Das Verhaengnis Thriller
murmelte sie verschlafen und dachte an Toms Waffe, die sie in der Schublade versteckt hatte. Suchte er danach?
»Nichts. Alles okay«, flüsterte er. Sein Atem roch nach Zahnpasta und Mundwasser. »Tut mir leid, wenn ich dich gestört habe.«
»Hast du nicht.«
»Schlaf weiter.«
»Rufst du mich später an?«
»Auf jeden Fall.« Jeff ging in den Flur. »Einen schönen Tag wünsche ich dir.«
»Dir auch.« Kristin wartete, bis Jeff um die Ecke verschwunden war, ehe sie sich im Bett aufrichtete und gegen den Impuls ankämpfte, den Inhalt ihrer Nachttischschublade zu überprüfen. Wollte sie wirklich wissen, ob Toms Waffe noch da war? Je weniger sie wusste, umso besser für alle, entschied sie und hörte, wie Jeff im Nebenzimmer mit seinem Bruder sprach.
»Wer hat denn so verdammt früh angerufen?«, fragte Will mit vom Schlaf heiserer Stimme. Sie stellte sich vor, wie er sich mit nackter Brust auf dem Sofa aufrichtete, das Haar attraktiv verstrubbelt, die Decke um die Hüften gewickelt.
»Mein Chef hat einen Kater«, erklärte Jeff. »Er hat mich gebeten, früher zu kommen.«
»Nett von dir, dass du das machst.«
»So bin ich halt. Mr. Nice-Guy.«
»Bis später.«
Man hörte, wie die Wohnungstür geöffnet und wieder geschlossen wurde.
Kristin blickte zum Telefon und fragte sich, wer wirklich um halb sieben Uhr morgens angerufen hatte. Sie wusste, dass es nicht Larry war. Jeffs Boss war ein erklärter Gesundheitsfanatiker, der nie einen Tropfen Alkohol anrührte. Und wann hatte Jeff ihr je einen »schönen Tag« gewünscht? Ohne auf die leise warnende Stimme in ihrem Kopf zu achten, nahm sie das Telefon und drückte die Tasten *69.
»Die Nummer, von der Ihr Anschluss angerufen wurde, lautet …«, informierte sie eine Stimme vom Band und ratterte eine Folge von Zahlen herunter.
Kristin drückte den Hörer einen Moment lang an ihre nackte Brust, bevor sie ihn wieder auf die Gabel legte. Sie bemühte sich, ihren pochenden Herzschlag zu beruhigen, ließ sich zurück aufs Bett sinken, rollte sich zu einem festen Bündel zusammen und war kurz darauf wieder eingeschlafen.
Jeff schritt eilig über den Außenflur und dann die drei Stockwerke zur Tiefgarage hinunter, wo sein dunkelblauer Hyundai neben Kristins Volvo parkte. Was würde sein Bruder denken, wenn er wüsste, was er wirklich vorhatte, überlegte er und fragte sich, seit wann es ihn kümmerte, was sein Bruder dachte. Und warum hatte er Kristin angelogen? Eine der angenehmen Seiten ihrer Beziehung bestand darin, dass er nie das Gefühl gehabt hatte, sie wegen irgendwas anlügen zu müssen. Was war anders geworden? Und war er mit Rücksicht auf Kristin oder aus eigenem Interesse weniger mitteilsam gewesen als sonst? Er schloss den Wagen auf und setzte sich hinters Steuer. »Hey, meine Idee war das nicht«, erklärte er seinem Abbild im Rückspiegel. Trotzdem verspürte er unvermutet ein nagendes, unbehagliches Schuldgefühl. Wahrscheinlich bloß der Hunger, dachte er. Das würde sich mit einer Tasse Kaffee und einer Portion Spiegeleier mit Speck wieder geben.
Er zog sein Handy aus der Tasche und rief im Fitnessstudio an. Es öffnete um sieben, und jetzt war es fünf vor, weshalb er hoffte, den Anrufbeantworter zu erwischen. Stattdessen nahm Melissa nach dem ersten Klingeln ab.
»Elite Fitness«, meldete sie sich aufreizend fröhlich.
»Hier ist Jeff«, sagte er. »Hör mal, ich fühle mich nicht besonders. Ich hab die ganze Nacht gekotzt«, fügte er noch hinzu.
»Igitt.«
»Ich hoffe, es war bloß irgendwas, was ich gegessen habe, und in ein paar Stunden geht es mir wieder besser.«
»Hoffentlich. Du bist heute völlig ausgebucht.«
»Versuche, die Termine zu verlegen, und sag Larry, dass ich versuche, gegen Mittag da zu sein.« Das sollte ihm mehr als genug Zeit lassen, dachte Jeff.
»Viel Tee trinken.«
»Was?«
»Du sollst viel Tee trinken«, wiederholte Melissa. »Und Toast mit Marmelade. Ohne Butter.«
»Danke für den Tipp.«
»Gute Besserung«, sagte Melissa und legte auf.
Jeff steckte das Handy wieder ein und fuhr aus der Tiefgarage. Wenig später war er unterwegs Richtung Federal Highway und Notheast 54th Street. Er würde zu früh dran sein, aber das war egal. Er würde frühstücken, seine Nerven beruhigen und sich darauf einstellen, was vor ihm lag. Wieso war er überhaupt so verdammt nervös? »Kein Grund zur Beunruhigung«, sagte er sich. »Du hast alles unter Kontrolle.« Aber schon als er es sagte, wusste er, dass das nicht
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