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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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gesagt, was …«
    »Es war eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Er hat sich angehört wie Leon.«
    Sie musterte ihn. Das faltige Gesicht immer noch kindlich. Die Silberkette. Die traurigen, schmerzerfüllten Augen.
    »Hat er was von Nanna erwähnt?«
    »Das hätte ich doch gesagt, oder?«
    Er holte einen Lappen, wischte sich daran die Hände ab, sah auf die Uhr und dann auf eine blaue Jacke, die in der Ecke lag.
    »Warum hat er in der Firma angerufen, statt bei Ihnen?«
    »Die rufen alle dort an. Wenn niemand abnimmt, wird der Anruf zu mir umgeleitet.«
    »Aha.«
    Sie überlegte. Stellte sich die Situation vor.
    »Leon Frevert ruft also hier an, weil er denkt, er erreicht Theis oder Pernille. Stattdessen melden Sie sich.«
    Er hatte aufgehört, sich die Hände zu putzen. Überhaupt aufgehört, sich zu bewegen. War ruhig. Ganz ruhig. Starrte sie an.
    »Nein, der Anrufbeantworter. Hab ich doch schon gesagt. Ich war bei meinem Onkel. Ich hab die Nachricht am nächsten Morgen abgehört, als ich zur Arbeit gekommen bin.«
    Sie dachte nach.
    »War’s das jetzt?«, fragte Skærbæk. »Ich würde gern das Licht ausmachen. Anton hat heute Geburtstag. Da feier ich mit. Sie werden mich nicht davon abhalten.«
    »Hatte ich auch nicht vor.«
    Er ging nach unten. Sie folgte ihm in den Keller. Die Tür dort war alt. Ein Schloss, ein Schlüssel.
    »Hat Leon irgendwann mal von einer Mette Hauge gesprochen?«, fragte sie.
    Er nahm ein paar mobile Lampen ab und wickelte das Kabel auf.
    »Nein.«
    »War er in einer Gang?«
    »Weiß ich nicht! Was soll denn das? Wir haben die Fragerei satt.«
    Er ging zu einer Trittleiter und band sich die Schuhe zu.
    »Wir wollen nichts mehr davon wissen.«
    Lund schaute sich in dem Kellerraum um.
    »Das ganze Tamtam um diesen Mistkerl Frevert! Was er getan hat. Wir wollen uns damit nicht abgeben.«
    Neue Holzdielen. Glänzend und federnd. Schnell verlegt. Die Hinterwand war ganz mit neuen Gipsplatten verkleidet, die anderen drei nicht.
    »Wir haben die Nase voll von dem ganzen Scheiß.«
    Er ging zur Treppe, zog seine Jacke an, wandte sich zum Gehen.
    »Lassen Sie uns gefälligst in Frieden. Nach allem, was die Familie durchgemacht hat …«
    Sarah Lund drehte sich langsam um die eigene Achse, 360 Grad.
    »Die brauchen endlich mal ein bisschen Ruhe.«
    Sie blieb stehen und sah ihn an. Nur sie und er, allein in dem leeren Haus in Humleby. In Vagn Skærbæks Augen blitzte etwas auf, was sie noch nie bemerkt hatte. Ein vages Erkennen. Ein Wissen. Wahrscheinlich auch in Ihrem Gesicht, vermutete sie.
    »Was ist?«, fragte Skærbæk.
    Alle Werkzeuge, die Hämmer, die Stemmeisen, waren näher bei ihm. Sie versuchte, nicht hinzusehen. Ihre Angst nicht zu zeigen.
    »Was ist?«, fragte er noch einmal.
    Er war intelligent. Das hatte sie schon die ganze Zeit gewusst. Er sah an sich hinab. An der blauen Jacke, die er gerade angezogen hatte. Alt. Dunkelblau. Das Logo der Winterolympiade. Und: Sarajevo ’84.
    Draußen fuhr ein Auto vorbei. Schwaches Licht, das durch die Buntglasscheiben hereinfiel. Passanten auf der Straße. Sie hörte das Geräusch von Kinderwagenrädern oder vielleicht von einem Christiania-Dreirad. Gelächter. Ein Schlüssel in einem Schloss. Schritte auf einer Treppe.
    »Sonst noch was?«, fragte Vagn Skærbæk.
    Es dauerte eine Weile, doch schließlich verneinte sie. Dann ging sie zu der Treppe und der schweren Tür mit dem Schloss und dem Schlüssel. Irgendwas ging in seinem Kopf vor. Sie wollte es nicht wissen. Er vertrat ihr den Weg. Ein intelligenter Mann. Der vielleicht genauso viel Angst hatte wie sie. Sein Adamsapfel bewegte sich. Auf seiner Stirn glänzte Schweiß.
    »Wir sind uns einig, dass Schluss ist?«, fragte er. »Ja?«
    Sie konnte den Blick nicht von seinem zu jungen Gesicht abwenden. In dem sich etwas wie Kummer abzeichnete. Wie Scham. Die Erkenntnis, wer und was er war.
    Lund blickte um sich und sagte: »Ja, ich denke schon, Vagn. Sie haben recht.«
    Daraufhin trat er langsam, aber sehr bewusst zur Seite. Als sie draußen war, zitterte sie am ganzen Leib. Sie überquerte die Straße, fand vier Türen weiter ein anderes Haus, das leer stand, renoviert wurde. Lehnte sich an die schmutzige Wand in der Seitengasse, schlang die Arme um den Oberkörper. Ihre Zähne klapperten. Drei bis vier Minuten wartete sie so, dann sah sie, wie das letzte Licht ausging. Skærbæk kam heraus, schaute nach oben, schaute die Straße hinunter. Kletterte in seinen roten Transporter. Warf einen

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