Das Verheissene Land
machen, solange wir noch satt und bei Kräften sind.« Turvi winkte Bran zu sich. »Wir haben alles Regenwasser aus dem Wasserloch geschöpft, aber es ist nicht genug, um uns mehr als ein paar Tage vor dem Durst zu bewahren. Sollen wir weiterrudern oder uns ins Landesinnere begeben, um Wasser zu suchen?«
»Das ist schlechtes Land!« Nosser schlang seinen Umhang fester um sich und spähte zum Wald. »Wir wollen weiter!«
»Weiter!« Ken legte den Arm um Narie. »Ich schließe mich Nosser an. Verlassen wir diesen Ort. Da drinnen hausen Dämonen. Narie und ich haben sie heute Nacht gehört.«
Da stellte Nangor sich neben Bran und Turvi. Er grinste und schüttelte den Kopf. »Wenn ihr weiter wollt, dann ohne mich.« Er nickte Richtung Meer. »Da braut sich ein Unwetter zusammen.«
Die Männer sahen zum Meer. Die Wellen waren über Nacht größer geworden und zeichneten lange Schaumstreifen auf das Wasser. Nangor hatte bewiesen, dass er ein guter Seemann war, auf sein Wort war Verlass.
»Vielleicht sollten wir tatsächlich noch warten.« Nosser fasste sich an den grauen Bart. »Wir wissen nicht, wie dieses Meer sich verhält, wenn ein Unwetter kommt.«
»Aber irgendwer muss nach Wasser suchen.« Linvi stieß Hagdar in die Seite. »Wir können nicht einfach nur hier sitzen und warten. Irgendwo da drinnen muss es doch einen Bach geben.«
Die Leute vom Felsenvolk nickten zustimmend. Einen Wald ohne Bach hatte noch keiner von ihnen gesehen. Die Männer wechselten Blicke, aber keiner ergriff das Wort. Sie rechneten jeden Moment damit, dass wieder ein Brüllen erscholl, und dachten an die Geschichten, die Turvi ihnen an langen Winterabenden erzählt hatte. Selbst die Tirganer, die es gewohnt waren, gegen das verfeindete Volk in Vandar zu kämpfen, fürchteten diesen fremden Ort. Sie blieben bei ihren Frauen stehen und starrten zwischen ihren Stiefelspitzen zu Boden. Storm und Zwei Messer schauten mit zusammengekniffenen Augen zum Waldrand.
»Feige wie Bärenjunge seid ihr!« Turvi spuckte in den Sand. Dann drehte er sich zu Bran um. »Du hast mehr fremde Länder gesehen als irgendeiner von uns, Häuptling. Und die Tirganer loben deinen Mut, den du während des Krieges bewiesen hast.«
Bran griff sich an die Stirn. Er wusste, was Turvi damit sagen wollte. Er, Bran, war der Häuptling des Felsenvolkes. Er war derjenige, der Wasser für sie finden musste.
»Das kann Tage dauern.« Bran sah Tir an, die mit dem in eine Decke gewickelten Kind unter der Reling stand. »Die Bäche könnten ausgetrocknet sein. Möglicherweise muss ich weit ins Landesinnere wandern.«
»Bestimmt gibt es einen Pfeilschuss von hier entfernt einen Bach.« Hagdar zuckte mit den Schultern. »Ich werde dich begleiten, Bran.«
Linvi packte den großen Mann am Hemd und hielt ihn fest. Bran musste an das letzte Mal denken, als Hagdar gesagt hatte, dass er Bran folgen wollte. Die Schlacht in Aard hätte ihn beinahe das Leben gekostet.
Bran kletterte an Bord und suchte Speer, Bogen und einen Pfeilköcher zusammen. Tir beobachtete ihn beim Packen. Sie sagte nichts, sondern stand einfach nur mit dem Kind auf dem Arm da. Bran hängte sich ein paar leere Wasserschläuche über die Schulter. Mehr würde er nicht zurücktragen können. Falls er Wasser fand, müssten die anderen den gleichen Weg noch einmal gehen, um die restlichen Schläuche aufzufüllen.
»Ich bin vor Sonnenuntergang zurück«, sagte Bran, als er den Fellumhang zusammenrollte. »Mach dir keine Sorgen um mich. Hier ist niemand außer uns.« Er zog einen Lederriemen durch die Fellrolle und hängte sich das Bündel auf den Rücken.
»Bis Sonnenuntergang.« Er legte sein Gesicht in ihre Halsbeuge. »Spätestens bis morgen früh. Mit frischem Wasser für euch beide.«
Tir reichte ihm das Kind, damit sie die Leiter hochsteigen konnte. Bran hielt Ulv vor sich und blickte in das winzige Gesicht. Die Züge wurden mit jedem Tag deutlicher. Er erkannte sich selbst in seinem Sohn wieder, aber dennoch war ihm das Kind nach wie vor eigenartig fremd. Nach seiner Rückkehr würde er Tir fragen, ob es normal war, dass er sich so fühlte. Jetzt war keine Zeit für so etwas.
Als er das Deck betrat, rief Dielan ihm etwas zu. Er stand mit einem Speer in der Hand und dem Bogen über der Schulter am Waldrand. Gwen reichte ihm gerade einen halb vollen Wasserschlauch und legte den Wollumhang über seine Schultern. Bran lächelte. Er musste also doch nicht alleine gehen.
Der Wald schien ihnen noch dunkler
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