Das verdrehte Leben der Amélie
Selbst dasWort gibt nichts her. Weder ein Palindrom, noch ein Anagramm. Na gut, Beile . Da sieht man’s ja!
P.S.: Stimmt wohl, ich bin ein Freak.
P.S. Nr. 2: Mit niemandem über meine neue Wörterleidenschaft sprechen, um nicht als Nerd oder so was zu gelten. Zumindest, wenn ich weiterhin ein Sozialeben haben möchte.
Mittwoch, 16. November
I ch habe Monsieur Beaulieu dabei erwischt, wie er mit Madame Claude geflirtet hat ... Ich hoffe, er ist nicht dabei, meine Mutter zu betrügen! Ich muss gestehen, dass ich über ihre Beziehung ungefähr so glücklich bin wie über eine Riesenspinne unter meinem Bett. Trotzdem ist es mir lieber, sie sind glücklich miteinander, als dass ich zuschauen muss, wie Monsieur Beaulieu meine Mutter mit meiner Französischlehrerin betrügt!
9:43
Kat findet mich total paranoid in Bezug auf das Liebesleben meiner Mutter. Sie versteht mich überhaupt nicht. Ich habe es mir geschenkt, sie daran zu erinnern, dass sie komplett ausgeflippt ist, als sie entdecken musste, dass auch ihr Hamster ein Sexleben hat! Wie würde sie erst reagieren, wenn es um ihre Mutter ginge!
Ich glaube, Kat kann sich nur sehr schwer vorstellen, in der Haut einer anderen Person zu stecken. Ich meine, in der Haut einer anderen Person zu stecken ist wörtlich genommen natürlich unmöglich, es sei denn, es handelt sich um die Haut eines Tiers (wenn man kein Pelz-Gegner ist). Was ich eigentlich sagen will: Sich in die Haut eines anderen hineinzuversetzen bedeutet eine gewisse Sensibilität, um nachzuempfinden, wie sich eine andere Person gerade fühlt. Wenn es mich stört, dass meine Mutter etwas mit meinem Direktor am Laufen hat, ist das schließlich meine Sache!
Mir graut schon vor dem Tag, an dem meine Mutter mir verkündet: »Amélie, heute Abend kommt Denimischu zum Essen zu uns.« Denn es scheint ja ganz so, als würde jeder, sobald er in jemanden verknallt ist, dieser Person irgendwelche lächerlichen Kosenamen verpassen!
Um es kurz zu machen, als ich Kat meine Befürchtung mitteilte, Monsieur Beaulieu könnte meine Mutter betrügen, war ihre Reaktion in keiner Weise hilfreich.
Kat: »Ich dachte, du wolltest nicht, dass sie zusammen sind!«
Ich: »Nein, aber ich will auch nicht, dass er sie betrügt.«
Kat: »Du bist doch nicht mal hundertprozentig sicher, dass er was mit deiner Mutter hat!«
Ich: »Es könnte sein ...«
Kat: »Aber du bist nicht sicher!«
Ich: »Nein, aber es könnte sein!«
Kat: »ABER DU BIST NICHT SICHER! Warum fragst du nicht einfach?«
Ich: »Was?!? Damit ich den Rest des Jahres nachsitzen muss?!«
Kat: »Doch nicht ihn ... deine Mutter!«
Ich: »Im Moment ist sie endlich mal ein bisschen von ihrem Putz-Trip runter. Wir verstehen uns gerade echt gut. Das will ich jetzt nicht ... kaputt machen.«
Kat: »Ich verstehe.«
Die Glocke läutet. Wir gehen auf unsere Plätze im Matheraum.
Kat: »Weißt du, wer das neue Idol meiner Schwester ist?«
Ich: »Äh ... Avril Lavigne?«
Kat: »Nein, du.«
Ich: »Ich? Da finde ich Avril Lavigne aber cooler! Vor allem ihren Song Na na na Skater Boy, miniminiminimini, he wanna guten naff, lolalala!
Kat: »Am, du musst echt an deinem Englisch arbeiten!«
Während meiner (offenbar verunglückten) Avril-Lavigne-Showeinlage haben die anderen Mädchen in der Klasse zu reden aufgehört und Madame Gagnon hat gesagt:
»Huhu, Britney Spears, willst du Mathe machen oder dich als Superstar bewerben?«
Ich muss schon sagen, wenn ich die Wahl hätte und wirk lich talentiert wäre, würde ich mich für letztere Option entscheiden. Trotzdem habe ich widerwillig »Mathe machen« gemurmelt, mich auf meinen Stuhl fallen lassen und zu Kat umgedreht, die so angestrengt das Lachen unterdrücken musste, dass sie ganz rot wurde und ihr Tränen über die Wangen liefen.
21:30
Kat ist ein bisschen geknickt, weil Ham sich nicht mit ihr treffen kann (will?). Wir haben uns sehr lange mit der Frage ob »kann« oder »will« beschäftigt. Beides sind Hilfsverben, aber mit ganz unterschiedlicher Bedeutung.
Hams Erklärung: Er will was mit seinen Freunden machen. In den letzten Wochen haben er und Kat so aneinandergeklebt, dass er jetzt anscheinend das Bedürfnis nach Freiheit hat. Ich denke, dass Hams Freunde mehr Mut haben als ich. Den Mut, ihm zu sagen: »Hey, Alter , wir kriegen dich gar nicht mehr zu Gesicht!«
Nebenbei bemerkt, im Falle Kats hätte ich nicht gesagt: »Hey, Alter!« Ich hätte nicht mal »Hey, Alte!« oder »Hey, Was-auch-immer!« gesagt,
Weitere Kostenlose Bücher