Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
mit dem Heck in Richtung auf die Schneise stand.
    »Wer könnte sie hierhergebracht haben?« flüsterte Peter Mankov neben ihr. »Die Blauen doch wohl nicht.«
    Da war also abermals etwas geschehen, was sich auf Anhieb nicht erklären ließ. Zweifellos hatte jemand die Spinne hierhertransportiert. Und sicherlich hatte Toria nicht von ungefähr zuerst an Keeke Lannert gedacht. Aber selbst Lannerts übermenschliche Kraft hätte nicht ausgereicht, die Spinne zu tragen. Und außerdem hätte er einen solch kraftaufwendigen Transport nicht nötig gehabt. Für einen einzelnen Hastoniden war der Platz, den die Fahrkabine bot, mehr als ausreichend. Lannert schied also mit Sicherheit aus.
    Aber die Spinne war hier. Eine Tagesreise von dem Ort entfernt, an dem sie sie verlassen hatten.
    »Vamos!« rief Mankov. Diesmal klang aus seiner Stimme unverkennbar Erregung. »Geh unverzüglich in Deckung! Bring dich hinter uns in Sicherheit.«
    Der Multihom wandte den Kopf mit zeitlupenhafter Gelassenheit. Sie spürte ein wenig Bedauern darüber, daß sie in seinen Gesichtszügen nicht zu lesen vermochte. Einen Augenblick stand Yahiro ganz still, mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf. Und abermals mußte sie sich korrigieren. Das war keine Gelassenheit, das grenzte an Apathie. Dann beugte er sich noch ein wenig weiter nieder, stützte die Zangen auf den Boden und hoppelte um das Fahrzeug herum. Er lief in einer leicht diagonal versetzten Gangart vor den Seitenfenstern entlang zum Heck und verbarg sich dort, bewegungslos wie eine Maschine, die man abgeschaltet hatte.
    Peter Mankov ließ das untere Rohr der Laserbatterie ausfahren und richtete die Spinne genau auf den Punkt aus, an dem das Schwesterfahrzeug unter den Bäumen stand. Langsam setzten sie sich in Bewegung. Unvermittelt entstand drüben, zwischen den wallenden Blättern, eine Bewegung. Es war ein Huschen, ein Funkeln nur, von dem weder Ursprung noch Einzelheiten zu erkennen waren.
    »Die Gelben!« flüsterte Mankov. Dann berührte er zögernd die grüne Taste des Werfers. Auf seinem Gesicht lag der Ausdruck höchster Anspannung.
    Sie wußte sofort, daß die Ereignisse der nächsten Minuten über den weiteren Fortgang der Expedition, ja vielleicht sogar über ihrer aller Leben entscheiden würden. Aus den Lautsprechern kam ein unterdrücktes Stöhnen, ein Zeichen, daß die Basisgruppe jeder ihrer Aktionen mit höchster Aufmerksamkeit folgte. Als sich das Werferrohr fauchend in den Bug der Spinne zurückzog, mußten auch sie begreifen, daß sich Peter entschlossen hatte, alles auf eine Karte zu setzen. Es war eine demonstrative Geste, die die Spinne ihres effektivsten Verteidigungsmittels beraubte.
    Mankov blickte auf. »Yahiro bleibt in Deckung!« wies er an, und einen Augenblick lang spürte sie Genugtuung darüber, daß er zu seinem normalen Tonfall zurückgefunden hatte. Und dann: »Wir beide steigen aus, Toria!«
    Obwohl sie die Angst wie eine heiße Welle spürte, gehorchte sie, als hätte sie keinen eigenen Willen mehr. Ein seltsamer Nebel lag über ihrem Bewußtsein. Sie erhob sich und schloß mechanisch die Helmscheibe. Das Innenschott der Schleuse glitt in die Aussparung. Sie traten gleichzeitig in die Kammer. Ihre Schultern berührten sich in der Enge, rieben sich aneinander, und sie meinte hinter der doppelten Schicht der Skaphander die Wärme von Peters Haut zu spüren, ein Gefühl, das sie als angenehm und beruhigend empfand.
    Als die Innenklappe in den Falz rastete, legte ihr Peter Mankov mit einer plötzlichen Bewegung den Arm um die Schultern und zog sie an sich. Das war für sein bisheriges Verhalten so ungewöhnlich, daß sie erstarrte, einen kurzen Moment lang, einen Moment, dessen absolute Passivität sie gleich darauf bedauerte. Doch als sie sich besonnen hatte, begann sich das Außenschott bereits zu öffnen, und Peter nahm den Arm von ihrem Nacken. Sie sah sein Gesicht hinter der Helmscheibe, ruhig und gesammelt, und sie sagte sich, daß nichts geschehen war.
    Der schmale, waagerechte Spalt, durch den grüngelbes Licht hereindrang, verbreiterte sich schnell und weitete sich zum Panorama. Es war, als öffnete sich vor ihren Augen ein Vorhang, der bisher ein geheimnisvolles Gemälde verdeckt hatte, ein ungewöhnliches, unirdisches Bild, das ausschließlich in matten Farben gemalt war. Im Hintergrund zog sich der Waldrand hin wie eine breite hellgelbe Borte über einem bleichgrünen Teppich, und der Himmel hinter der Baumborte war fast weiß mit einem

Weitere Kostenlose Bücher