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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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noch eine liebevolle Mutter. Und jetzt war sie tot.
    Es gab einen Pfad von diesem Zimmer zu Nannas erschütterndem Ende in dem Kanal draußen im Kalvebod Fælled. Es gab Ursachen, und Ursachen hinterließen Spuren.
    Sie schaute in den Schrank, sah die Kleider durch.
    Bei einigen waren die Etiketten herausgeschnitten – wahrscheinlich stammten sie aus Billigläden. Bei anderen war das nicht der Fall. Und …
    Wieder bemühte sich Lund, sich vorzustellen, wie sie in diesem Alter gewesen war. Was hatte sie getragen? So ziemlich das Gleiche wie jetzt. Jeans, T-Shirts, Pullover. Praktische Sachen für ein praktisches Leben, nicht, um Aufmerksamkeit zu erregen.
    Es war normal, dass sich ein attraktiver Teenager auffallend anzog. Lund war da eine Ausnahme gewesen. Doch die Sachen auf Nannas Kleiderbügeln waren zu gut, zu erwachsen, zu … kundig. Sie schob die Bügel zur Seite und schaute in den hinteren Teil, wo ein kleiner Berg ausrangierter Schuhe lag. Hinter ihnen glitzerte etwas. Lund griff hinein, und Nannas Kleider berührten flatternd ihre Wangen wie die Flügel riesiger Falter. Sie zog es heraus.
    Ein paar glänzende braune Cowboystiefel, mit bunten Motiven, Glitzer, Ziernägeln, winzigen Spiegeln. Teuer. Nein, sehr teuer.
    »Meine Frau ist da.« Eine schroffe Männerstimme hinter ihr.
    Sie fuhr zusammen, stieß sich den Kopf an der Kleiderstange. Es war Theis Birk Larsen. Er sah zu, wie sie sich den Kopf rieb.
    »Passen Sie auf, was Sie ihr sagen.«
    Sie saßen am Tisch, ihre erstarrten Gesichter spiegelten sich in der Platte.
    »Tut mir leid, dass man es Ihnen gesagt hat«, sagte Lund.
    Der Tag hatte sich aufgehellt. Die Blumen welkten, doch ihr süßer Duft hielt sich trotzdem noch in der Wohnung.
    »Der Kollege hätte das nicht tun dürfen. Er ist versetzt worden, Sie werden ihn also nicht mehr wiedersehen.«
    »Wenigstens etwas«, murmelte Theis Birk Larsen, den Kopf gesenkt, die Augen leblos.
    »Das reicht mir nicht«, sagte Pernille. »Ich will die Wahrheit wissen. Ich will wissen, was passiert ist. Ich bin ihre Mutter.«
    Lund sah in ihre Notizen: »Nanna wurde nach dem Fest nicht mehr gesehen. Man hat sie vermutlich in dem gestohlenen Auto weggebracht. Dem, in dem wir sie gefunden haben.«
    Lund schaute aus dem Fenster, sah dann wieder Pernille an: »Sie wurde vergewaltigt.«
    Pernille wartete.
    »Sie wurde geschlagen.«
    Pernille wartete.
    »Wir glauben, sie hat sich gewehrt. Vielleicht hat er sie deshalb geschlagen.«
    Nichts mehr.
    »Im Wald?«, fragte Pernille.
    »Ja, im Wald. Das nehmen wir an.« Lund zögerte. »Vielleicht wurde sie vorher woanders gefangen gehalten. Das wissen wir einfach nicht.«
    Der große Mann ging zur Spüle, presste die Fäuste mit den Knöcheln nach unten auf das Abtropfbrett, schaute in den leeren grauen Himmel hinaus.
    »Uns hat sie gesagt, sie übernachtet bei Lisa«, sagte Pernille. »Nanna hat mich nie angelogen.«
    »Hat sie ja vielleicht auch diesmal nicht.« Pause. »Haben Sie denn gar keine Erklärung?« Ein Blick zu der Gestalt an der Spüle, dem gebeugten Rücken in schwarzem Leder. »Ist Ihnen sonst noch etwas eingefallen?«
    »Wenn irgendwas gewesen wäre, hätte Nanna es mir gesagt«, beharrte Pernille. »Sie hätte es mir gesagt. Wir waren … wir standen uns sehr …«
    Sie rang um Worte.
    »Nahe.«
    »Wann hat sie mit Oliver Schandorff Schluss gemacht?«
    »Hat er was damit zu tun?«
    Ein langer, breiter Schatten fiel über den Tisch. Theis Birk Larsen hatte sich umgedreht, hörte zu.
    »Das überprüfen wir noch.«
    »Vor ungefähr sechs Monaten«, sagte Pernille. »Oliver war ihr erster richtiger Freund.«
    »War sie sehr niedergeschlagen, als es zu Ende war?«
    »Nein, sie nicht. Er aber schon.«
    Lund sah sie an.
    »Sie ging nicht ran, wenn Oliver angerufen hat. Nanna …« Sie beugte sich vor, versuchte, Lunds große, unruhige Augen mit dem Blick festzuhalten. »Wenn etwas war, hat sie’s mir immer gesagt. Stimmt doch, Theis, oder?«
    Der wortkarge Mann stand an der Spüle, ein Hüne in knallrotem Overall und Lederjacke. Lunds Handy klingelte. Meyer hatte etwas.
    »Okay. Bin schon unterwegs.«
    Sie sahen sie erwartungsvoll an.
    »Ich muss los.«
    »Was war das?«, fragte er leise, aber grob.
    »Ich werde gebraucht. Übrigens: In Nannas Zimmer hab ich ein Paar Stiefel gefunden. Sehen teuer aus. Haben Sie ihr die geschenkt?«
    »Teure Stiefel?«, knurrte er.
    »Ja.«
    »Warum fragen Sie?«, wollte Pernille wissen.
    Schulterzucken.
    »Ich stelle viele

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