Das verhaengnisvolle Rendezvous
ich mich nicht auf der Stelle in Sie verliebe.« Sie lachte und bemerkte, dass sie sich tatsächlich etwas entspannt hatte. »Na ja, dagegen sind wir wohl beide bestens gefeit. Wie kommt’s, dass Sie Ihr halbes Leben in Feuerwehrautos verbracht haben?«
»Sie haben doch längst Ihre Ermittlungen über mich angestellt. Dann müssen Sie das auch wissen.« Lässig hob er seine Hand und strich sanft mit einem Finger über ihr Haar. Weich, dachte er, und schimmernd wie Seide.
»Das mit den Ermittlungen stimmt.« Sie lehnte sich zurück. »Doch das Warum will ich von Ihnen persönlich wissen.«
»Okay, wir sind quitt. Also, ich bin Feuerschlucker in der dritten Generation. Es liegt meiner Familie anscheinend im Blut.«
»Mmmmh …« Sie verstand. »Doch irgendwann haben Sie’s aufgeben.«
»Nein, ich hab nur einen anderen Gang eingelegt. Das ist alles. Aber Sie wissen ja, wie das ist, seiner Leidenschaft entkommt man nicht.«
Sie vermutete, dass dies nicht ganz die Wahrheit war. »Warum bewahren Sie dieses Andenken auf Ihrem Schreibtisch auf?« Natalie sah, wie er kurz die Lippen zusammenpresste und die Augen schloss. »Diesen Puppenkopf«, ergänzte sie.
»Er stammt aus meinem letzten Feuer.« Ry erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen – die unerträgliche Hitze, die dichten Rauchschwaden, die Schreie. »Ich brachte das Mädchen raus. Die Tür zum Schlafzimmer war verschlossen gewesen. Ich vermutete, dass er seine Frau und das Kind eingesperrt hatte. Wenn du nicht mit mir leben kannst, kannst du erst recht nicht ohne mich leben, so auf die Tour, verstehen Sie. Er hatte ein Gewehr. Es war nicht geladen, doch die Frau wusste das nicht.«
»Wie entsetzlich.« Sie überlegte, ob sie, wenn sie an der Stelle der Frau gewesen wäre, es riskiert hätte, erschossen zu werden. Wahrscheinlich ja. Einen gezielten Schuss, schnell und endgültig, hätte sie einem qualvollen Tod in den Flammen mit Sicherheit vorgezogen. »Die eigene Familie.«
»Manche Burschen stehen einer Scheidung nicht gerade freundlich gegenüber. Sie können den Gedanken daran nicht ertragen.« Er zuckte die Schultern. Seine eigene war nicht besonders schmerzhaft für ihn gewesen, lediglich eine Umstellung. »Es war ein Holzhaus, schon ziemlich alt. Hat gebrannt wie Zunder. Beide zusammen, die Frau und das Kind, konnte ich nicht rausbringen. Die Mutter flehte mich an, ihre Tochter in Sicherheit zu bringen. Also rettete ich erst das kleine Mädchen.«
Seine Augen verdunkelten sich und fixierten etwas, das nur er sehen konnte. »Die Mutter kam im Feuer um. Ich sah es kommen, doch ich hoffte, dass ich noch eine Chance hätte, auch sie rauszuholen. Aber die Zeit reichte nicht mehr.«
»Sie haben das Kind gerettet«, sagte Natalie leise.
»Die Mutter hat es gerettet. Sie hat mit ihrem Leben bezahlt.«
Niemals würde er diese schreckliche Situation vergessen können. »Der Hundesohn, der das Feuer gelegt hat, sprang aus einem Fenster im ersten Stock. Ja, sicher, er hatte schwere Brandverletzungen, eine Rauchvergiftung und ein gebrochenes Bein. Doch er überlebte das Feuer.«
Die Erinnerung schmerzt ihn noch immer, erkannte sie und war erstaunt darüber, dass er so viel Mitgefühl empfinden konnte. Das hatte sie ihm nicht zugetraut. Es erschütterte das Bild, das sie sich bisher von ihm gemacht hatte. »Und nach dieser Erfahrung haben Sie sich entschieden, anstelle der Brände die Brandstifter zu bekämpfen?«
»Mehr oder weniger.« Als die Alarmglocke schrillte, hob er den Kopf wie ein Wolf, der eine Beute wittert. Augenblicklich füllte sich die Halle mit Leben, Rufe wurden laut, Befehle gebrüllt, Autotüren zugeschlagen, Motoren angelassen. Ry passte seine Stimmlage dem Getöse, das um sie herum herrschte, an. »Lassen Sie uns verschwinden. Wir sind nur im Weg.«
Rasch öffnete er die Wagentür, sprang hinaus und half Natalie herunter.
»Eine Chemiefabrik«, hörte sie einen Mann, der sich gerade seine Schutzkleidung überstreifte, einem anderen zurufen.
Kurz darauf war der Spuk vorbei, und die Tiefgarage still und menschenleer. Nur aus der Ferne vernahm sie noch das schrille Geheul der Sirenen.
»Dass das so schnell geht«, wunderte sich Natalie, und ihr Puls ging vor Erregung rascher als sonst.
»Ja.«
»Es ist aufregend.« Sie presste die Hand auf ihr Herz, das hart klopfte. »Das habe ich mir nie so vorgestellt. Vermissen Sie es nicht?« Sie sah ihn an und ließ die Hand sinken. Sie war über sich selbst erstaunt. Der
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