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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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sechs, Hand in Hand auf dem Weg zur Schule, in den roten Kasten des Christiania-Dreirads gezwängt. Klein Nanna und der indische Junge. Pernille fuhr das Rad, glücklich und schön. Vagn Skærbæk war immer dagegen gewesen. Auch Birk Larsen hatte geschwankt. Aber Pernille fand es süß, so süß, dass sie Amir zu ihren Festen einlud, ihm westliche Kleidung nähte. Nanna und ihn herumkutschierte, kichernd und lachend, wenn sie über das Kopfsteinpflaster holperten. Ein Foto auf dem Küchentisch. Sie hatten mitbekommen, wie Amir vom Ausländer, der kein Dänisch sprach, zum Einheimischen wurde. Andere Hautfarbe, aber nicht anders. Und Nanna hatte ihn sehr gemocht, das wusste Birk Larsen noch. Amir war ihr erster Freund gewesen. Zwei Jahre lang, vielleicht drei. Und dann …
    »Du bist Karims Jüngster«, sagte er. Fand in den Erinnerungen mehr Lächeln als Schmerz, und eine davon sprang ihn förmlich an.
    »Ich war in London. Hab da studiert.«
    »Ich erinnere mich. Karim hat’s mir gesagt. Du willst heiraten, oder?«
    Er trug eine Umhängetasche über der Schulter, eine modische Khakijacke. Ein Student mit Geld. Er suchte nach Worten. Er schien – und das war ja wohl lächerlich – Angst zu haben.
    »Amir. Was kann ich für dich tun?«
    »Könntest du vielleicht was für mich fahren? Morgen?«
    »Was?«
    Pause.
    »Sachen für die Hochzeit. Tische und Stühle.«
    »Morgen? Nein. Es ist mitten in der Nacht, und morgen ist Montag. Du kannst nicht erwarten, dass wir alles über den Haufen werfen. Ich meine …«
    Amir war sichtlich enttäuscht. Und er wirkte beschämt.
    »Tut mir leid. ich wollte dich nicht beleidigen. Ich wollte nur … Ist schon okay. Es wird schon irgendwie gehen.«
    Birk Larsen stieß einen tiefen Seufzer aus, ging zum Schreibtisch und sah in den Terminkalender.
    »Hör mal. Ich versuche jemanden zu finden, der für dich fährt.«
    »Birk Larsen …«
    »Ja?«
    Er kam heran, schien hoffnungsvoll.
    »Ich bräuchte dich dafür.«
    »Wieso? Ist doch egal, wer’s macht.«
    »Ich bräuchte wirklich dich dafür. Bitte«
    Zwei kleine Kinder im Kasten des Christiania-Dreirads. Nannas erster Freund. So lieb, so sanftmütig, so ehrerbietig. Auch jetzt noch.
    »Na gut, ich hol dich morgen Mittag ab«, sagte Birk Larsen. »Um eins im Restaurant. Aber du musst mir helfen.«
    »Ja, klar.«
    Streckte ihm die Hand hin.
    »Danke«, sagte Amir.
    Lunds Mutter war wütend, weil Bengt abgereist war.
    »Was hast du bloß zu ihm gesagt, dass er so plötzlich die Flucht ergriffen hat?«
    Lund hatte Vibekes Arbeitstisch mit Beschlag belegt. Berichte aus dem Präsidium darauf ausgebreitet. Das halbfertige weiße Hochzeitskleid von der Schneiderpuppe abgenommen und Fotos von Nanna und Mette Hauge an die kopflose Figur gepinnt.
    »Dass er ins Hotel soll.«
    Im Fernsehen liefen Nachrichten. Hartmanns Name fiel. Sie drehte sich um. Von dem Konflikt mit Bremer war die Rede und von den in Aussicht gestellten Enthüllungen über Holck. In ihrem blauen Morgenrock, die dünnen Arme verschränkt, stand Vibeke da wie der Richter in einem antiken Drama.
    »Hartmann warf Bremer vor, er habe von Holcks Machenschaften gewusst, aber darüber geschwiegen«, sagte die Sprecherin.
    »Du hast doch gesagt, der Fall ist abgeschlossen.«
    Lund sah genau hin, achtete genau darauf, was Hartmann gesagt hatte.
    »Mark ist zu seinem Vater gezogen, Sarah. Bengt hast du rausgeschmissen. Und mich behandelst du wie Luft.«
    Lund stellte den Fernseher lauter.
    »Ich hätte gern eine Erklärung!«, rief Vibeke. »Ich will wissen, warum.«
    »Weil es wichtig ist, verdammt nochmal! Wichtig. Schon mal gehört?«
    Wieder der unversöhnliche Basiliskenblick. Dann sagte Vibeke: »Ich hab mit deiner Tante Birgit gesprochen. Ich fahre für ein paar Tage zu ihr.«
    Die Nachrichten gingen zu anderen Themen über.
    »Fährst du mit dem Zug? Ich brauch nämlich dein Auto.«
    Vibeke schloss die Augen und wandte das Gesicht zur Decke. Es klingelte. Da ihre Mutter sich nicht rührte, stand Lund auf und ging rasch zur Tür. Draußen war niemand. Sie trat ins Treppenhaus, schaute die Treppe hinauf und hinunter. Hörte unten die Haustür ins Schloss fallen. Weg. Und – ihr erster Gedanke – keine Überwachungskamera in dem verdammten Haus. Sie ging in die Wohnung zurück, stieß mit dem Fuß an etwas, sah hinunter. Ein wattierter Umschlag lag auf der Fußmatte. Kein Name. Sie hob ihn auf. Erkannte die Form sofort. Eine Videokassette.
    Ihre Mutter ging zu Bett. Lund

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