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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Mit diesen Worten reckte der Einbeinige den Hals und spähte zum Wald, denn er fragte sich, ob das nicht Waldteufel gewesen waren, die vorhin so gebrüllt hatten.
    Das Gezeitenwasser zog sich langsam zurück. Die Schiffe blieben auf dem Trockenen liegen. Nangor kletterte von Bord, um den Rumpf auf Schäden zu untersuchen, und Bran tat es ihm gleich. Er schabte mit dem Messer über die Bordwand und stocherte in den Ritzen, in denen sich Algen festgesetzt hatten. Der Kielbalken hatte sich tief in den Sand gegraben, und Bran war froh darüber. So wie Turvi das Schiff durch die Schären gelenkt hatte, war er wahrscheinlich zerfetzt wie ein Stück Birkenrinde. Und jetzt konnte er sowieso nichts daran ändern.
    Nangor kam und legte einen Arm um Brans Schulter. Der Seeräuber machte sich Sorgen und erzählte, dass Velar einen Tag, nachdem Bran ihnen den Wasserschlauch gegeben hatte, einen weiteren Wasserschlauch gefunden habe, der unter ein paar Fellen verborgen gewesen sei. Er habe ihn zwischen den Männern und Frauen geteilt, wobei er vor allen Dingen die Kinder reichlich bedacht habe. Die Tirganer priesen ihn für seine Tat und waren überzeugt, dass er sie vorm Verdursten gerettet hätte. Aber Nangor glaubte nicht, dass Velar den Wasserschlauch zufällig gefunden hatte. Der Blonde musste ihn versteckt haben, als noch genügend Wasser vorhanden war, um ihn später einzusetzen und die Männer auf seine Seite zu ziehen.
    Bran blickte zu Nangors Langschiff, aber Velar war nirgends zu sehen. An dem Vorfall war nichts mehr zu ändern – im Grunde genommen war er fast froh darüber, dass Velar einen Wasserschlauch versteckt hatte. Zwei Messer und Storm hatten das Gleiche getan, und der Wasserschlauch hatte seinen Leuten das Leben gerettet und ihnen die nötige Kraft gegeben, das Schiff an Land zu rudern. Er konnte Velar nicht für eine Tat bestrafen, die letztendlich Gutes bewirkt hatte. Genau das sagte Bran auch zu Nangor, und der Seeräuber nickte. Dann drehte er sich um und kletterte an Bord seines Schiffes.
    Bran blieb zurück und schaute aufs Meer hinaus. Vor der Bucht war das Wasser aufgewühlt. Die Baumkronen schwankten im Wind. Es frischte auf.
    Als er die Strickleiter an der Bordwand hinaufkletterte, hallte das dämonische Lachen wieder über den Wald, diesmal weiter entfernt. Bran kletterte an Deck und zog die Strickleiter ein. Er schlug den Umhang fester um sich und kletterte durch die Luke nach unten. In der Feuerstelle war noch Glut. Jetzt, wo sie genügend Holz hatten, brauchten sie nicht zu sparen. Der Einbeinige war neben dem Feuer eingeschlafen und schnarchte wie ein betrunkener Kretter mit dem Kinn auf der Brust. In der einen Hand hielt er die alte Fischhaut mit den mansarischen Zeichen.
    Bran hockte sich neben ihn und nahm dem Alten die Karte behutsam aus der Hand. Die Schriftzeichen waren anders als die, die Turvi auf seinen Pergamenten verwendete, ganz davon abgesehen, dass auch diese Zeichen für Bran unverständlich waren.
    Er erinnerte sich noch lebhaft an den Tag, als Turvi zu ihnen gekommen war und seinen Vater gefragt hatte, ob er seinen beiden Söhnen Schreiben und Lesen beibringen dürfte. Sein Vater hatte nur gelacht und geantwortet, dass Schrift eine Lehre für Krüppel sei.
    Bran legte die Karte zurück in die Hand des Alten. Turvi hatte oft davon gesprochen, einem der Jungen das Schreiben beibringen zu wollen. Und jetzt wusste Bran, dass sein Vater damals gelogen hatte. Schrift war die Lehre der Mächtigen. Sowohl Arborgs als auch Tirgas Skerge waren schriftkundig.
    Bran ging an den Ruderbänken entlang, und als er neben Tir unter die Decke schlüpfte, sah er in das kleine Gesicht, das an ihrer Schulter schlief. Wenn Ulv alt genug wäre, würde er Turvi bitten, ihn das Geheimnis der Zeichen zu lehren.
     
    Am nächsten Morgen versammelte sich das Felsenvolk am Strand vor den Langschiffen, um zu beratschlagen, wie es weitergehen sollte. Die Frauen hielten ihre Kinder fest, weil sie nicht wollten, dass sie in den Wald liefen, in dem die lachenden Ungeheuer lauerten.
    »Freunde!« Turvi trat vor und hob den Arm. »Brans Träume haben uns an diesen Ort geführt. Wir haben Äpfel und Riesenbeeren gefunden und Wasser, das unseren Durst gelöscht hat. Wir wollen nie wieder an ihm zweifeln!«
    »Es lebe Bran!« Hagdar hob die Faust über den Kopf und die übrigen Männer wiederholten seinen Ruf. Nur Velar, Orm und einige Tirganer traten in den Sand und sahen weg.
    »Lasst uns bestimmen, was wir jetzt

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