Und was haben Sie dann gemacht?«
Sie antwortete nicht. Wandte sich zum Gehen.
»Sie haben an dem Abend einen Strafzettel bekommen. Hier in der Store Kongensgade. Sie hatten zu nah an der Ecke geparkt.«
Lund schloss zu ihr auf.
»Pech«, sagte sie. »Passiert mir auch manchmal.«
»Muss mein Mann davon erfahren?«
»Erzählen Sie mir einfach, was an dem Abend war.«
Nethe Stjernfeldt sah die lange, leere Straße hinauf und
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