Das Verhaengnis Thriller
nicht.«
»Was soll das heißen, du weißt es nicht? Du lebst doch mit ihr zusammen.«
»Kristin ist immer irgendwie reserviert. Sie lässt keinen zu nah an sich ran«, sagte Jeff, obwohl er wusste, dass er es nie wirklich versucht hatte. Selbst im Bett wahrte sie ihre Distanz, dachte er. Sicher, sie machte die richtigen Bewegungen, sagte und tat all die richtigen Dinge, aber irgendwas fehlte. Trotz ihrer provokanten Art ergriff sie selten die Initiative. Und so war es in vielerlei Hinsicht so, wie Suzy ihre ehelichen Pflichten mit Dave beschrieben hatte: Kristin lag einfach da, ließ Jeff sein Ding machen und wartete, dass es vorbei war.
»Wie würdest du reagieren, wenn du herausfinden würdest, dass sie etwas mit einem anderen Mann hatte und dir nichts davon erzählt hat.«
»Ich weiß nicht.« Er wäre vor allem überrascht, dachte Jeff. Vielleicht ein wenig verletzt. Und noch etwas, wie ihm in diesem Moment klar wurde. Er wäre erleichtert. »Wusstest du, dass Dave gestern im Wild Zone war?«
»Was?«
»Er hat Kristin angebaggert, ihr seine Karte gegeben und gesagt, sie solle ihn anrufen.«
»Das verstehe ich nicht. Warum sollte er …?«
»Du weißt doch, wie Hunde ihr Revier markieren, indem sie den Geruch eines anderen Hundes überpinkeln? Ich glaube, dein Mann hat im Grunde das Gleiche getan.«
»Interessanter Vergleich«, bemerkte Suzy.
»Was wollen wir seinetwegen unternehmen?«, fragte Jeff.
»Wie meinst du das?«
»Wirst du ihn verlassen?«
»Er würde mich nie gehen lassen.«
Jeff nickte und schwieg eine Weile. »Meine Mutter liegt im Sterben«, sagte er schließlich.
»Das tut mir leid.«
»Meine Schwester sagt, es könnte jeden Tag so weit sein. Sie will, dass ich nach Hause nach Buffalo komme.«
»Und machst du es?«
»Nein«, sagte er.
»Warum nicht?«
»Meine Mutter hat mich, als ich acht war, bei meinem Vater abgegeben. Sie sagte, dass sie meinen Anblick nicht ertragen könnte, weil ich ihm zu ähnlich sehe. In den folgenden Jahren habe ich sie nur noch unregelmäßig gesehen und dann überhaupt nicht mehr. Als sie noch gesund war, hatte sie kein besonderes Bedürfnis, mich zu sehen. Und mir geht es, jetzt wo sie krank ist, umgekehrt genauso. Das hört sich wahrscheinlich ziemlich gefühllos an.«
»Hey, ich war diejenige, die gesagt hat, sie wünschte sich, ihr Mann wäre tot«, gab Suzy mit ihrem traurigen Lächeln zurück.
»Wir sind schon ein echt tolles Paar.«
»Das finde ich wirklich.«
Jeff strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich auch.«
»Und ich finde, du solltest hinfahren«, sagte Suzy.
»Was? Warum?«
»Weil ich glaube, dass du ihr sagen solltest, was du empfindest.«
»Ich soll einer Sterbenden sagen, dass ich sie hasse und verachte?«
»Tust du das?«
Jeff schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht.«
»Ich denke, du solltest hinfahren«, wiederholte Suzy, »um es herauszufinden.«
»Ich denke, du solltest deinen Mann verlassen.«
Suzy lächelte. »Wie soll ich das machen?«
»Mir fällt schon was ein«, sagte Jeff.
Kristin bezog gerade das Bett neu, als sie hörte, wie die Wohnungstür geöffnet und wieder geschlossen wurde. »Will?«, rief sie. »Bist du das?«
»Nein, ich bin’s«, sagte Jeff, als er ins Schlafzimmer kam und wiederholt an seinen Fingern schnupperte, um sicherzugehen, dass er alle Spuren von Suzy abgewaschen hatte. »Hast du mein Portemonnaie gesehen? Ich dachte, ich hätte es auf der Kommode liegen lassen.«
»Will hat es«, antwortete Kristin und sah ihn fragend an. »Er wollte es dir bei der Arbeit vorbeibringen? Hast du ihn nicht getroffen?« Kristin war sich nicht sicher, ob sie sich das nur eingebildet hatte oder ob Jeff tatsächlich zusammengezuckt war. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht, steckte ihre blau gestreifte Bluse in ihre abgeschnittenen Jeans und wartete auf seine Antwort.
»Ich war nicht bei der Arbeit«, gab er nach einer kurzen Pause zu.
»Nicht?«
»Nein.« Eine weitere Pause. »Ich habe dich und Will angelogen. Und dann Larry. Ich habe ihm gesagt, ich wäre krank.«
»Warum?«, fragte Kristin. »Wo warst du?«
Es entstand eine weitere Pause, länger als die beiden vorherigen. »Ich war bei Tom.«
»Was? Warum?«, fragte Kristin noch einmal und betrachtete Jeffs Gesicht. Hinter seinen Augen konnte sie die Rädchen seines Gehirns förmlich rotieren sehen wie ein Uhrwerk. Sie hörte zu, wie er seine ersten Lügen durch weitere Lügen erklärte, die sie sofort als solche erkannte –
Weitere Kostenlose Bücher