Das Verheissene Land
gefunden und war bereits beim ersten Morgengrauen auf dem Schiff gewesen. Er hatte die Bronzeschilde aus der Deckkammer geholt und sie an die Reling gehängt. Er hatte jedes einzelne Tau überprüft und die Riemen über die Ruderbänke gelegt, so dass niemand danach suchen musste, wenn die Wellen sich des Schiffsrumpfes annahmen. Der Mast war vor drei Tagen aufgerichtet worden und das Segel hing zusammengeschnürt unter dem Querbaum. Das Steuer war geölt und mit Harz bestrichen und die Tirganer hatten die Anker ausgegraben und die Ketten gelöst. Die Tigam war bereit für das Meer.
Bran trat an den Bug und Dielan, Kaer und Ken warfen die dicken Taue zu ihm empor. Bran band sie um den Bugsteven und warf sie zurück. Sie legten sich die Taue um die Unterarme und wateten ins Meer hinaus.
Bran kletterte über die Reling und sprang in den Sand.
»Zieht an!« Er stemmte sich mit dem Rücken gegen den Schiffsrumpf und drückte seine Füße in den Sand. Die Taue strafften sich und knirschten am Bugsteven.
»Legt euer ganzes Gewicht in die Taue, Männer!« Turvi, der auf seine Krücke gelehnt dagestanden hatte, humpelte zu Bran vor und schob mit einer Hand.
Bran holte tief Luft und presste seine Hacken in den Sand. Mit all seiner Kraft drückte er mit dem Körper nach hinten.
»Sie bewegt sich, Männer!« Turvi ließ seine Krücke fallen und legte beide Hände an den Schiffsrumpf. »Gebt alles, jetzt! Zeigt, dass ihr das mächtige Volk von Kragg seid!«
Es knirschte unter dem Rumpf. Das Schiff zitterte. Die Männer brüllten wie Tiere, und Bran brüllte mit ihnen. Mit einem Ruck löste sich das Schiff von dem steifgefrorenen Sand unter dem Kielbalken. Bran drehte sich um und legte seine Brust gegen das Schiff und die Männer holten eine Armlänge Tau ein.
»Noch eine Länge!« Bran fletschte die Zähne. Das Schiff glitt noch eine Armlänge weiter in die Wellen hinein.
»Sie löst sich vom Eis!« Turvi hinkte hinterher und drückte, so fest er konnte. »Noch ein bisschen, dann wird sie von den Wellen angehoben.«
Bran brauchte sich nicht mehr mit den Füßen in den Sand zu stemmen, denn jetzt glitt das Schiff langsam und gleichmäßig aufs Meer hinaus. Die Männer zogen Armlänge auf Armlänge ein und er spürte bereits, wie die Wellen mit dem Achterende des Schiffes spielten.
»Du musst sehen, dass du an Bord kommst, Bran! Du musst ans Steuer und…« Turvi stürzte in den Sand, hustete und lachte. »Kümmere dich nicht um mich! Ich komm schon aus eigener Kraft bis zum Hafen!«
Bran hastete zur Krücke zurück. Seit Ende des Krieges hatte der Einbeinige jeden Abend über das Wassern des Schiffes gesprochen, und Bran wollte ihn nicht wie irgendeinen Bettler zum Hafen humpeln lassen. Er warf die Krücke an Deck und half dem alten Mann zum Schiffsrumpf zurück. Dort hangelte er sich an einem Tauende hinauf, legte einen Arm um die Reling und zog sich an Deck. Gleich darauf warf er das Tau an der Steuerbordseite wieder nach unten. Turvi wickelte es sich um den Unterarm, und als er erneut stürzte, wurde er von Bran wie ein Fisch an Bord gehievt. Er wartete, bis er sich an der Reling aufgerichtet hatte, ehe er ihm die Krücke gab und zur anderen Seite des Schiffes hinüberrannte.
»Kommt an Bord!« Er stellte sich an den Achtersteven und richtete das Steuer aus, denn die Tigam war im Begriff, quer zu den Wellen zu driften. »Kommt an Bord! Ich brauche Männer an den Rudern!«
Dielan kletterte zuerst über die Reling. Er reichte Ken den Arm, der sich durchnässt und zitternd auf das Deck wälzte. Nosser fluchte, während er am Bugsteven über die Reling kletterte, und Orm schüttelte seine langen, schwarzen Haare und zog sich sein nasses Hemd aus.
»An die Ruder!« Bran legte sein Gewicht gegen das Steuer und zwang das Achterende des Schiffes über eine weitere Welle.
»Tut, was euer Häuptling sagt!« Turvis Stimme war heiser und zittrig und er vermochte seine Begeisterung kaum zu verbergen. »Lasst uns dieses Schiff in die Wellen hinaussteuern, Freunde!« Er winkte mit der Hand über dem Kopf. »Lasst es uns in Beravs Land rudern, auf dass er sieht, dass wir unsere Reise bald fortsetzen werden.«
Die Männer hasteten zur Luke und verschwanden unter Deck. Bran lehnte sich über die Reling. Die Ruder wurden wie die Beine eines riesenhaften Insekts durch die Löcher im Schiffsrumpf geschoben. »Rudert Steuerbord! Backbord gegenhalten!«, schrie Bran und blickte gespannt auf die Reihe der Ruder auf der Backbordseite
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