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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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Diese Kinder … man sieht es ihnen an den Augen an. Noch Jahre danach. Die Lonstrup mit den Zöpfchen und den grauen Haaren …«
    »Niemand hat Nanna missbraucht«, sagte Lund, als sie von der Autobahn abfuhren und nach dem Pflegeheim suchten. »Sie hat Jens Holck um den Finger gewickelt und es geheim gehalten. Nanna war Theis und Pernille in einer Person.«
    Es war ein moderner Bau, zwei Etagen, roter Backstein.
    »Eine schreckliche Vorstellung«, sagte Meyer.
    Die Leiterin des Pflegeheims war eine gutgelaunte, mollige Frau mit blondgefärbtem Haar und Dauerlächeln. Sie hatte Vagn Skærbæk ins Herz geschlossen.
    »Ich wollte, wir hätten mehr von der Sorte. Vagn besucht seinen Onkel jeden Freitag.«
    »Und mit dem 31. Oktober sind Sie sich ganz sicher?«, fragte Lund, als sie den weißgetünchten Flur entlanggingen, vorbei an Karten spielenden alten Männern und Frauen.
    »Ja, ganz sicher. Die diensthabende Schwester trägt jeden Besucher ins Gästebuch ein.«
    Sie hatte es dabei und zeigte Meyer die Seite.
    »Vagn hat sich um Viertel nach acht angemeldet.«
    »Da steht aber nicht, wann er wieder gegangen ist.«
    »Ist er gar nicht. Er ist im Sessel eingeschlafen. Sein Onkel hat sich nicht wohlgefühlt. Vagn kam vorbei, um sich zu verabschieden, als er am nächsten Morgen ging. So gegen acht.«
    »Er hat Ihnen also gesagt, dass er die ganze Nacht hier war?«, fragte Lund. »Und niemand hat ihn gesehen?«
    Der Frau missfiel die Frage.
    »Vagn ist auch früher schon über Nacht geblieben. Er war da.«
    »Aber gesehen hat ihn niemand?«
    »Er hat seinen Onkel zu Bett gebracht. Das nimmt er uns ab. Warum stellen Sie diese Fragen? Vagn ist ein Schatz. Ich wollte, wir …«
    »Hätten mehr von seiner Sorte«, sagte Meyer. »Ist angekommen. Wo ist sein Onkel?«
    Ein kleines Zimmer mit einem kleinen alten Mann darin. Er ging am Stock und wirkte gebrechlich. Sie setzten sich und tranken Kaffee, hörten sich seine Geschichten an. Betrachteten die Bleistiftzeichnungen von Windmühlen und Feldern, die Vagn als Kind angefertigt hatte. Sein Onkel bewahrte offenbar Teile von Skærbæks Kindheit auf. Ein letztes Bindeglied zu seinem früheren Leben.
    »Hat Vagn jemals von Freundinnen gesprochen?«, fragte Lund.
    »Nein.« Der alte Mann lachte. »Er ist schüchtern. Er behält so was für sich. Die anderen haben ihn als Kind in Vesterbro tyrannisiert. Wenn er nicht auch ein paar nette Freunde gehabt hätte, dann hätten sie ihn die ganze Zeit schikaniert. Sie müssen nämlich wissen …«
    Sie sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Ja?«, fragte Meyer.
    »Vagn ist zartbesaitet. Das ist eine harte Welt da draußen. Er hat’s bestimmt nicht leicht.«
    Sein freundliches Gesicht trübte sich für einen kurzen Moment ein.
    »Ich hab getan, was ich konnte. Aber ich konnte nicht immer da sein.«
    »Sagt Ihnen der Name Mette Hauge etwas?«
    Seine Miene hellte sich auf.
    »Wir haben hier ein bildhübsches Mädchen namens Mette. Meinen Sie die?«
    »Und Nanna Birk Larsen?«
    Das Lächeln verschwand.
    »Vagn hat sich den Tod des Mädchens sehr zu Herzen genommen.«
    Lund betrachtete die Fotos an den Wänden. Ein Schwarzweißporträt, vermutlich von seiner verstorbenen Frau. Vagn, als er noch jünger war.
    »Warum denn das?«, fragte sie.
    »Sie sind die Familie, die er selber nie hatte. Er hatte nur mich. Meine Frau ist jung gestorben. Ich hab ihn aus reinem Egoismus zu mir genommen. Ich war einsam, wissen Sie. Ich hab’s aber nie bereut.« Er sah sich in dem kleinen Zimmer um. »So viele Jahre später, und er kommt mich immer noch besuchen. Es gibt hier arme Schweine, die dem eigenen Sohn nicht mal eine Minute pro Jahr wert sind. Ich sehe Vagn jede Woche. Jede Woche .«
    »Er war auch in der Nacht hier, als Sie sich nicht so wohlgefühlt haben?«, fragte Meyer. »Vor zwei Wochen? Wie war er da so?«
    »Wir haben ferngesehen. Tun wir immer.«
    Die Programmzeitschrift lag auf dem Tisch. Meyer nahm sie. Lund stand auf und ging im Zimmer umher, schaute sich die Fotos an, die Habseligkeiten des Onkels.
    »An dem Abend«, sagte Meyer, »lief Columbo. Und eine Gartensendung. Und dann Star Search . Was haben Sie geschaut?«
    »Ich erinnere mich an einen Detective in einem beigen Mantel. Aber ich hab mich nicht wohlgefühlt.« Er verzog das Gesicht. »Ich werde alt. Werden Sie bloß nicht alt! Vagn hat mir meine Pillen besorgt, und danach ging’s mir besser.«
    Lund schaute Meyer an.
    »Was für Pillen?«, fragte er.
    »Weiß ich nicht. Fragen Sie die

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