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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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mir von diesem Ort.«
    Er strich sich das nasse Haar zurück und setzte sich wieder neben sie.
    Mit einem rauen, narbigen Finger streichelte er seinem Sohn über den Arm und ließ ihn danach greifen.
    »Wir sind in Kin-Land«, sagte er. »Die Fischmenschen sind die Nachkommen des Volkes, das Manannan verwandelt hat. Kennt ihr die Legende in Tirga?«
    Tir lehnte ihren Kopf an seine Hüfte.
    »Vor langer Zeit lebten die Kinlender auf einer Insel jenseits des Sturmrandes. Aber Krim…« Er spürte ihr Nicken und erinnerte sich, was der alte Tarba gesagt hatte. »Krims Heimat war Vandar, und unter seiner Herrschaft waren die Vandarer mächtig. Krims Seeheer segelte nach Norden, und die Kinlender wussten, dass sie dem Angriff nicht gewachsen waren. Also beteten sie zu Manannan, dem Gott des Meeres. Sie baten ihn, sie zu retten. Und Manannan rettete sie.«
    »Indem er sie in Fischmenschen verwandelte.« Tir legte die Arme um das Kind. »Damit sie fliehen konnten.«
    Brans Hand ruhte auf ihrer Schulter. »Damit sie fliehen konnten.«
    Turvis grelle Stimme durchbrach die Stille. Die Männer lachten schallend, und Hagdar brummte etwas von Häuptlingspflichten und Wintergebräu.
    »Turvi und ich haben mit ihrem Häuptling gesprochen. Sein weiser Mann, N’Gama, sagt, er hätte bereits in der Zeit vor der Verwandlung gelebt, und er spricht unsere Sprache. Sie haben Krieger ausgesandt, um nach Nangor und den anderen zu suchen, aber sie haben nichts gefunden.«
    Tir sagte nichts darauf, aber sie streckte ihre Hand nach ihm aus. Er nahm sie zwischen seine Hände. Auch wenn der Sturm viele Leben genommen hatte, war dies dennoch eine Zeit der Freude.
    Da klopfte es auf der anderen Seite des Vorhangs an den Balken. Dielan räusperte sich. »Bruder«, sagte er. »Turvi ist ungeduldig. Er will das Neugeborene noch einmal sehen.«
    Bran lächelte. Der alte Turvi, der so unglücklich gestürzt war, als die Männer ihn im Sturm die Leiter hinunterstießen, ließ sich durch seine Schmerzen nicht aufhalten.
    »Turvi, Hagdar und ich sind hier. Dürfen wir reinkommen?«
    Tir legte Bran das Kind in den Arm und zog die Decke weiter nach oben. Dann blinzelte sie und nickte in Richtung Vorhang.
    »Na, kommt schon.« Bran setzte das Kind auf seinen Unterarm und stützte seinen Kopf mit der anderen Hand.
    Turvis weißbärtiges Gesicht tauchte neben dem Vorhang auf. Er grinste breiter, als Bran ihn jemals hatte grinsen sehen. Dielan half ihm über den Querbalken, gefolgt von Hagdar. Der große Mann hielt einen Holzkrug in der Hand und hatte Breireste im Bart. Sein nackter Oberkörper glänzte vor Schweiß.
    Turvi kroch zu Bran und dem Kind, wobei er merkwürdige Stammellaute ausstieß, wie Männer es gerne tun, wenn sie mit Säuglingen reden.
    »Sieh sie dir an.« Hagdar legte seine schwere Hand auf Dielans Schulter. »Sieh dir an, wie stolz sie sind, Dielan. Du kannst es an ihren Augen sehen, sagt Linvi immer.«
    Brans Wangen glühten. Er sah Tir an. Sie streckte den Arm aus und streichelte dem Kind über den weichen Rücken.
    »Lasst einen alten Krüppel den Sohn des Häuptlings halten«, bat Turvi. Er hockte vor Bran auf dem Boden und streckte ihm seine zittrigen Hände entgegen.
    »Tir?« Bran sah sie fragend an. Sie drehte sich auf die Seite und ließ den Jungen nach ihrem Finger greifen. Dann bewegte sie den dünnen Arm auf Turvi zu. Der Einbeinige war wie verhext, als Bran ihm das Kind in die ausgestreckten Arme legte. Er sah dem Jungen fasziniert ins Gesicht und hielt ihn ganz fest.
    »Ulv…« Er wiegte den Kopf und lachte, als der Junge ihn am Bart zupfte. »Wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe. Lange, lange…«
    »Er fragt sich, was du wohl für einer bist«, sagte Hagdar grinsend und hockte sich neben den Alten. »Sieh nur, wie er zugreift. Sollte mich nicht wundern, wenn er mal ein genauso tüchtiger Speerwerfer und Bogenschütze wie sein Vater wird.«
    Nun gesellte sich Dielan ebenfalls zu den anderen und zupfte Turvi am Hemd, weil er den Kleinen auch mal halten wollte. Widerstrebend gab Turvi den Kleinen an Dielan weiter. Dielan, der den Umgang mit Kleinkindern gewohnt war, wiegte ihn hin und her.
    »Er ist größer, als Konvai bei seiner Geburt war.« Er sah dem Jungen in die Augen. »Und er hat deine Augen, Tir.«
    Tir zog die Decke fester um sich. Bran half ihr, dass sie sich aufsetzen konnte.
    »Ein paar Winter noch, und dann spielen sie wie Fuchsjunge zusammen.« Dielan lachte, als der Junge begann, an seinen

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