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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kurz
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Bruder gefangen hält?»
    «Deinen Bruder, klar.»
    Ich rang mir ein müdes Lächeln ab, ich glaubte ihr kein Wort. Weiß der Himmel, was für ein Spiel die beiden mit der komischen Alten trieben. Jedenfalls wollte ich nichts damit zu tun haben. Aber sie sah ganz gut aus, bisschen Landpomeranze zwar, doch echt hübsch. Nur ihre Augen verrieten, wie tough sie war.
    «Sag deinem Bruder, oder wer auch immer das ist, er soll aufhören mit seinem ewigen ‹Pst, Pst›. Redet halt mit der Alten oder holt die Bullen oder was weiß ich ...»
    «Klar, mein Bruder ist dir egal. Du weißt auch nicht, dass sie ihn mästet. Sie will, dass er fett und rund wird.»
    «Soll Leute geben, die stehen drauf.»
    «Aber sie will ihn essen. Sie mästet ihn, um ihn zu essen, verstehst du?»
    «Scheiße. Und jetzt mach den Weg frei, ich bin müde und will heim!»
    Es kam, wie es immer kommt: Statt mich um meine Angelegenheiten zu kümmern, ließ ich sie einsteigen. Und jetzt hatte ich sie an der Backe. Mitsamt ihrer dämlichen Geschichte von der kannibalischen Alten. Wahrscheinlich war er der Enkel und sie seine Geliebte, und zusammen wollten sie sich das Waldgrundstück der Alten unter den Nagel reißen, um es teuer als Sanatorium oder sonst was zu verscheuern. War doch immer derselbe Mist. Am Ende ging es nur um die Kohle.
    Zunächst plagten mich noch Zweifel, ob nicht doch was dran war an ihrer abenteuerlichen Geschichte, aber dann sagte sie mir ihren Namen: Gretel. Da schmeißt du dich doch weg! Wofür hält die mich? Für den Erfinder der Blödheit? Ich setzte sie an einer Pension ab und fuhr heim. Sie wär wohl gern mitgekommen zu mir, aber auf so was steh ich nicht, zu undurchsichtig. Am nächsten Morgen fehlt dann nur die Brieftasche.
    In der Früh holte ich sie wieder ab und nahm sie mit zurück in den Wald. Sie quatschte die ganze Zeit auf mich ein. Die Alte wäre eine mächtige Hexe, und ihr Spuk könnte eine ganze Armee aufhalten. Ich nickte nur und sah zu, dass mir mein Auspuff nicht verloren ging. Kurz vor der Hütte wollte sie dann plötzlich aussteigen. Die letzten Meter fuhr ich allein. Als ich den Wagen parkte, sah ich, wie die Alte an einem Stöckchen herumdrückte, das der Typ ihr durch den Käfig entgegenstreckte. Ich wäre am liebsten sitzen geblieben. Mann, da klebe ich doch tatsächlich Pfefferkuchen an eine Bruchbude, in der eine alte Schachtel haust und mit einem jungen Kerl merkwürdige Spielchen treibt.
    «Morgen!», rief ich den beiden zu, doch sie beachteten mich nicht.
    Ein paar Stunden später bemerkte ich, wie diese Gretel geduckt zum Haus schlich und mit ihrem angeblichen Bruder tuschelte. Die Alte war gerade auf der anderen Seite und quatschte mit ihrem Raben. Hier im Wald konnte man schon absonderlich werden. Aber wenigstens ließen sie mich in Ruhe meine Arbeit machen.
    Am Nachmittag tauchte die Alte plötzlich bei mir hinterm Haus auf und betrachtete die Wand.
    «Sehr gut», lobte sie, «sehr gut.»
    «Man tut, was man kann», sagte ich.
    «Du wunderst dich vielleicht über meinen Mitbewohner», grinste sie.
    «Über wen? Den Typ da im Anbau? Och, wissen Sie, das ist mir egal.»
    «Gut, wenn es dir egal ist, sehr gut.»
    «Ihr Enkel?»
    «Mein Enkel?» Die Alte brach in wieherndes Lachen aus, und ich fürchtete, sie würde gleich ersticken. «Nein, nein», meinte sie schließlich, «der ist auf Kur hier. Zu mager, da haben sie ihn zu mir geschickt. Zur Erholung.»
    «Zur Erholung, aha. Und das Stöckchen, das er aus dem Käfig hält, ist euer Spielchen ...»
    Oh, Gott! Ich war ein verdammter Schwätzer. Ich hätte mich einfach raushalten sollen, einfach raushalten, und fertig. Die Alte glotzte mich an, als ob ich ihr einen Heiratsantrag gemacht hätte.
    «Ein Stöckchen?», sagte sie. «Er hält mir ein Stöckchen hin? Ich sehe schlecht, aber dass mich dieser Mistkerl so leicht austricksen kann, ist schon ein Ding. Und ich hab mich die ganze Zeit gewundert, dass er nicht zunimmt.»
    Sie machte sich davon, ihr Rabe krächzte, die Katze fauchte, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ihr folgen? Zwei, drei hingeklebte Pfefferkuchen später hörte ich wilde Schreie. Ich warf alles hin, rannte ums Haus und sah gerade noch, wie Gretel die Alte in den Ofen schubste. Das Feuer loderte auf, der Rabe verlor seine Federn, und in einem Feuerball fuhr die Alte oben zum Kamin hinaus und zerplatzte zu Asche.
    Wie sagt man so schön? Jetzt war die Kacke am Dampfen. Das konnte verdammt unangenehm werden. Das zog

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