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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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ihren Laserfächern bestreichend und das letzte Leben mit ultravioletten Strahlen verbrennend.
    Würden die Fremden Kontakt suchen zu jenen ausgemergelten Gestalten, die sie möglicherweise eines entsetzlichen Tages in einem Tiefbunker unter irgendeiner Wüste der Erde aufstöberten? Wäre es denkbar, daß sie sich für die Gründe der Vernichtung interessierten und vielleicht gar zu verstehen suchten, weshalb das alles geschah? Oder würden sie sich nicht vielmehr erschüttert abwenden, das Weite suchen und den blauen Planeten bei der gelben Sonne für alle Zeiten zum Sperrgebiet erklären, weil er Heimstatt einer sadistischen Zivilisation ist, eine Welt der Bestien?
    Vamos Yahiro hob den Kopf und suchte am Himmel nach der irdischen Sonne. Es dauerte einige Sekunden, ehe sich sein optisches System auf das matte Licht des späten Nachmittags eingestellt hatte. Dann aber fand er den hellen Sirius sofort, und als er den Blick nach links wandte, da sah er auch die Sonne, klein und gelblich unscheinbar in der Nähe der Proxima Centauri.
    Und obwohl er sich sagte, daß dieser Anblick nicht das geringste bedeutete, überkam ihn ein Gefühl der Beruhigung. Da war sie also, die heimatliche Sonne, winzig und in warmem Gelb schimmernd, wie es sich gehörte. Ihre Helligkeit hatte sich nicht erhöht, und auch unmittelbar neben ihr, dort, wo sich die inneren Planeten befinden mußten, war das Dunkel geblieben. Vor elfeinhalb Jahren hatte die Erde also noch existiert, hatte sich noch nicht in eine neue Sonne verwandelt, war noch nicht aufgegangen in einem atomaren Inferno.
    »… könnten Fehler in der Entwicklung dieser Zivilisation aufgetreten sein«, hörte er Peter Mankov dozieren. »Denkt nur an die Tiere, die wir gesehen haben. Keins von ihnen hat normal reagiert, in unserem Sinn normal. Oder die Blauen. Sie sind Neutren. Aber die Natur hat, zumindest bei hochentwickelten Formen des Lebens, nie geschlechtslose Wesen hervorgebracht. Weil Populationen, die sich nicht auf die Vielfalt psychischer und physischer Ausprägungen zu stützen vermögen, unfähig sind, sich zu entwickeln. Die Vielfalt und die Widersprüche erst sind es, die die Evolution ermöglichen.
    Könnte es nicht sein, daß auf diesem Planeten Fehler begangen worden sind, die nun von den Gelben korrigiert werden? Und könnte es nicht sein, daß sich die Vernichtung des Vorhandenen als die einzige Möglichkeit der Korrektur erwiesen hat? Als der einzige Weg, die Vielfalt wiederherzustellen und damit die Entwicklung zu reorganisieren?«
    Wie stets waren Mankovs Überlegungen nicht ohne Logik. Aber sie führten auch zu erschütternden Konsequenzen. Sollten sie sich als begründet erweisen, dann mußte man die Existenz hochentwickelter Neutren als widernatürlich ablehnen. Und letztlich war ja auch er, Vamos Yahiro, ein Neutrum, unfähig, einen Beitrag zu evolutionären Prozessen zu leisten, statisch, eingefroren in eine einmal als vorteilhaft erkannte Form, eigentlich nicht mehr als unbelebte Materie, die sich des Stoffwechsels bediente, um sich selbst erhalten zu können, ein Stein auf dem Acker des Lebens, der irgendwann zu Staub zerfallen würde. Das war ein Multihom. Nicht mehr. Wenn Mankovs Theorie stimmte.
    Er bemerkte, daß sich Haß auf Haston in ihm erheben wollte, aber es bedurfte kaum des Nachdenkens, um ihn zu zerstreuen. Der Professor hatte den Mangel seines Denkmodells wohl längst erkannt, jetzt plötzlich erinnerte er sich an hundert Kleinigkeiten, an die fast ängstlichen Blicke, mit denen der Alte seine Geschöpfe hin und wieder gemustert hatte, an das in sich gekehrte Schweigen, das ihn in letzter Zeit immer häufiger überkam, an seine Müdigkeit, das eingefallene Gesicht und die glanzlosen Augen. Kein Zweifel, Haston litt. Er litt vielleicht schon seit dem Tag, an dem man die Leiche der jungen Krankenschwester im Park von Haston Base aufgefunden hatte. Und das, was sich hier in dieser fremden Welt ereignete und sich tagtäglich weiter ereignen würde, mußte seine Leiden bis zur Tortur steigern. Es mußte furchtbar für ihn sein, immer aufs neue mit den Fehlern seiner Theorie konfrontiert zu werden. Sosehr Yahiro auch in letzter Zeit die normalen Menschen zu beneiden begonnen hatte, mit dem alten Haston mochte er nicht tauschen. Trotz allem nicht. So bedrückend ihm sein eigener Status auch bisweilen erscheinen wollte.
    »He, Vamos! Was ist los?« Abermals Mankovs Stimme. Ein wenig verwundert und ein wenig fordernd.
    Sie hielten sich noch immer

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