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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Auge blitzte auf, als der eine Krieger seinen Bogen senkte. Bran erkannte ihn wieder. Es war Zwei Messer, der Einäugige.
    Bran schwankte zum Fuß des riesigen Felsens. Er konnte kaum glauben, dass es seine alten Krieger waren, die dort oben standen.
    »Bist du verletzt?« Hagdar zog den Speer aus dem Gürtel und sprang vom Felsen. Er drückte Bran an seine Brust und legte seine kräftigen Arme um ihn. Bran spürte seine Hände auf dem geschwollenen Rücken. Hagdar fluchte. Storm, Zwei Messer und Virga scharten sich um sie, und Virga drückte seinen Umhang auf Brans Wunden.
     
    Dielan rief sie auf den Felsblock, weil die Roten noch immer in den Schatten der Schlucht lauerten. Hagdar und die Tirganer machten große Augen, als sie die Waldgeister sahen, aber Hagdar, der älter war als Bran und Dielan, erinnerte sich schnell wieder an sie. Storm und Zwei Messer setzten sich in den hintersten Winkel unter dem Steinvorsprung und ließen ihre Blicke schweigend zwischen den Waldgeistern und der Dunkelheit hin und her wandern.
    Loke bedankte sich mit knappen Worten bei den Kriegern, die die Waldteufel in die Flucht geschlagen hatten. Dann holte er kleine Leinenbeutel und getrocknete Farnblätter aus seinem Rucksack. Bran hatte sich neben dem Feuer auf die Seite gelegt, weil sein Rücken so brannte. Loke nahm ein Leinentuch und tränkte es mit dem Rest des Borkentranks. Dann bat er die Männer, Bran festzuhalten, und ehe Bran begriff, wie ihm geschah, drehten Hagdar und Dielan ihn auf den Bauch. Loke drückte das Leinentuch auf die Schnittwunden und begann zu singen. Vielleicht tat er das, um Brans Schreie zu übertönen, denn als Bran den Borkentrank in den Wunden spürte, schrie er, wie er noch nie zuvor geschrien hatte. Aber Loke ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und säuberte die Schnitte auf Brans Rücken, Armen und Beinen. Danach legte er getrocknete Farnblätter auf die Wunden und verband das Ganze mit Streifen des zerfetzten Hemdes. Als er fertig war, setzte er den Krug an die Lippen und trank die letzten Tropfen des Gebräus.
    Hagdar und die Tirganer hatten Äpfel und getrockneten Fisch dabei, von dem Dielan gierig aß. Bran bekam ebenfalls ein Stück Fisch in die Hand gedrückt, aber er war zu erschöpft zum Essen. Die Stoffstreifen spannten über seinem Brustkorb, und die Wunden unter den Farnblättern brannten. Der Schmerz erinnerte ihn an den Krieg, und wenn er die Augen schloss, erklang das Jammern der Verletzten und Sterbenden in seinem Kopf. Darum hielt er sich wach. Und so lag Bran den Rest der Nacht im Dämmerlicht der schwelenden Glut und lauschte den Stimmen der Männer. Er selbst sagte nichts. Seine Füße lagen hinter Storms Rücken, der über die Feuerstelle gebeugt dasaß, so dass die Glut Schatten in sein rotfleckiges Gesicht malte. Gleich neben ihm saß Zwei Messer mit seinen beiden Kurzschwertern auf den Knien. Die beiden Brüder waren grimmig und stumm, als trauten sie den kleinen Waldgeistern nicht. Hagdar und Dielan unterhielten sich leise mit Loke, und Hagdar erzählte, wie sie die Felswand abgesucht hatten, bis sie endlich diese Schlucht fanden. Sie hatten gerade Anstalten gemacht, ihr Nachtlager aufzuschlagen, als das Gebrüll der Dämonen erschallte und Kampfgeräusche die Schlucht erfüllten. Dielan zeigte in die Dunkelheit und erzählte von dem Berg und dem Land auf der anderen Seite der Schlucht, während Loke mit dem Speerschaft Linien in die Asche malte. Bul und Bile hatten Vile das Blut von der Stirn gewaschen, aber weil die Wunde nicht tief war, ließen sie sie so, wie sie war. Loke erklärte, dass er gern genäht hätte, aber da Vile ein Hasenfuß sei und Angst vor der Knochennadel habe, müsse er eben mit einer Narbe vorlieb nehmen. Und Narben könne er gebrauchen, meinte der Weißbärtige, ansonsten hätte Vile nämlich wenig, womit er prahlen könne.
    Virga war der Einzige der Tirganer, der mit den Waldgeistern sprach. Er fragte sie, woher sie kamen und von welchem Volk sie abstammten, aber Loke hatte auf alle Fragen nur eine Antwort. »Wir kommen aus dem Westwald«, sagte er. »Wir sind Wächter über die Bäume und alles, was wächst.«
     
    In der Morgendämmerung sammelten die Männer und Waldgeister Felle, Umhänge, Rucksäcke und Waffen zusammen und machten sich zum Aufbruch bereit. Virga entdeckte Brans Jagdmesser am Fuß des Felsblocks und steckte es ihm in die Scheide. Hagdar meinte, dass sie, noch ehe es Mittag würde, den Wald erreichen könnten. Dann schaute

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