Das verfluchte Koenigreich

aufhalten, wenn sie zurückkehren.« Er beugte sich über Cordelia und küsste sie sanft auf den Mund. Dann ging er hinaus.
    Tania verschränkte die Arme vor der Brust, unfähig, den Blick von Cordelias blassem Gesicht abzuwenden. Rathina stand am Kopfende des Bettes, die Arme vor der Brust verschränkt, die Lippen fest zusammengepresst.
    Connor trat neben Tania. »Wie geht’s dir?«, fragte er leise.
    Tania schüttelte den Kopf, ohne etwas zu sagen.
    »Wenn es anfängt zu wirken, darf ich mich dann hier mal umsehen?«
    Tania lächelte zaghaft. »Wenn es funktioniert, nehme ich dich auf eine Besichtigungstour durch das ganze Land mit«, sagte sie. »Versprochen.«
    Die Kerzen waren fast niedergebrannt, einige bereits erloschen. Rathina hatte neue beschafft, die sie in das geschmolzene Wachs ihrer Vorgänger gedrückt und mit einem Wachsstock angezündet hatte.
    Der Mond wanderte über den Himmel, tellergroß und weiß wie Schnee. Hin und wieder beugte sich Connor über Cordelia, fühlte ihren Puls oder legte ihr seine Hand auf die Stirn, um zu überprüfen, ob das Fieber bereits gesunken war.
    Tania war klar, dass sie Connor irgendwann wieder in die Welt der Sterblichen zurückbringen musste. Aber jetzt noch nicht. Jetzt saßen sie nebeneinander mit dem Rücken an der Wand und unterhielten sich flüsternd.
    »Schwer zu sagen, wie es um sie steht«, sagte Connor. »Im Krankenhaus wäre sie an ein EKG angeschlossen, das ihren Herzrhythmus überwacht, und an diverse andere Monitore, die den Blutdruck und die Sauerstoffversorgung anzeigen. Außerdem würde sie eine Kochsalzinfusion bekommen und falls was schiefgeht, würde sofort ein ganzes Team an Ärzten bereitstehen.«
    »So was gibt’s hier nicht«, seufzte Tania.
    »Ich hab eine Idee«, sagte Connor. »Wenn sich ihr Zustand in den nächsten Stunden nicht bessert, könntest du sie doch nach London bringen! Im Krankenhaus wäre sie viel besser aufgehoben.«
    »Das geht nicht – ich hab dir doch gesagt, dass die Portale zwischen den Welten bei Tagesanbruch geschlossen werden. Cordelia könnte dann nie wieder ins Elfenreich zurückkommen.«
    »Aber zumindest wäre sie am Leben.«
    Tania schüttelte den Kopf. »Das wäre schrecklich für sie. Und was wird aus all den anderen Kranken hier? Nein, wir müssen abwarten und beten, dass das Zeug wirkt. Dann geh ich zum König und überrede ihn, die Tore zur Welt der Sterblichen offen zu lassen. Und dann können wir zurück und genug Medikamente für alle holen.«
    »Die Welt der Sterblichen«, wiederholte Connor nachdenklich. »Das hört sich an, als ob du von einem fremden Planeten redest – vom Mars oder so.«
    »Wirklich?« Tania seufzte. »Ja, wahrscheinlich ist es manchmal so für mich. Ich kann es dir nicht wirklich erklären …«
    »Das kann ich mir denken.«
    Einen Augenblick schwiegen sie.
    Connor blickte auf seine Uhr. Es war ein Uhr dreißig.
    Es würde eine lange Nacht werden.
    Tania schlug die Augen auf und im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war. Dann erkannte sie, dass sie immer noch in Cordelias Schlafzimmer war. Sie bemerkte das Flackern der Kerzen an den Wänden und das offene Fenster, das den Mond in zwei Hälften schnitt. Die Spitzenvorhänge kräuselten sich im Wind.
    Tania lag auf dem Boden, den Kopf im Schoß von … einen Augenblick lang dachte sie, es sei Edric und ihr Herz pochte vor Freude.
    Aber dann fiel ihr alles wieder ein.
    Idiot! Das ist Connor!
    Sie spürte seine Hand auf ihrer Schulter und hörte seinen gleichmäßigen Atem. Er schlief wahrscheinlich.
    Eigentlich hätte sie jetzt aufstehen und nach Cordelia sehen müssen, aber sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich in die Geborgenheit des Schlafs zurücksinken zu lassen.
    Rathina weckt mich schon auf, wenn etwas mit Cordelia ist … und sie sorgt dafür, dass wir Connor rechtzeitig hier rausbringen. Sie ist ja wach, und ich … ich steh gleich auf … nur noch eine Minute …
    Tania rannte – rannte um ihr Leben. Sie durchquerte ein dunkles, zerklüftetes Tal. Ringsum ragten Berge wie spitze Reißzähne in den blutroten Himmel auf. Sie wusste nicht, wie sie hierhergekommen war – nur, dass sie weiterrennen musste. Wurde sie verfolgt? Oder musste sie schnell an einen bestimmten Ort kommen?
    Weiß nicht. Ist auch egal. Lauf weiter!
    Die ganze Welt bebte um sie herum und die Sterne zitterten am blutigen Firmament. Tania stolperte, verlor das Gleichgewicht und spürte, wie ihr Körper durchgeschüttelt wurde. Es war, als