Das verfluchte Koenigreich
sie, legte den Lederbeutel weg und trat an die Tür. Sie zerrte an den schweren Eisenriegeln.
»Das Portal ist gut verschlossen«, keuchte sie. »Kommt, Master Connor, helft mir!«
Connor reichte Tania die Taschenlampe und packte einen der Riegel mit beiden Händen. Er zerrte mit aller Kraft und nach einer Weile gab der Riegel ächzend nach und sprang zurück. Dann machten sich Connor und Rathina gemeinsam an die verbleibenden Riegel.
Schließlich war es geschafft.
»Los, Rathina, jetzt müssen wir nur noch die Tür öffnen«, sagte Connor. »Eins, zwei, drei …«
Sie zogen an dem eisernen Knauf, und ganz langsam, Zentimeter für Zentimeter, öffnete sich die Tür mit einem Geräusch, das Tania die Haare zu Berge stehen ließ. Sie wich zurück.
»Ha! Ein schwer errungener Sieg«, keuchte Rathina, als die Tür schließlich offen war. Dann hob sie den Beutel auf und klopfte Connor auf die Schulter. »Gut gemacht, Master Connor – Ihr habt mehr Kraft, als man Euch zutrauen würde.«
»Danke, gleichfalls«, sagte Connor grinsend. »Tania, kannst du da überhaupt reingehen?«
Tania nickte und trat vorsichtig über die Schwelle in einen offenen, rechteckigen Vorraum. Langsam ließ sie den Lichtkegel über eine Reihe von Holztüren wandern. Eine Treppe führte im Zickzack zu unendlich vielen Galerien hinauf, die bis unters Turmdach reichten.
Rathina durchquerte den Vorraum und öffnete eine der Türen. Tania leuchtete hinein. Es war ein großer Raum mit Tischen, Lesepulten und Bücherregalen und jede verfügbare Oberfläche war mit Bergen von Pergamentrollen und alten Folianten bedeckt. Die Regale waren mit Büchern vollgestopft und sogar auf dem Fußboden lagen überall Papiere und ledergebundene Werke.
»Was für ein Chaos«, bemerkte Connor kopfschüttelnd. »Leuchte mal hier rüber, Tania.« Er öffnete eine zweite Tür und in diesem Raum bot sich ihnen der gleiche Anblick: Bücher über Bücher.
»Das ist aussichtslos«, sagte Tania stirnrunzelnd. »Wie sollen wir in diesem Durcheinander jemals etwas finden? Das Volk im Elfenreich braucht Hilfe, und zwar schnell.«
Connor legte den Kopf in den Nacken und starrte zum Turmdach hinauf. »Wenn alle Räume so aussehen wie dieser«, sagte er, »werden wir mindestens zehn Jahre hier verbringen.«
»Das wollen wir nicht hoffen«, murmelte Rathina. »Denn dann wird kaum noch jemand am Leben sein …«
»Wenn ich etwas spüre, dann würde ich es dir doch sagen, Rathina!«
Tania hatte jedes Zeitgefühl verloren, seit sie den Steinturm betreten hatten. Es könnten Tage, ja, Wochen oder Monate vergangen sein. Da sie nicht wussten, wo sie anfangen sollten, hatten sie das Ganze einfach von unten aufgerollt und nacheinander verschiedene Räume in den Galerien inspiziert. Connor ließ seine Taschenlampe über das Chaos der Bücher und Schriftrollen wandern und Tania nahm sich die vollgestopften Regale vor, in der Hoffnung, dass ihr etwas ins Auge fallen würde.
Hin und wieder förderten sie in dem Bücherchaos auch ein paar kleine Geräte und Instrumente zutage, die merkwürdig aussahen, aber eindeutig alt und aus Metall waren. Rathina konnte sich nicht erklären, woher sie kamen. Vermutete aber, dass sie in ferner Zeit zu Studienzwecken aus der Welt der Sterblichen eingeschleust worden waren. Aber von wem und warum, blieb ein Rätsel. Tania machte einen großen Bogen um alle metallenen Gegenstände.
Rathina wurde ungeduldig und Tania wünschte sich, Eden hätte ihr erklärt, wie der Kuss der Suchenden wirkte. Würde sie etwas spüren, wenn sie in die Nähe des Gegenstands kam, den sie suchten? Oder musste sie es bereits in den Händen halten? Und was konnte es sein? Ein Buch? Eine Schriftrolle? Eines der Gerätschaften?
Wenn sie doch nur einen konkreten Anhaltspunkt hätten … Aber die ganze Suche war nur durch einen Traum in Gang gesetzt worden. Wenn du uns alle heilen willst, dann suche das Verlorene Caer …
Was wenn die Worte, die Cordelia in ihrem Traum gesprochen hatte, gar nichts bedeuteten? Was dann?
Rathina öffnete eine weitere Tür. Staubkörnchen tanzten im Lichtschein der Taschenlampe, der zusehends trüber wurde.
Was, wenn die Batterien leer sind?, dachte Tania, als sie in den vollgestopften Raum trat. Wie sollen wir hier im Dunkeln etwas finden? Ratlos blickte sie sich in dem Durcheinander um. Sie wollte schon wieder hinausgehen, als sie ein merkwürdiges Prickeln in ihren Fingerspitzen spürte. Sie hielt mitten in der Bewegung inne und starrte
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