Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Eine leichte Entscheidung, wie ich hinzufügen darf. Wir sind uns darüber einig, dass es an der Zeit ist, unsere Differenzen zu begraben und eine Wende in der öffentlichen Meinung herbeizuführen. Dass wir gegen den Zynismus ankämpfen müssen. Den Schock. Die Wähler müssen ja denken, hier herrscht das Chaos. Das ist verständlich, aber falsch, wie du weißt. Unsere wichtigste Aufgabe wird es sein, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Das ist das Erbe, das Jens Holck uns hinterlassen hat. Wir müssen unseren Vertrag mit den Menschen erneuern. Sie von unserem Wert überzeugen. Bist du da mit mir einig?«
»Gute Rede, wie immer.«
»Es geht hier nicht um mich. Oder um dich. Es geht um …« Er wies mit einer ausgreifenden Geste auf den eleganten Raum, die Mosaiken, die Skulpturen, die Gemälde. »… das hier. Unsere Burg. Unser angestammtes Zuhause. Das Rathaus. Heute Abend halten wir eine Pressekonferenz ab. Ich werde sagen, dass jetzt alle Parteien den Wunsch haben, im Interesse des Gemeinwohls zusammenzuarbeiten und das Durcheinander zu beseitigen, das Holck uns hinterlassen hat. Bist du dabei?«
»Was willst du damit sagen?«
»Wir haben uns auf einen Burgfrieden geeinigt. Einen Waffenstillstand. Ein Gentlemen’s Agreement. Wir stellen diese persönlichen Angriffe ein. Diese aufgeheizte Debatte. Das feindselige Klima. Wir benehmen uns.«
»Einen Burgfrieden …«
»Frieden in der Burg. So hat man das früher in Ausnahmesituationen gemacht. Der Wahlkampf geht weiter, aber wir achten auf unsere Manieren. Fahren die Temperatur herunter.«
Die grauen Augen ruhten auf ihm.
»Wir sprechen über Politik und nicht über einzelne Personen. Ich bin mir sicher, das ist auch in deinem Sinne.«
Bremer stand auf.
»So ist also der Stand der Dinge. Ich schlage vor, du stellst dich hinter uns. Ich bin nicht kleinlich, Troels. Einem Kampf bist du nicht gewachsen. Nicht im Moment.«
Das Lächeln, die ausgestreckte Hand.
»Kann ich auf dich zählen?«
Hartmann zögerte.
»Das muss ich mir noch überlegen.«
»Was gibt’s da zu überlegen? Wir haben einen Konsens. Ruf die anderen an, wenn du möchtest. Ich gebe dir die Chance, in den Schoß der Gemeinschaft zurückzukehren. Du wärst ein Dummkopf, wenn du draußenbleiben würdest. Aber wenn du das willst …«
»Ich will das, was das Beste ist«, antwortete Hartmann.
Poul Bremer funkelte ihn an.
»Ich nehme das als ein Ja. Die gemeinsame Pressekonferenz beginnt um acht. Wir erwarten dich dort.«
Bis zum späten Vormittag hatte Svendsens Team Holcks Kontoauszüge und Kreditkartenabrechnungen beschafft. Es gab da eine ganze Reihe von Einkäufen in teuren Mode- und Schmuckgeschäften.
»Unter anderem die Stiefel, die wir in ihrem Schrank gefunden haben«, sagte Meyer.
Lennart Brix saß im Büro und sah sich die Fotos an, mit ausdrucksloser Miene, emotionslos.
»Was ist mit der Halskette?«, fragte Lund. »Die mit dem schwarzen Herzen?«
Meyer schob Brix das Foto aus dem Labor hin.
»Die hatte sie in der Hand, als wir sie gefunden haben. Wahrscheinlich hat er sie gezwungen, sie zu tragen. Nanna hat sie sich vom Hals gerissen, als sie ertrunken ist.«
»Hat Holck ihr die Kette gekauft?«, beharrte Lund.
»Die scheint nicht in den Auszügen auf. Wenn, dann muss er sie bar bezahlt haben, an irgendeiner Bude in Christiania oder sonst wo.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte sie.
Meyer rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. Er war blass, wirkte erschöpft. Es kam nicht oft vor, dass jemand von der Hand eines dänischen Polizeibeamten starb. Die Medien waren fasziniert, eine interne Untersuchung war unvermeidlich.
»Die Kette scheint alt zu sein. Mindestens zwanzig Jahre. Handgefertigt. Billiges vergoldetes Metall, Glas …«
Er schaute auf ihre Hand, und inzwischen wusste sie, was dieser Blick bedeutete: »Warum insistierst du? Warum kannst du nicht akzeptieren, dass wir manches nie erfahren werden?«
»Was bedeutet ein schwarzes Herz, Meyer?«
»Die Hippies in Christiania … bei denen war das damals in Mode. Es war eine Art Abzeichen der Drogenbanden. Heute bekommt man so was an ganz normalen Verkaufsständen.«
»Wir können keine Zeit damit vergeuden, dass wir zwanzig Jahre zurückgehen«, ließ sich Brix zum ersten Mal vernehmen.
Lund kramte in den Beweisbeuteln. Nahm den mit der goldenen Kette, musterte sie. Keine Gebrauchsspuren. Nicht angelaufen.
»Die ist zwanzig Jahre nicht mehr getragen worden. Wenn Holck sie gekauft hat
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