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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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sie anders als sonst?«
    »Nein. Sie hat nichts gesagt. Sie war einfach nur … Nanna.«
    Nicht ungeduldig werden, dachte Pernille. Nicht sagen, was du denkst … Du bist ein verlogenes kleines Biest, es steht dir in dein dummes Gesicht geschrieben.
    »Warum hat sie gesagt, dass sie bei dir übernachtet?«
    Lisa schüttelte den Kopf wie eine schlechte Schauspielerin in einem schlechten Stück.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber ihr wart doch Freundinnen«, sagte Pernille und fragte sich: Ist das zu viel? Bin ich zu hart? Hält sie mich für verrückt? Sagte es trotzdem: »Ihr wart Freundinnen. Sie hätte dir doch bestimmt erzählt, was sie vorhatte.«
    »Pernille. Sie hat nichts erzählt. Ehrlich.«
    Pack sie und schüttel sie. Schrei sie an. Schrei, bis sie … was sagt?
    »War sie wütend?«, fragte Pernille. »Auf mich?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du musst es mir sagen!«, schrie sie mit überschnappender Stimme. »Es ist wichtig.«
    Lisa rührte sich nicht, wurde mit jedem wütenden, lauten Ton, den sie hörte, noch ruhiger und verschlossener.
    »Sie … hat … nichts … gesagt.«
    Hände auf die Schultern des Mädchens, ihr in die trotzigen, dummen Augen sehen.
    »Red schon!«
    »Es gibt nichts zu sagen«, antwortete Lisa völlig ausdruckslos. »Sie war nicht wütend auf Sie. Wirklich nicht.«
    »Was war dann?«, zischte Pernille.
    Schüttel sie. Knall ihr eine.
    »Was ist passiert?«
    Lisa hielt ihr stand. Ihre Augen sagten: Tu’s doch endlich. Schlag mich. Aber das ändert auch nichts. Nanna kommt trotzdem nicht wieder.
    Pernille schniefte, putzte sich die Nase, ging auf den Flur hinaus. Blieb bei den Blumen und den Fotos neben den Schließfächern stehen. Nannas Gedenkstätte.
    Setzte sich dazwischen. Der dritte Tag. Fallende Blütenblätter. Herausgerutschte Kärtchen. Alles verlor sich in grauer Ferne, aus ihrem Blickfeld. Sie hob einen der Zettel auf. Eine kindliche Handschrift.
    »Wir werden dich nie vergessen.«
    Werdet ihr aber doch, dachte sie. Ihr alle. Sogar Lund, mit der Zeit. Sogar Theis, wenn er es schafft, wenn er seine grenzenlose Liebe auf die Jungs richtet, auf Anton und Emil. In der Hoffnung, dass ihre jungen Gesichter die Erinnerung an Nanna auslöschen, sie durch so viel Hingabe ersetzen werden, dass der Schmerz überdeckt wird.
    Gestalten huschten vorbei, mit Schultaschen, mit Heften und Büchern, in leiser Unterhaltung. Sie sah, und sie hörte. Durch diese schmucklosen grauen Flure war ihre Tochter gegangen. Tat es in gewisser Weise noch immer, in Pernilles Vorstellung, was den Schmerz noch vertiefte. Kummer sollte ein Gefühl der Abwesenheit sein, der Leere, nicht dieser fast körperliche Schmerz. Nanna war verloren. Geraubt. Bis feststand, wer es getan hatte, würde ihr Tod sie alle zeichnen, wie die Geschwulst einer grausamen Krankheit. Sie waren in der Gegenwart gefangen, ausweglos. Sie stand auf, stieg die Treppe hinauf, stolperte, fiel hin. Eine helfende Hand bot sich ihr. Sie sah ein Gesicht, dunkel und freundlich.
    »Geht’s wieder?«
    Der Lehrer, Rama.
    Sie nahm seinen Arm, griff nach dem Geländer, zog sich hoch. Alle fragten das, und keiner wollte eine Antwort.
    »Nein«, sagte sie leise. »Überhaupt nicht.«
    Sie fragte sich, was Nanna von diesem gutaussehenden, intelligenten Mann gehalten hatte. Ob sie ihn gemocht hatte. Worüber sie gesprochen hatten.
    »Hat Lisa etwas gesagt?«, fragte Rama.
    »Ein bisschen was.«
    »Kann ich Ihnen …«
    »Helfen?«
    Auch das fragten alle. Suchten alle nach denselben Worten. Meinten es vielleicht sogar ernst. Vielleicht war es Ausdruck eines weiteren banalen Gefühls, dahingesagt wie ein Gebet. Pernille Birk Larsen verließ die Schule und fragte sich, ob Theis recht hatte. Es war dumm von ihr. Die Polizei kümmerte sich. Lund musste eigentlich ihr Handwerk verstehen.
    Die Frau von dem Maklerbüro schaute zu dem Gerüst hinauf, zu den verhängten Fenstern, den Stapeln von Baumaterial vor der Tür.
    »Es muss möglichst bald verkauft werden. Ich will es loswerden.«
    Theis Birk Larsen trug seine schwarze Jacke, seine Mütze, seine Sicherheitsstiefel und seine rote Latzhose. Arbeitskleidung, obwohl von Arbeit, die ihm immer so wichtig gewesen war, jetzt keine Rede sein konnte. Den Laden schmiss jetzt Vagn Skærbæk. Er musste das machen. Es gab keine andere Möglichkeit.
    »Natürlich«, stimmt die Frau zu.
    »Ich bin zufrieden, wenn ich so viel bekomme, wie ich selbst bezahlt habe. Ich will es nur einfach loswerden.«
    »Verstehe.«
    Er

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