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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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zu ihm, als er hereinkam. Er ging zum Herd, schenkte sich Kaffee ein. Sah sie nicht an, als er sagte: »Ich war gestern Abend drüben im Haus. Sieht gar nicht so schlecht aus. Ich bin weiter damit, als ich dachte.«
    Auf dem Tisch. Die Morgenzeitung. Auf der Titelseite ein riesiges Foto von Jens Holck und ein kleineres von Nanna. Pernille war blass. Verkatert. Schämte sich vielleicht. Er wollte nicht daran denken. Er nahm die Zeitung, konnte den Blick nicht von dem langen, unrasierten Gesicht lösen.
    Das Foto war ein Politikerporträt. Holck wirkte darauf respektabel, freundlich, vertrauenswürdig. Eine Stütze der Kopenhagener Gesellschaft. Ein liebevoller Familienvater.
    »Er ist also tot«, murmelte Birk Larsen.
    Ihre Augen erschienen ihm so groß wie nie zuvor. Glänzten von aufsteigenden Tränen.
    »Theis. Ich muss dir was …«
    »Ist nicht wichtig.«
    Eine einzelne dicke Träne rann ihre rechte Wange hinab. Theis Birk Larsen streckte seine große rauhe Hand aus und wischte sie fort.
    »Ist überhaupt nicht wichtig.«
    Noch mehr Tränen. Er fragte sich, warum er nicht mit ihr weinen konnte. Warum er zwar die Gefühle hatte, aber nicht die Worte fand.
    »Ich hab dich so vermisst«, sagte er. »Nach einem Tag kam’s mir schon so vor, als wär’s für immer.«
    Da lachte sie, und zwei blinkende Bäche begannen zu fließen, so frei und stetig, dass er sie nicht hätte aufhalten können, selbst wenn er es gewollt hätte. Sie streckte die Hand aus, berührte sein Kinn, seinen ergrauenden Bart. Streichelte seine Wange, die Wunden, die Blutergüsse. Dann beugte sie sich vor und küsste ihn. Ihre Lippen waren warm und feucht, ihre Haut auch. Über den Tisch mit dem Mosaik erstarrter Gesichter hinweg hielt er sie, und sie hielt ihn. So wie es sein sollte.
    Hartmann rückte erst am Nachmittag mit der Neuigkeit heraus. Weber war wütend.
    »Ein Burgfrieden? Und darauf hast du dich eingelassen, Troels? Ich fass es nicht. Von einem Waffenstillstand profitiert doch nur einer, nämlich Bremer. Damit will er dich mundtot machen. Der behandelt uns wie ungezogene Kinder. Wenn du zu dieser Konferenz gehst, sind wir erledigt.«
    Hartmann trank in kleinen Schlucken seinen Kaffee, schaute aus dem Fenster, dachte daran, die enge kleine Welt des Rathauses für ein paar Tage zu verlassen. Mit Rie irgendwohin zu fahren. Allein.
    »Wir haben keine Wahl.«
    »Ach ja? Dann ist es jetzt plötzlich in Ordnung, wenn Bremer im Amt bleibt?«
    »Nein. Natürlich nicht. Aber er hat uns in die Enge getrieben.«
    Hartmann fluchte leise.
    »Der Mann hat wirklich ein Gespür für Timing. Wenn ich mache, was er will, kann ich ihn nicht mehr kritisieren. Wenn ich’s nicht mache, steh ich als der einsame Querulant mit fragwürdiger Vergangenheit da. Wir sind geliefert. Stimmt’s?«
    Keine Antwort.
    »Stimmt’s, Morten? Oder hast du irgendeine Idee?«
    Weber holte tief Luft. Suchte noch nach Worten, als die Tür aufging und Rie Skovgaard hereinkam, so bleich vor Wut, dass er sich schleunigst nach nebenan verzog.
    »Ich hab angerufen«, sagte Hartmann. »Aber du warst nicht zu Hause.«
    »Nein.« Sie warf ihre Tasche auf den Schreibtisch, setzte sich. »Ich war bei einer Freundin.«
    »Es tut mir leid, dass ich dir nichts davon gesagt habe.«
    »Und warum nicht?«
    »Ich war … Ich hab gesagt, es tut mir leid.«
    Sie trat vor ihn hin.
    »Drei Tage nach diesem Wochenende hast du mich gefragt, ob ich mit dir zusammenziehe.«
    »Das hab ich ernst gemeint.«
    »Warum konntest du’s mir dann nicht sagen?«
    »Weil … Ich war betrunken. Es war dumm von mir.«
    »Morten konntest du’s sagen. Aber mir nicht. Dann steht es demnächst wohl auch in der Zeitung?«
    »Nein. Brix hat mir sein Wort gegeben.«
    »Das muss ja nichts heißen.«
    »Diesmal wohl schon. Wenn die Sache rauskommt, stehen die auch nicht gut da. Vergiss die Polizei, Rie. Ich wollte dich nicht damit belasten. Manchmal … weiß ich einfach nicht, was du willst. Ich bin doch derjenige, der darauf drängt, dass wir zusammenziehen. Kinder bekommen.«
    »Jetzt ist es also meine Schuld?«
    »So hab ich’s nicht gemeint.«
    »Warum sagst du’s dann? Ach, vergiss es. Ist mir sowieso scheißegal.«
    Sie nahm einige Schriftstücke aus ihrer Tasche, begann sie durchzusehen.
    »Lass es mich doch wenigstens erklären.«
    »Ich will’s nicht hören.«
    Sie sah ihn an. Ausdruckslos. Es hätte auch ein Blick über den Tisch hinweg bei einer Ausschusssitzung sein können.
    »Es ist vorbei, Troels.

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