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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Und dann abermals nur die Stille des Abends um sie her.
    Da sahen sie sich an, wortlos und blinzelnd, und als nichts mehr geschah, hockten sie sich wieder auf den kurzen Bewuchs, streckten sich aus und harrten auf das Sirren, das ihnen den Beginn der Mahlzeit verkünden würde.
     
     
5
     
    MAARA DOY, geboren in Eugene/Oregon, Medford University, Biologin, Forschungsarbeit im Haston Center, Chefassistentin Professor Hastons in Haston Base, Berufung als Genetikerin auf das Raumschiff Känguruh 2.
     
    Sie lehnte sich weit im Sessel zurück und verschränkte die Hände im Nacken. Ihr Blick verlor sich an der Decke der Zentrale zwischen mattgrauen Einschüben, Bildfenstern, Anzeigen und Armaturen. Sie kannte nicht viel von diesen Dingen, für ihre Begriffe bildete all das ein heilloses Durcheinander, und manchmal bewunderte sie die Piloten und Navigatoren, die sich anscheinend ohne einen orientierenden Blick zurechtfanden, die Schalter bedienten, Regler und Taster hin- und herschoben oder per Knopfdruck Reaktionen innerhalb der gewaltigen Maschinerie des Schiffes auslösten, von denen nicht selten Wohl und Wehe der gesamten Besatzung abhingen.
    Seit sie auf die Kreisbahn des Orbitalkurses eingeschwenkt waren, fühlte sie sich unausgelastet, und seit Brian, Lannert und die anderen unterwegs waren, kam sie sich überflüssig vor, mehr noch, sie empfand sich als Ballast. Und das in doppelter Hinsicht. Einmal, weil sie die meiste Zeit hier an Bord nur herumsaß, und zum anderen, weil sie längst nicht mehr überzeugt war, daß ihre Entscheidung, auch weiterhin für Brian zu arbeiten, zu den positiven Entschlüssen ihres Lebens zu zählen war. Sie konnte den Tod der kleinen Krankenschwester nicht vergessen, und sie kam einfach nicht über den Gedanken hinweg, Blossom oder Moreaux könnten ihre Hände im Spiel gehabt haben.
    Sie hätte irgendeine andere Aufgabe übernehmen sollen, eine, die den ganzen Menschen forderte, und wäre es auch eine gewesen, die nichts mit ihrer Ausbildung zu tun gehabt hätte. Nur eben eine, die ihr keine Zeit gelassen hätte, über das eigene Leben nachzudenken. Denn das war es, was sie als unbefriedigend empfand, das Resümee ihres bisherigen Lebens, die Zwischenbilanz. Und dabei hatte doch alles so vielversprechend begonnen.
     
    Wenn man die Schule mit hervorragenden Noten abgeschlossen hat, wenn man sogar die meisten männlichen Mitstudenten hinter sich gelassen hat, dann fühlt man sich in gewisser Weise als besonderer Mensch.
    Wenn einem dann noch eine Stelle im Institut für angewandte Genetik und Physiologie angeboten wird und dann überdies sogar in der Arbeitsgruppe des weithin berühmten Haston, dann kann es kaum ausbleiben, daß man in Hochstimmung gerät, in eine fast euphorisch zu nennende Verfassung, die einen dazu bringen könnte, fremde Menschen auf offener Straße zu umarmen, einfach, weil man sie ein wenig teilhaben lassen möchte an dem Wunder, das einem widerfahren ist. Man kann es eigentlich gar nicht fassen, und man fragt sich, weshalb sich das Glück ausgerechnet so entschieden hat und nicht anders.
    Aber hat es je etwas weniger Beständiges gegeben als das, was wir Glück nennen?
     
    Als sie Hastons Büro betritt, erhebt er sich. Haston ist kein Mann, dem sie unter anderen Bedingungen besondere Beachtung geschenkt hätte. Sie schätzt ihn auf knapp Fünfzig. Haston ist relativ klein, einen halben Kopf kleiner als sie, und er scheint ein wenig unzufrieden mit seiner nicht eben stattlichen Erscheinung. Sie schließt das aus der Tatsache, daß er sich augenscheinlich um eine straffe Haltung und einen durchdringenden Blick bemüht, eine Kombination, in die auch sein etwas dürftiger Oberlippenbart paßt. Sie weiß, daß das keine sehr freundlichen Gedanken sind, aber sie ist gewöhnt, scharf und genau zu beobachten.
    Nach der ersten Viertelstunde hält sie Haston für einen Karrieristen und nach der zweiten für einen Besessenen, was ihrer Auffassung zufolge einen erheblichen Sympathiegewinn bedeutet. Besessenheit ist für sie eine der Grundlagen für außergewöhnliche Leistungen. Von diesem Augenblick an beginnt sie den Ausführungen Hastons mit Interesse zu folgen.
    »Sehen Sie, Kindchen«, sagt er, ohne auf ihren verweisenden Blick zu achten. Sie mag es nicht, wenn man sie in dieser Weise herabsetzt, und sie nimmt sich vor, aufzustehen, wenn er noch einmal »Kindchen« zu ihr sagen sollte, ihm zu beweisen, daß ihn das kleine Mädchen um einen halben Kopf überragt. Das

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