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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Dreiundneunzig, robbte vor zur Kante und versuchte, beinahe neunzehn Schritte abwärts durchs trügerische Halbdunkel etwas zu erkennen.
    Â»Seid ihr das wirklich, oder seid ihr Doppelgänger?«
    Â»Wir sind es, Hellas. Du mußt uns hochhelfen. Dann noch eine Stufe, und wir haben es geschafft.«
    Â»Ihr wollt mich wohl verarschen! Ihr könnt unmöglich zusammen sein, Bestar ist nicht wieder an mir vorbeigekommen!«
    Mühsam versuchten sie über neunzehn Schritt senkrechte Distanz, dem Bogenschützen alles zu erklären, all ihre nicht vollständig aufgehenden Theorien. Hellas schien ihnen nicht zu trauen, sie für Geister, Trugbilder oder eine Falle zu halten. Aber das Argument, das ihn am Ende überzeugte, kam von Bestar: »Was willst du denn sonst machen? Aufs Verdursten warten?«
    Zu dritt mühten sie sich und Rodraeg auf die Dreiundneunzig. Hellas konnte beim Ziehen und Sichern helfen – was das Klettern anging, mußte er mit seinem Bein jedoch passen. Also mußte wieder Bestar voran auf die Vierundneunzig. Mit zitternden Armen und schmerzverzerrtem Gesicht kam er oben an. Der Geruch von Frischgebackenem stieg ihm in die Nase. Zuerst glaubte er, den Verstand verloren zu haben.
    Â»Hier gibt es dieses leckere Gebäck, das wir auch im Wildbart bekommen haben«, rief Bestar mit vollem Mund nach unten. »Und frisches, kaltes Wasser in riesigen Krügen!«
    Â»Jemand muß hier leben und diese ganzen Teufeleien überwachen«, grollte Hellas.
    Â»Vielleicht sind es die Fliegen«, sagte Eljazokad müde.
    Â»Na klar: backende Fliegen.«
    Â»Seid ihr wahnsinnig geworden?« fragte Bestar, als er von unten stotterndes, erschöpftes, zweistimmiges Gelächter hörte. »Haltet durch, das ist die letzte Stufe. Hier oben ist der Ausgang!«
    Die letzte Stufe. Die letzte, noch einmal über alles Erträgliche hinausgehende Anstrengung. Bestar zog und stemmte mit hervortretenden Schlagadern. Eljazokad mühte und krampfte sich aufwärts. Hellas verbiß sich den Schmerz, als sein zerschlagenes Bein beim Hinaufziehen immer wieder gegen die Wand stieß. Nur Rodraeg bekam von alledem nichts mit. Er schwebte aufwärts, in einer Welt, die keinen Himmel, sondern nur eine Felsendecke kannte.
    Oben angekommen, rafften sie alles an Trink- und Eßbarem, was sie greifen konnten, zusammen und zogen sich abergläubisch in die Sicherheit des Ausgangs zurück, damit dieser nicht verschwand, um auch nur einer einzigen weiteren Stufe Platz zu machen.
    Sie schmatzten und schlürften und kümmerten sich um ihren Anführer, und tatsächlich kam Rodraeg unter der Wirkung des makellos frischen Kjeerklippenquellwassers wieder zu sich.
    Â»Ich … habe geträumt …«, murmelte er schwach. »Von … rotem Schnee in einem Tal aus blauem Glas. Das Wirrsein … war Wachsein … im Angesicht der … Elementenchöre.«
    Â»Du bist zu weit gewandert, Rodraeg«, sagte Eljazokad sanft. »Komm zurück in die Höhle des Alten Königs. Der Wunder gibt es hier genug.«
    in der tiefe
    Sie hatten ihm alles erläutert. Sie hatten ihn gefüttert und getränkt, warmer Teig und kühles Wasser hatten seinen Leib mit ihrer Substanz verstärkt. Er hatte sich sogar wieder auf die Beine gekämpft. Ihm war schwindelig geworden, die drei anderen hatten ihn gestützt. Sie hatten abgewartet und ihn losgelassen. Er war stehengeblieben.
    Es war ihm klar, daß dies der letzte Anfall gewesen war, den zu überleben das Schicksal ihm einräumte. Der nächste würde ihn töten. Nerass’ Vorhersagen von einem stillen, mondelangen Dahindämmern mit Heilhoffnung hatten sich auf Bettruhe bezogen, er aber mutete seinem Körper Klettereien zu, Wagnisse und Furcht.
    Â»Ihr führt Gift in Eurem Atem«, hatte der Heiler gesagt. Rodraeg bemühte sich, seine unermeßlich wertvollen Gefährten nicht anzuhauchen.
    Â»Weiter jetzt«, sagte er rasselnd, und in seinen Worten brauchte keine Anerkennung dafür zu liegen, daß die anderen ohne ihn die Treppenprüfung gemeistert hatten. Seine Augen sagten genug. Bestar, Hellas und Eljazokad waren Riesen geworden, aber er selbst war leider ein Zwerg geblieben.
    Ein kühler und schattiger Gang führte geradeaus und öffnete sich schließlich zu einer kleinen Kammer. In der Mitte der Kammer war ein Loch im Boden, in dem im schwankenden Licht ihrer

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