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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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Folterblöcke und die spanischen Stiefel im Mittelalter.
    Der Untersuchungsrichter übergab Guespin dem Brigadier der Gendarmerie mit dem Befehl, ihn nicht aus den Augen zu lassen. Dann ließ er sich das Tönnchen herholen.
    Der gehörte nicht zu denen, die sich ins Bockshorn jagen lassen. So oft hatte der schon Ärger mit der Justiz gehabt, daß ein Verhör mehr ihn nicht sonderlich aufregte. Vater Plantat bemerkte, daß er eher verwirrt als beunruhigt dreinschaute.
    Â»Dieser Mann genießt in meiner Gemeinde einen sehr schlechten Ruf«, flüsterte der Bürgermeister dem Untersuchungsrichter zu.
    Das Tönnchen hörte die Bemerkung und lächelte.
    Vom Untersuchungsrichter befragt, erklärte er klar und logisch, sogar in den Zeitabläufen sehr exakt, was sich am Morgen zugetragen hatte, seinen Widerstand zunächst, das Drängen seines Sohnes. Er erklärte den Grund für ihre Lüge. Und noch einmal tauchten die Schatten der Vergangenheit auf.
    Â»Ich bin besser als mein Ruf«, versicherte das Tönnchen, »es gibt hier viele, die das nicht von sich behaupten können. Ich kenne keinen, und ich kenne keine«, hier blickte er Monsieur Courtois spöttisch an, »der ungeschoren bliebe, wenn ich reden würde... Man sieht eine ganze Menge, wenn man so spätabends wie ich durch die Gegend streift... Aber dabei lasse ich es bewenden.«
    Man drängte ihn, seine Bemerkungen genauer zu erläutern. Vergebens. Als man ihn fragte, wo und wie er die Nacht verbracht habe, antwortete er, daß er gegen zehn Uhr abends die Wirtschaft verlassen habe, dann in den Wald von Mauprévoir gegangen sei, um noch einige Schlingen auszulegen, und gegen ein Uhr nachts nach Hause gekommen sei.
    Â»Als Beweis«, meinte er noch, »mag das Wild herhalten, das hoffentlich in den Schlingen steckt.«
    Â»Können Sie einen Zeugen benennen, der bestätigen kann, daß Sie um ein Uhr nach Hause gekommen sind?« fragte ihn der Bürgermeister, der an die Uhr dachte, die um drei Uhr zwanzig stehengeblieben war.
    Â»Meine Güte, ich weiß es nicht, nein«, antwortete der alte Wilderer, »es ist sogar möglich, daß mich nicht einmal mein Sohn gehört hat, als ich nach Hause kam.«
    Der Untersuchungsrichter überlegte.
    Â»Ich vermute«, sagte das Tönnchen zu ihm, »daß Sie mich einsperren, bis man die Schuldigen gefunden hat. Wenn wir im Winter wären, würde ich mich nicht weiter beklagen, denn im Gefängnis hat man es schön warm. Aber gerade in der Jagdsaison, das ist ärgerlich. Doch letztlich wird das Philippe eine Lehre sein: er wird merken, daß es einem teuer zu stehen kommt, wenn man den Bürgern mal einen Dienst erweist.«
    Â»Genug!« unterbrach ihn Monsieur Domini streng. »Kennen Sie Guespin?«
    Dieser Name verjagte plötzlich die redselige Unbefangenheit des Tönnchens: seine kleinen grauen Augen schauten besorgt drein.
    Â»Sicher«, meinte er etwas verlegen, »wir haben manchmal eine Partie Karten gespielt, Sie verstehen, und ein Gläschen getrunken.«
    Die Unruhe des Mannes verblüffte die vier Zuhörer. Besonders Vater Plantat äußerte seine Überraschung.
    Der alte Wilddieb war zu gerissen, um das nicht zu bemerken.
    Â»Ich will Ihnen was sagen«, erklärte er, »jedem das Seine, nicht wahr? Wenn Guespin es wirklich war, dann macht ihn das auch nicht schwärzer, und mich wird man auch nicht freundlicher angucken als bisher. Ich kenne den Kerl, weil er mir Erdbeeren und Trauben aus dem Gewächshaus des Comte zum Verkaufen gegeben hat, ich vermute, er hat sie gestohlen, und das ist ja nicht nett, wir haben uns das Geld geteilt, das ich dafür bekam.«
    Vater Plantat konnte ein »Ah!« nicht zurückhalten, das besagen mochte: Das laß ich mir gefallen! Habe ich es doch geahnt!
    Als er meinte, man würde ihn ins Gefängnis stecken, hatte sich das Tönnchen nicht getäuscht. Der Untersuchungsrichter verfügte seine Inhaftierung.
    Nun war die Reihe an Philippe. Der arme Junge befand sich in einem derartigen Zustand, daß er einem leid tun konnte. Er weinte.
    Â»Mich eines solchen Verbrechens zu beschuldigen, gerade mich!« wiederholte er ständig.
    Befragt, sagte er schlicht und schnörkellos die Wahrheit, wobei er sich immer wieder dafür entschuldigte, in den Park eingedrungen zu sein, als er den Graben überquerte.
    Als man ihn fragte, um

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