Das vergessene Zepter
einzelnen?«
»Akzeptiert bitte dennoch unsere Entschuldigung. Hellas ist nun kein Mitglied des Mammuts mehr, das ist das mindeste, was wir aussprechen können, um ihn zu verurteilen. Und das dritte, was ich noch loswerden wollte, ist, daà die Höhle des Alten Königs uns beibrachte, Räte zu bilden, als wir Riesen waren. Vielleicht ist diese Information von Nutzen für euch: Den Rat der Vier, den Rat der Sieben, den Rat der Zehn und schlieÃlich den Rat der Einhundert.«
»Wir wissen davon«, lächelte Attanturik. »Eines nicht mehr fernen Sonnenwandels wird unser Rat einhundert fassen. Der Riese dankt euch zutiefst.«
»Wir danken ebenfalls. Für Rodraegs Weiterleben. Und für vieles mehr, das zu begreifen wir womöglich einfach noch zu jung, zu klein und zu erschöpft sind.«
»Für Skergatlu«, ergänzte Bestar.
Dann standen sie neben Rodraeg, der auf Fellen lag wie tot.
Sie knieten sich neben ihn. Attanturik war nicht mehr allein. Klellureskan, Kurgattunek, der König Turgenngranet und der gesamte Rat der Sieben waren versammelt. Eljazokad spürte die Gegenwart des Zepters, so wie ein Kind seine Mutter im Zimmer spüren kann.
Dann versanken die Riesen wie Insekten in einem Bernstein, der davonrollt in die Nacht.
Zuerst war da nur Dunkelheit. Wie ein blendendes Licht. Wie eine Verdunkelung. Ein kleines Leuchten. Ein Ausgelöschtwerden. Ein Wiederaufflackern.
Eine Erinnerung glühte in ihnen auf: sie beide, nachdem Rodrachdelban und Helasborgok bereits gestorben waren, als alte weiÃhaarige Riesenführer im Winter unter lachenden Riesenkindern, Geschichten erzählend aus dem Krieg gegen die gleiÃenden Schatten. Entsetzliche Geschichten mit einem guten Ende.
Dann vergaÃen sie sich.
Langsam schälte sich um sie her der groÃe Versammlungsraum des Warchaimer Mammut hauses aus dem Dunkel. Cajin, der am Tisch saà und aus einem Schälchen Milchreis mit Apfelmus löffelte, fiel mitsamt Stuhl und Löffel nach hinten, als plötzlich vor ihm aus dem Nichts drei struppige Gestalten auftauchten.
»Wo ist Naenn? Oben?« fragte Eljazokad ohne Umschweife.
»Ja«, kam es von unter dem Tisch. »Sie hat sich ⦠hingelegt. In Rodraegs Zimmer, glaube ich.«
»Wir müssen ihn zu ihr bringen, dann wird hoffentlich alles wieder gut.«
»Ich dachte ⦠er schrieb doch ⦠er sei wieder gesund â¦Â«
»Es hat sich ein Unglück ergeben«, sagte der Magier, dessen Magie nicht mehr bei ihm war.
Zu dritt trugen sie Rodraeg die Treppe hinauf, dorthin, wo in einer engen dunklen Kammer sein Licht ruhte.
Epilog
Der mit heroischen Statuen und Schlachtgemälden geschmückte Audienzsaal im Palast der Königin vibrierte vor Leben. Soldaten in blaugoldenen Uniformen, Vertreter verschiedener Tempel, Berater und Strategen in dunklen, eleganten Gewändern, wohlhabende Städtische, Gesandte von Gilden und Zünften, EÃwaren anbietende Bedienstete, argwöhnisch dreinblickende Leibwächter und Palastmagier â alle bewegten sich in Grüppchen oder einzeln durcheinander wie in einem undurchschaubaren höfischen Tanz. Der silberbeschlagende Audienzthron stand verwaist. Die Königin Thada, angetan mit einem tief eingeschnittenen, königlich blaugoldenen Umhangkleid, war überall und nirgends. Sie schwebte von einer Gruppe zur anderen, besprach sich kurz mit einem Brütenden, zwei Streitenden oder drei ihr unterwürfigst Entgegenblickenden. Es fiel dem jungen Magiermönch Akamas nicht leicht, sich ihr in diesem Durcheinander überhaupt bemerkbar zu machen. Er wurde, wie immer, wenn er sich im Inneren des Palastes bewegte, begleitet und überwacht von einer übellaunigen Bannmagierin und war soeben erst durch die prächtige Saalpforte geschlüpft. Nun wartete er in der Nähe eines ebenfalls abseits stehenden jungen Offiziers geduldig darauf, daà Königin Thada ihn zur Kenntnis nahm. Mit Leichtigkeit hätte er ihr einen magischen Funken senden können, der sie geradewegs zu ihm führte, aber die Bannmagierin hätte »Attentat!« geschrien, den Zauber abgeblockt, und Akamas wäre von einem Dutzend Leibwächter zu Boden gerissen worden.
Thada bemerkte ihn dennoch. Sie war eine aufmerksame junge Frau, der selten etwas entging.
»Akamas!« sagte sie mit ihrem strahlenden Lächeln, das ihn immer wieder überwältigte, weil es so tief aus
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