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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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die Schwingen des Himmelsvogels nur durch Blitze gefährdet waren. Jedes Mal, wenn es über dem Atoll krachte, lauschten sie, ob sie nicht das Geräusch von Feuer hörten. Doch kein Blitz schlug in die Schiffe ein und der Turm des Atolls wurde von der Wut der Götter verschont.
     
    Erst beim Morgengrauen hörte der Regen auf. Hagdar kletterte über die Leiter nach oben und schob den Riegel zur Seite, ehe er die Luke öffnete und das Sonnenlicht durch die Balken hereinscheinen ließ. Die Menschen des Felsenvolkes schlugen die schweißnassen und klammen Decken aus und kletterten wie Tiere nach dem Winterschlaf an Deck. Sie sahen die Sonne zwischen den dahinhastenden Wolken, spürten den Südwind und wussten, dass es an der Zeit war, ihre Reise fortzusetzen.
     
    Die Frauen trugen die Decken nach oben und ließen sie über der Reling trocknen. Hagdar und Kaer nagelten die Deckel auf die bis zum Rand gefüllten Wassertonnen. Bran und Dielan klopften die Beschläge von dem gebrochenen Mast, denn wenn sie weiter rudern wollten, galt es, allen unnötigen Ballast über Bord zu werfen. Die Wassertonnen wurden unter Deck getragen und an den Balken festgezurrt und Nangor rief Nosser, Taran und den Tirganern seine Befehle zu.
    Die Sonne brannte auf ihren bloßen Rücken, als Queya vom Landgang nach unten sprang und Bran seine merkwürdigen Worte zufauchte. Dann trat er zur Seite und machte Platz für seine Krieger, die Tonnen und Bündel mit Trockenfisch herantrugen. Sie hatten Wasser und Nahrung für viele Tage. Dann streckte Queya seinen Arm zu einem alten Kelsschiff am anderen Ende des Atolls aus. Dort waren die Kinlender dabei, die Stagen am Mast zu kappen.
    Später am Tag wurde der Mast zu Brans Langschiff herübergeschleppt. Mit Hilfe von Queyas Kriegern zogen die Männer den gebrochenen Mast aus dem Deck. Bran und Nangor warfen Taue zu den Kinlendern hinab, die diese um den neuen Mast schnürten. Danach spannten Queyas Krieger ihre breiten Rücken und hievten den schweren Stamm über die Reling. Nangor und Hagdar sahen zu, als die Stagen an der Mastspitze befestigt wurden. Die Kinlender schwammen mit einem verwitterten Querbaum aus dem Wrack eines Vandarschiffes herüber, und Kin-Mars Frauen sammelten die besten Segeltücher und Haihäute zusammen und begannen mit Knochennadeln und Sehnen ihre Arbeit.
     
    Bei Tagesanbruch hatte Hagdar die alten Nägel aus dem gebrochenen Mastfuß geschlagen und Nangor hatte den Querbaum mit ein paar alten Rudern verstärkt. Die Kinlenderfrauen waren mit dem Segel fertig geworden, und jetzt lag es ausgebreitet wie ein riesiger Flickenteppich aus Fischhäuten und gebleichten Segeltüchern an Deck. Die Männer des Felsenvolkes und Queyas Krieger versammelten sich an den Stagen, und gemeinsam richteten sie den Mast auf. Er schob sich knirschend langsam in das Loch und rutschte dann in die eiserne Verankerung unten im Kielbalken. Während die Männer die Stagen strafften und darauf achteten, dass der Mast senkrecht stand, nagelte Hagdar die Beschläge am Mastfuß fest. Orm und Gorm ließen den Querbaum herab, und Bran knotete das Segel mit den Riemen fest, die die Kinlenderfrauen am oberen Segelrand festgenäht hatten. Schließlich zogen Orm und Gorm den Querbaum wieder hoch und Hagdar straffte das Tau, das das Segel reffte.
    Den Rest des Tages verbrachten Bran, Dielan und Nangor damit, auf dem Schiff herumzulaufen und Tauwerk und eiserne Halterungen zu überprüfen. Bran wusste, dass es keines Häuptlings bedurfte, um seinem Volk zu sagen, dass sie nicht bei den Kinlendern bleiben konnten. Das neue Land wartete im Norden. Der Wind stand günstig, die Wassertonnen waren gefüllt und die Menschen guten Mutes.
     
    Als sich das Dunkel der Nacht über das Atoll senkte, kamen zwei von Queyas Kriegern zum Langschiff. Sie winkten Bran zu sich und nannten den Namen des Königs. Bran ging unter Deck, suchte seine beste Decke heraus und folgte ihnen damit. Sie führten ihn über Flöße und Decks und über Brücken, auf denen riesige Muscheln silbrig im Mondlicht glänzten. Als die Kinlender ins Wasser glitten, zog er Hemd und Stiefel aus, knüpfte sich die Decke um die Hüften und sprang hinter ihnen ins Wasser. Es war ein seltsames Gefühl, den schuppigen Kriegern schwimmend zu folgen. Er spürte die Nähe Der Mächtigen in der Tiefe unter sich und erwartete beinahe bei jedem Beinschlag, in die Tiefe gezogen zu werden. Dennoch fürchtete er sich nicht, denn das Meer umgab ihn und seufzte friedlich

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