Das Verbrechen von Orcival
welche Zeit sein Monsieur nach Hause gekommen sei, antwortete er, daà er es nicht wisse; er hatte sich gegen neun Uhr schlafen gelegt und fest bis zum Morgen durchgeschlafen. Er kannte Guespin von mehreren Besuchen bei sich zu Hause. Er leugnete nicht, daà sein Monsieur mit dem Gärtner von Monsieur de Trémorel Geschäfte machte, aber er wuÃte nicht, welcherart diese Geschäfte waren. Insgesamt hatte er wohl von Guespin nicht mehr als viermal sprechen gehört.
Der Untersuchungsrichter ordnete an, Philippe wieder in Freiheit zu setzen, nicht etwa, weil er absolut davon überzeugt war, daà er unschuldig war, sondern weil es bei einem Verbrechen, das von mehreren Tätern begangen wurde, immer günstig ist, einen von ihnen auf freiem Fuà zu lassen; man kann ihn überwachen und die anderen bei Gelegenheit festnehmen.
Währenddessen hatte man den Körper des Comte jedoch nicht gefunden. Der Park war äuÃerst sorgfältig durchsucht worden, man hatte das Dickicht durchkämmt, das Unterholz durchwühlt, nichts.
»Man wird ihn in den Fluà geworfen haben«, vermutete der Bürgermeister.
Das war auch Monsieur Dominis Meinung. Fischer wurden beauftragt, die Seine abzustaken, und sie begannen etwas oberhalb der Stelle, wo man die Comtesse gefunden hatte, mit langen Stangen den Fluà abzusuchen.
Es war inzwischen fast drei Uhr geworden. Vater Plantat bemerkte, daà wahrscheinlich keiner von ihnen den ganzen Tag über gegessen habe. Wäre es nicht klüger, etwas zu sich zu nehmen, wenn man die Nachforschungen, die sich gewià bis zum Einbruch der Dunkelheit erstreckten, fortführen wollte?
Dieser Appell an die trivialen Erfordernisse unserer armseligen menschlichen Existenz miÃfielen ganz offensichtlich dem sensiblen Bürgermeister von Orcival und kränkten ihn sogar in seiner Würde als Mensch und Verwaltungsbeamter.
Das hinderte die anderen jedoch nicht, Vater Plantat beizupflichten, und Monsieur Courtois versuchte, dem allgemeinen Beispiel Genüge zu tun. Gott allein mochte wissen, weshalb er keinen Hunger verspürte. Und so saÃen denn um diesen vom vergossenen Wein der Mörder noch feuchten Tisch der Untersuchungsrichter, Vater Plantat, der Arzt und der Bürgermeister und nahmen einen improvisierten Imbià zu sich.
* * *
W ährend des Essens noch brachte Monsieur Domini Ordnung in seine Aufzeichnungen, numerierte die Blätter, markierte mit einem Kreuz gewisse Antworten der Verdächtigen, die als Grundlage für seinen Bericht dienen mochten. Er war vielleicht derjenige von den vier Teilnehmern dieser trübsinnigen Mahlzeit, der sich am wenigsten Sorgen machte. Das Verbrechen schien keines von denen zu sein, die den Untersuchungsrichtern schlaflose Nächte bereiteten. Eindeutig war das Motiv, was unerhört wichtig war, und er hatte das Tönnchen und Guespin festgenommen, zwei Schuldige oder zumindest Beteiligte an der Tat.
Vater Plantat und Doktor Gendron saÃen nebeneinander und unterhielten sich über die Krankheit, die Sauvresy hinweggerafft hatte.
Monsieur Courtois lauschte mit einem Ohr auf die Geräusche, die von drauÃen hereindrangen.
Die Neuigkeit des Doppelmordes hatte sich wie ein Lauffeuer in der Gegend verbreitet, und die Menge der neugierigen Gaffer wuchs von Minute zu Minute. Sie war bereits bis in den Hof vorgedrungen und wurde immer kühner. Die Gendarmerie war machtlos. Das war der Augenblick für den Bürgermeister, einzugreifen.
»Ich werde versuchen, ihnen Vernunft beizubringen«, sagte er, »und sie anhalten, sich zurückzuziehen.«
Und mit diesen Worten stand er auf, wischte sich den Mund ab, warf seine zusammengerollte Serviette auf den Tisch und ging hinaus.
Es war höchste Zeit. Auf die Vorhaltungen des Brigadiers reagierte die Menge schon nicht mehr. Einige aufgebrachte Neugierige waren um das Haus herumgegangen und bemühten sich, die auf den Garten hinausführende Tür zu öffnen. Die Gegenwart des Bürgermeisters schien die Menge nicht gerade einzuschüchtern, aber sie verdoppelte zumindest die Anstrengungen der Gendarmen; die Freitreppe wurde geräumt. Sofort wurde gegen diesen Akt der Autorität ein Murren laut!
Was für eine superbe Gelegenheit für eine Rede! Monsieur Courtois zweifelte nicht daran, daà seine Beredsamkeit wie ein Kübel Eiswasser die überquellende Neugier seiner Schäfchen besänftigen würde.
Er
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