Das Verhaengnis Thriller
einmal.
Suzy beeilte sich, die Lampe wieder hinzustellen, doch seine Hand sauste bereits auf sie nieder. Die Lampe fiel ihr aus der Hand. Der Schirm löste sich, flog in hohem Bogen durch das Zimmer und landete klappernd neben dem beige-grünen Orientteppich auf dem kalten Marmorboden. »O Gott«, rief Suzy, als er sich auf sie stürzte, sie auf die Füße zog und gegen die gegenüberliegende Wand schleuderte. Neben ihr schwankte die berühmte Schwarzweißfotografie eines Soldaten, der am Ende des Zweiten Weltkriegs mitten auf dem Times Square eine Frau umarmt, bedrohlich, ehe sie klirrend zu Boden fiel.
Suzy wusste, dass ihn jetzt nichts mehr aufhalten konnte, also schloss sie die Augen, ergab sich seinen Fäusten und wartete darauf, dass es vorbei war.
Kapitel 6
Vierzig Minuten später bog Tom endlich in seine Einfahrt in der Northwest 56th Street in dem Teil von Morningside, der so heruntergekommen war, dass er schon fast wieder als schick galt. Scheiß auf Coral Gables, fluchte er leise. Sich dort zurechtzufinden war beinahe so unmöglich wie in den verdammten Höhlen in Afghanistan. Straßen, die sich in diese und jene Richtung wandten. Sackgassen, die aus dem Nichts auftauchten wie Heckenschützen. Wege, die sich wie Schlangen wanden und zu ihrem Ausgangspunkt zurückführten. Ein Wunder, dass irgendjemand überhaupt je wieder dort herausfand. Dreimal hatte er gedacht, er wäre dem Labyrinth entronnen, nur um sich erneut auf derselben verdammten Straße wiederzufinden. Er war beinahe peinlich dankbar gewesen, als unvermittelt das riesige Betongerippe von Midtown Miami am Horizont aufgetaucht war.
Er schaltete das Licht aus und schob sich einen Streifen Juicy Fruit in den Mund, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Lainey noch wach war und er sie überreden konnte, ihm einen Tee zu machen. Er ließ den Wagen langsam in den Carport rollen, machte den Motor aus und spürte, wie der Wagen mit einem Ruck ganz zum Stehen kam. Beobachtete Lainey ihn aus einem Fenster im ersten Stock, fragte er sich, öffnete die Wagentür und ließ den Blick über das schlichte zweistöckige Haus schweifen. Angeblich war das Haus ein Hochzeitsgeschenk von Laineys Eltern, doch sie war als alleinige Eigentümerin eingetragen. Tom kapierte, dass er im Fall einer Scheidung auf der Straße sitzen würde.
Es wäre nicht das erste Mal, feixte er und dachte daran, wie seine Eltern ihn zu Hause rausgeschmissen hatten, nachdem er bei der Abschlussprüfung beim Mogeln erwischt worden war und mitgeteilt bekommen hatte, dass er – anders als Jeff und seine anderen Freunde – die Highschool nicht abschließen würde. Jeff war sofort in den Süden gegangen und hatte ein Studium an der University of Miami begonnen, während Tom im öden alten Buffalo festsaß.
Ohne Jeff an seiner Seite hatte sich alles verändert. Er wurde nicht mehr von hübschen Mädchen umschwirrt; sie erklärten ihm nicht mehr, dass er gefühlvolle braune Augen und einen niedlichen Arsch hatte; sie streiften ihn nicht mehr wie zufällig im Vorübergehen; sie kicherten nicht mehr und ließen ihre Freundinnen stehen, wenn er rief. Sie mieden ihn im Gegenteil fast völlig, es sei denn, um nach Jeff zu fragen. Was machte er so? Stimmte es, dass er die Uni geschmissen hatte und sich auf Dauer in Miami niederlassen wollte? Plante er in näherer Zukunft einen Besuch zu Hause, und wusste Tom vielleicht wann?
Tom nahm einen Job bei McDonald’s an, den er sofort kündigte, als er genug Geld zusammengespart hatte, um zu Jeff nach Miami zu ziehen. Nur wenige Tage nach seiner Ankunft lernte er Lainey kennen, und seither klebte sie an ihm wie Kaugummi an einer Schuhsohle. Ein paar Monate später war Tom nach einer versoffenen und verhurten Nacht und angespornt von Jeff, der hundert Dollar gewettet hatte, dass er sich nicht trauen würde, in ein Rekrutierungsbüro der Armee marschiert und hatte sich freiwillig gemeldet, bevor er sich zu Jeff umgedreht und dieselben hundert Dollar darauf gesetzt hatte, dass sein Freund nicht die Eier hätte, das Gleiche zu tun. Was soll’s, hatten sie gedacht, als sie beide über der gepunkteten Linie unterschrieben hatten. Es war ein Abenteuer, eine Gelegenheit, etwas von der Welt zu sehen, eine Chance, mit schweren Waffen zu schießen. Außerdem würde der Krieg doch ohnehin nur noch ein paar Monate dauern, oder?
»Hier entlang, meine Herren«, hatte der Rekrutierungsoffizier lächelnd gesagt.
»Nächster Halt Fegefeuer«, sagte Tom jetzt und
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