Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Fragen. Vielleicht zu viele. Ich stecke meine Nase überall rein, wo es nicht erwünscht ist.« Pause. »Das ist mein Job.«
»Wir haben ihr keine teuren Stiefel gekauft«, sagte Pernille.
Im Vernehmungszimmer. Der Anwalt war forsch, kahlköpfig und gebaut wie ein Hockeyspieler. Als Lund hereinkam, schrie er gerade den gelangweilt wirkenden Meyer an, der auf der Tischkante saß, den Kopf auf die Faust gestützt, und kindisch lächelte.
»Sie haben sämtliche Rechte meines Mandanten missachtet. Sie haben ihn ohne anwaltlichen Beistand vernommen …«
»Was kann ich dafür, wenn Sie unbedingt ausschlafen wollen? Was soll überhaupt der ganze Zirkus? Ich hab einen Ausflug mit ihm gemacht. Ihm ein Frühstück bezahlt. Und wenn Sie wollen, kann ich ihm auch noch die stinkigen Windeln wechseln …«
»Kommst du mal, Meyer …«
»Das hat Konsequenzen!«, schnauzte der Anwalt, während Lund mit Meyer nach nebenan ging.
Meyer setzte sich und sah sie an.
»Die haben Oliver Schandorff in die letzte Arrestzelle gesteckt, die noch frei war. Also bin ich mit Jeppe ein bisschen herumgefahren und hab ihn um fünf hier abgesetzt.«
Lund wollte sich ein Bild machen, wie schlimm das noch werden konnte, und fragte: »Hast du ihn vernommen?«
»Hast du seine Mails an sie gesehen? Massenhaft! Und er hat sie in einer Woche 56 Mal angerufen. Wenn du mich …«
»Hast du ihn ohne Beisein eines Anwalts vernommen?«
»Der Anwalt wollte um sieben hier sein. Ist aber erst um neun eingetrudelt.« Meyer gab sich Mühe, wie die Vernunft in Person auszusehen. »Wie gesagt, ich konnte den kleinen Scheißer nicht in eine Zelle sperren. Hab vorhin mit ihm gefrühstückt.« Eine kleinlaute Geste. »Wär doch unhöflich gewesen, mich nicht mit ihm zu unterhalten, Lund.«
Buchard kam herein. Blaues Hemd. Graues Gesicht.
»Wir hatten keine Möglichkeit, den Verdächtigen über Nacht zu inhaftieren«, sagte Lund sofort. »Der Anwalt hat sich um zwei Stunden verspätet. Meyer hat dem jungen Mann ein Frühstück bezahlt.«
»Er hatte keinen großen Hunger«, warf Meyer ein, »aber aus Höflichkeit …«
Lund ließ es dabei bewenden. Buchard war nicht begeistert.
»Vielleicht könnte Meyer mir das ja selbst erklären.«
»Es war, wie Lund sagt«, sagte Meyer.
»Schreiben Sie einen Bericht darüber. Bringen Sie ihn mir in mein Büro. Ich lege ihn dann zu den anderen in Ihre Akte.« Eine Kunstpause. »Nach der Anhörung.«
Als der Chef weg war, setzte sich Lund an ihren Schreibtisch und nahm sich die Fotos und ihre Mailbox vor. Meyer war erleichtert.
»Ist doch ziemlich gut gelaufen, findest du nicht?«
Die Pressekonferenz war überfüllt. Wo man hinsah, Kameras und Mikrofone. Troels Hartmann trug diesmal eine Krawatte, schwarz. Am Morgen war er zu dem Friseur gegangen, den Rie Skovgaard ausgesucht hatte, und hatte brav auf dem Stuhl gesessen, während sie den Mann anwies, wie sie es haben wollte: kurz und streng, kummervoll.
Dann das Skript.
»Die letzten Tage waren sehr turbulent. Aber ich habe eng mit der Polizei kooperiert. Der Wagen wurde gestohlen. Niemand von uns ist in den Fall verwickelt. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt den Eltern des Mädchens. Höchste Priorität hatte für uns stets, der Polizei zu helfen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
»Wird der Fahrer verdächtigt?«, fragte eine Frau.
»Der Fahrer kam von einer Zeitarbeitsfirma. Er steht nicht mehr unter Verdacht.«
Ein Gewirr von Stimmen, die lauteste rief: »Ist das die Position der Polizei?«
Hartmann schaute hin, sah die Glatze und das Grinsen von Erik Salin.
»Ich kann nicht für das Polizeipräsidium sprechen. Aber ich habe mit den zuständigen Beamten dort geredet. Mit ihrem Einverständnis erkläre ich, dass unsere scheinbare Verwicklung in den Fall auf einem Zufall beruhte. Wir haben nichts damit zu tun. Wenden Sie sich an die Polizei, wenn Sie weitere Auskünfte wünschen.«
Trotzdem hagelte es noch Fragen.
Ein Politiker suchte die aus, die er beantworten sollte. Sorgfältig. Hartmann hörte sich das Spektakel an, dachte an Bremer und wartete ruhig ab, bis die richtige Frage gestellt wurde.
»Werden Sie ein Wahlbündnis mit der Zentrumspartei eingehen?«
Ein verwunderter Gesichtsausdruck, nachdenklich, aber entschieden.
»Ach, wissen Sie«, sagte er, »die Kommunalpolitik ist nur selten so dramatisch, wie Sie es Ihre Leser glauben machen wollen. Ich danke Ihnen.«
Er erhob sich, um zu gehen.
Die Reporterin war aufgesprungen.
»Gibt es nun ein
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