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Das verdrehte Leben der Amélie

Das verdrehte Leben der Amélie

Titel: Das verdrehte Leben der Amélie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Desjardins
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Gespenster-Phobie habe ich ewig wachgelegen. Ich bin erst um drei Uhr morgens eingeschlafen. (Glaube ich zumindest, aber das ließe sich nur überprüfen, wenn ich gefilmt worden wäre, wie in einer Reality-Show oder so, und das ist nicht der Fall.) Und dann hat Kat mich auch noch superfrüh geweckt. Sie hat angerufen, um mir mitzuteilen, dass sie heute ganz allein ins Jugendzentrum gehen will, um Ham wiederzusehen. Soll sie doch allein gehen, wenn sie mich wenigstens ausschlafen lässt!
    8:54
    Kat hat noch mal angerufen, um mir zu sagen, dass ihr Plan, allein ins Jugendzentrum zu gehen, doch nicht so toll ist. Sie muss zwar allein dort auftauchen (damit Ham Gelegenheit hat, sie anzusprechen), aber dann muss ich dazustoßen (damit sie nicht wie eine totale Einzelgängerin wirkt, da sie ja schon letztes Mal, als sie ihn getroffen hat, allein war). Ich soll sie fragen, ob sie mit shoppen kommt (damit sie wie ein stylishes Girl rüberkommt) und darauf wird sie Nein antworten (damit sie nicht oberflächlich wirkt). Na toll! Und wie komme ich dabei rüber? Laut Kat ist das nicht so wichtig, weil es ja darum geht, dass sie sich ins rechte Licht rückt. Wenn ich sie auch mal für so was bräuchte, wäre sie sofort dabei, ohne erst lange rumzuheulen. (Allein schon die Tatsache, dass sie sagt, sie würde mir helfen »ohne rumzuheulen«, ist ganz offensichtlich Manipulation, das habe ich gemerkt, obwohl ich hundemüde war!)
    Wir haben eine Stunde lang telefoniert, um den Plan perfekt zu machen. Kat ist echt aufgeregt, so habe ich sie noch nie erlebt! Nicht mal, als wir zum Simple Plan Konzert gegangen sind! (Na gut, beim Konzert haben wir wie die Irren gekreischt, also abzüglich des Geschreischs.)
    9:30
    Vielleicht werde ich Pseudo-Ryan wiedersehen?
    9:31
    Wenn das der Fall ist, muss ich ihm klarmachen, dass ichnicht so komplett bescheuert bin, wie er jetzt denken muss!
    9:45
    Wenn ich irgendjemanden mit Dauerwelle oder Wuschelkopf sehe, muss ich sagen: »He, sieh mal, die Dauerwelle! He, guck mal, der Wuschelkopf!« Und er wird finden, dass ich diese Wörter sehr viel besser ausspreche.
    10:00
    Ich darf auf keinen Fall von Dauerwellen und Wuschelköpfen sprechen, das ist eine saublöde Idee!!! Es wird so wirken, als hätte ich die ganze Zeit über daran gedacht, dabei muss ich locker wirken, als wäre es mega-hipp zu sagen: »Hey, das Mädchen hat ja ’ne Wauerdelle!«
    10:13
    Es ist völlig unmöglich, dass irgendjemand, der auch nur halbwegs intelligent ist, »Wauerdelle« für einen coolen neuen Ausdruck hält. Ich muss unbedingt einen Weg finden, um mit Pseudo-Ryan zu sprechen, damit er sieht, dass ich ganz normal bin. Und cool.
    10:15
    Ich betrachte mich im Spiegel und versuche zu beurteilen, wie ich aussehe, wenn ich »Hallo« sage, oder »Hi« oder »Hey« oder »Guten Tag«. Ich finde mein Gesicht am schönsten, wenn ich »Guten Tag« sage, aber wer sagt schon »Guten Tag«? Und wenn ich »Hey« sage, wirktdas so Möchtegern. Außerdem ist das nicht meine Sprache, ich bin keine, zu der ein lässiges »Hey« passt. »Hallo« und »Hi« kann man natürlich auch noch ganz anders betonen. Gut gefallen hat mir, wie Michelle Pfeiffer in Grease 2 gestern »Hallo« gesagt hat, das war sexy . Ich probiere es mal aus: »Hallo.« »Hallo, Johnny.« Das »Johnny« funktioniert nicht wirklich. Vor allem, weil ich keinen Johnny kenne. Abgesehen von Johnny Depp. Wenn ich ihm eines Tages über den Weg laufe, werde ich mit Sicherheit »Hallo, Johnny!« sagen, wie die Synchronstimme von Michelle Pfeiffer. Ich möchte Kat nicht um Rat fragen, weil sie dann denken würde, dass ich in Pseudo-Ryan verknallt bin und das stimmt nicht! Ich will mich nur einfach nicht noch mal vor ihm blamieren. Es stört mich gar nicht so sehr, dass er mich für die größte Idiotin der Welt hält, aber ich muss meine Würde wahren. Das ginge mir bei jedem anderen genauso, sogar bei jemand Superhässlichem. Nicht, dass Pseudo-Ryan megasüß wäre, aber er sieht echt nicht schlecht aus. Er ist sozusagen der am wenigsten schlecht aussehende Junge, den ich kenne. O.k., ich kenne ihn nicht wirklich, ich kenne nicht mal seinen Namen, aber wenn ich ihn eines Tages in echt kennenlerne, wird er der coolste Typ sein, den ich kenne (zumindest was das Aussehen angeht).
    11:30
    »Hi« ist die beste Wahl. Vor allem, wenn ich es ein bisschen überrascht ausspreche, mit leicht hochgezogenen Augenbrauen. Erst ziehe ich die Brauen zusammen, wieum zu sagen: »Hmm, kommt mir

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