Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
stehen. Einen Moment lang stockte ihr der Atem. Schaute noch einmal hin. Handgemacht von Hippies in Christiania, hatte Meyer gesagt. Es war dieselbe Kette. Das wusste sie so sicher, wie sie ihren eigenen Namen wusste. Hauge kam zurück.
»Woher hatte sie die Kette?«, fragte Lund.
»Das weiß ich nicht. Sie war damals schon in der Stadt. Ein Geschenk vielleicht.«
»Vom wem?«
»Glauben Sie, das hätte sie ihrem Vater gesagt? Warum fragen Sie?«
»Haben Sie die Kette nochmal gesehen? Bei ihren Sachen, nach ihrem Tod?«
»Ich glaub nicht.«
Er gab ihr den Namen des Mannes, mit dem er gesprochen hatte. Sie fragte sich, warum sie überrascht war.
»Würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich das Bild mitnehme?«, fragte sie. »Sie bekommen es wieder zurück. Versprochen.«
Meyer fuhr zu den Birk Larsens. Setzte sich an ihren seltsamen Küchentisch. Sagte ihnen, was er wusste. Holck habe Nanna über eine Internet-Kontaktbörse kennengelernt. Eine Zeitlang hätten sie ein Verhältnis gehabt. Er habe Hartmanns Identität benutzt, um die Sache geheim zu halten.
»Warum hat er’s getan?«, fragte Pernille Birk Larsen.
Sie hielten sich wie Teenager an den Händen.
»Er war wohl in sie verliebt. Bis zum Wahnsinn. Sie hat Schluss gemacht. Er hat sie überredet, sich nochmal mit ihm zu treffen, in der Parteiwohnung der Liberalen. Was dann passiert ist, wissen wir nicht genau.«
Birk Larsen fixierte Meyer und fragte: »Wie ist er gestorben?«
»Er …«
Meyer begann zu stottern, kämpfte mit sich.
»Er hat … er hat eine Kollegin … mit der Waffe Tod bedroht. Er wurde erschossen. Es ging nicht anders.«
»Hat er irgendwas gesagt?«, fragte Pernille.
»Nein.«
»Und Sie sind sich sicher, dass er’s war?«
»Ja.«
Die Finger der beiden schlangen sich ineinander. Ein Blick zwischen ihnen. Ein Nicken. Ein Lächeln fast.
»Dann hätten wir jetzt gern Nannas Sachen zurück«, sagte Pernille.
»Natürlich. Meine Kollegin Sarah Lund hat übrigens nichts mehr mit dem Fall zu tun. Rufen Sie ab jetzt mich an, wenn Sie irgendwas brauchen.«
Meyer legte seine Karte auf den Tisch.
»Jederzeit. Egal, worum es geht.«
Er stand auf. Theis Birk Larsen ebenfalls. Der große Mann streckte die Hand aus. Meyer ergriff sie.
»Danke«, sagte Birk Larsen.
Ein kurzer Blick zu seiner Frau.
»Von uns beiden. Danke.«
Bengt Rosling stand in der Küche und kochte mit dem unverletzten Arm. Vibeke schaute lächelnd zu.
»Wenn wir erstmal hier weg sind, wird alles gut«, sagte er.
Eine Flasche Amarone. Pasta und Soße. Vibeke prostete ihm zu.
»Ich brauch den Platz wieder für mich selbst. Sarah …«
Die Tür ging. Sie senkte die Stimme.
»Sie braucht jemanden, der sie bremst.«
Lund kam herein. Ihr Anorak feucht vom Nieselregen draußen. Die Haare wild zerzaust.
»Hallo!«, sagte Bengt und schenkte noch ein Glas ein.
»Können wir reden?«, fragte sie.
»Jetzt? Wir machen gerade Abendessen. Deine Mutter hilft mir.«
Lund schwieg.
»Jetzt geht das wieder los«, murrte Vibeke. Sie ging ins Wohnzimmer hinüber und schloss die Tür hinter sich.
Lund nahm die Akten aus ihrer Tasche. Warf sie auf den Tisch. Versuchte sich zu beherrschen, nicht ernsthaft.
»Und …?«, fragte er.
»Du hast mit dem Vater einer der verschwundenen Frauen gesprochen.«
Er setzte sich, trank von seinem Wein.
»Du hast dich als Polizist ausgegeben. Dafür könnte ich dich auf der Stelle einkassieren.«
»Könntest du nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil dein Vorgesetzter Brix mich vor drei Tagen angerufen hat. Er hatte von meiner Theorie gehört. Dass der Täter vielleicht schon mal jemanden umgebracht hat.«
Er nahm die Akte Mette Hauge, schlug sie auf. Hübsches Mädchen. Zerzaustes Haar. Ein Polizeifoto. Lund hatte recherchiert. Mette war wegen weicher Drogen verwarnt worden.
»Ich habe Brix gesagt, wie ich die Sache sehe. Er wollte nichts davon wissen. Der wollte Hartmann unbedingt drankriegen.«
»Was?«
»Er war ziemlich arrogant mir gegenüber. Das hat mich geärgert.«
»Ich wusste gar nicht, dass du so ein schwaches Ego hast.«
»Das war ziemlich daneben. Ich wollte beweisen, dass ich recht hatte. Die Akte Hauge ist alt, aber sie erschien mir am vielversprechendsten. Mettes Fahrrad wurde nicht weit von dort gefunden, wo Nanna in dem Kanal ertränkt wurde. Da hab ich dem Vater einen Besuch abgestattet.«
Noch ein Glas Wein.
»Das ist alles.«
»Und was hast du rausgefunden?«
Er antwortete nicht.
»Was hast du rausgefunden,
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