Das Verhaengnis Thriller
nicht zu. Er hat mir nie zugehört. Und ich kann nicht zulassen, dass er mir Tag und Nacht folgt. Ich kann nicht zulassen, dass er meine Eltern und meine Kinder erschreckt. Und ich habe wirklich furchtbare Angst, Kristin. Was, wenn er etwas Verrücktes macht? Wenn er versucht, die Kinder zu entführen?«
»Ich glaube nicht, dass er so etwas machen würde.«
»Das habe ich auch geglaubt. Ich dachte, egal wie verrückt er wird, mir oder den Kindern würde er nie etwas antun. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
»Er ist bloß durcheinander. Er hat nicht damit gerechnet, dass du ihn verlässt.«
»Wie kann ihn das überrascht haben? Ich habe ihn seit Monaten gewarnt, dass genau das passieren würde.«
»Er hat nicht geglaubt, dass du es tatsächlich durchziehst.«
»Was sollte ich denn sonst machen?«, wollte Lainey wissen. »Welche Wahl hat er mir gelassen?«
»Gar keine«, sagte Kristin rasch. »Glaub mir, Lainey, ich verstehe das. Ich bin offen gestanden erstaunt, dass du so lange geblieben bist.«
»Er ist mein Mann, der Vater meiner Kinder. Ich habe versucht, geduldig und verständnisvoll zu sein.« Sie begann nervös an ihrem Ehering zu zerren.
»Das weiß ich.«
»Seit er aus Afghanistan zurück ist, ist er nicht mehr derselbe. Er schläft nicht; er isst kaum; er hat jede Nacht Alb träume. Weiß Gott, was er dort gesehen hat, was er getan hat …« Sie verstummte.
»Er braucht Hilfe«, schlug Kristin vor.
»Natürlich braucht er Hilfe«, gab Lainey zurück. »Aber er will nicht einmal über eine Therapie nachdenken. Er sagt, wenn Jeff keine braucht, braucht er auch keine. Nie im Leben lässt er sich darauf ein.«
»Dann hast du getan, was du tun konntest«, erklärte Kristin ihr. »Du musst für dich selbst und deine Kinder sorgen.«
»Ich habe ihm gesagt, dass das passieren würde. Wie oft habe ich es ihm gesagt?«, fragte Lainey. »Ich habe ihm erklärt, wenn er nicht aufhören würde, zu trinken und die halbe Nacht wegzubleiben, würde ich ihn irgendwann verlassen.«
»Du hast ihn reichlich vorgewarnt«, bestätigte Kristin.
»Ich war für ihn bloß bequem. Jemand, der ihm das Essen kocht und sein Bett warm hält. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber man kann ihm rein gar nichts sagen. Er hört nicht zu. Warum auch? Er weiß ja eh alles besser.«
»Niemand macht dir Vorwürfe, weil du ihn verlassen hast.«
»Ich habe getan, was ich konnte, um ihn glücklich zu machen. Ich habe ihn nie bedrängt, sich einen besseren Job zu suchen, habe mich nie wegen des Geldes beklagt. Ich habe ihn mit Jeff ausgehen lassen, wann immer er wollte. Ich habe ihn nur gebeten, zu einer halbwegs vernünftigen Zeit zu Hause zu sein. Aber manchmal ist er erst um drei oder vier Uhr nachts gekommen. Und vielleicht ist es dir ja egal, wann Jeff nach Hause kommt …«
Kristin wollte etwas einwenden, aber Lainey war noch nicht fertig.
»… aber wir haben zwei Kinder, die nicht weinend nachts aufwachen sollten, weil ihr Vater zu betrunken ist, leise zu sein.«
»Es war bestimmt nicht leicht für dich«, sagte Kristin mitfühlend.
»Leicht?«, wiederholte Lainey. »Soll das ein Scherz sein? Unmöglich kommt der Sache schon näher.«
»Du hast alles versucht. Es gibt keinen Grund, warum du dich schuldig fühlen müsstest.«
»Wer sagt, dass ich mich schuldig fühle?«, fauchte Lainey. »Ich fühle mich nicht schuldig. Ich bin wütend. Ich bin frustriert. Ich habe Angst. Der Mann hat den Verstand verloren. Er hat gestern absolut verletzende Dinge zu mir gesagt. Das kannst du dir nicht vorstellen.«
Kristin nickte und erinnerte sich an die Flut von Beschimpfungen, die ihre Mutter ihr an den Kopf geworfen hatte, als sie Ron vor mehr als zehn Jahren auf ihr liegend erwischt hatte. Worte so tödlich wie Schüsse aus einer Waffe, die ihr so unmittelbar gegenwärtig waren, als wäre es gestern geschehen. Lainey hatte recht. Sie konnte es sich nicht vorstellen. Das musste sie auch gar nicht.
»Und jetzt ist er aufgebracht wegen der Kinder? Was für ein Quatsch! Er hat sich nie um sie geschert«, sagte Lainey. »Vom ersten Tag an nicht. Wie oft hat er mir erklärt, dass er nie Kinder wollte, dass ich sie nur benutzt hätte, um ihn in die Falle zu locken, dass ich absichtlich schwanger geworden wäre, dabei war er derjenige, der kein Kondom benutzen wollte. Aber so ist Tom. Nichts ist je seine Schuld, nichts seine Verantwortung. Alles hat er mir in die Schuhe geschoben. Wahrscheinlich würde er mich auch noch
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