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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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bemerken. Denn jetzt strömte das Felsenvolk aus der Höhle. Cergan und Sortsverd fielen auf die Knie und dankten Cernunnos, und Virga starrte mit weit offenem Mund in das Land, in das sie gekommen waren. Kaer führte den Hengst über die Steine, während Orm und Gorm den Zugschlitten trugen. Bran lächelte Tir an. Er wollte sie küssen, doch Turvi hing schwer in seinen Armen. Tir sah ihn besorgt an.
    »Vater!« Kaer bahnte sich einen Weg durch die jubelnde Menge. Er hatte Turvi jetzt entdeckt und legte seine Hände um den bärtigen Kopf seines Vaters. »Was ist mit dir geschehen?« Kaer starrte Bran in die Augen. »Was ist geschehen, Bran?«
    Da kam Eyna. Sie legte eine Hand auf ihren zitternden Mund und knetete mit der anderen Turvis Faust.
    »Bran…« Turvi richtete seinen Blick auf ihn. »Setz mich auf ein Pferd. Führe uns weiter. Geleite mich ins Tal.«
    Bran tat, was Turvi gesagt hatte. Er schwieg, als die Menschen ihn fragten, was mit dem Einbeinigen geschehen sei, und erst als Turvi im Sattel der gelben Stute saß, wandte er sich an sein Volk und hob die Arme. Er sagte, Turvi sei erschöpft, dass aber ansonsten alles in Ordnung mit ihm sei. Der Einbeinige bäte sie, weiterzugehen.
     
    Das Felsenvolk folgte Turvis Worten. Sie schimpften ihre Kinder aus, die über wehe Füße und müde Beine klagten, und Bran nahm die Zügel des Hengstes und führte ihn auf die Hochfläche. Er beugte den Kopf unter dem brennenden Feuer in seinem Schädel und verfluchte die Klauen. Wie ein riesenhafter weißer Schild lag die Hochebene vor ihnen. Sie war vereist und vom Wind gepeitscht und das Felsenvolk schlug die Umhänge und Pelze dichter um sich. Zerklüftete Bergzacken umringten die Fläche in einem weiten Bogen von den schneebedeckten Bergen auf der einen Seite über die Felswand mit der Höhle bis zu den niedrigen Bergen auf der anderen Seite. Bran nahm Kurs auf diese Berge, denn irgendetwas sagte ihm, dass sie die Hochebene überqueren mussten, ehe sie zu dem Tal kamen. Er erinnerte sich schwach an ein Traumbild, in dem er ein Volk über eine Hochebene wie diese hatte wandern sehen. Bald würden sie am Ziel sein, dachte er. Doch vielleicht war das auch nur Wunschdenken, Bran wusste es nicht. Doch ihm war klar, dass er keine Zweifel zeigen durfte. Turvi vertraute ihm und erwartete, vom Häuptling in das Tal geführt zu werden. Bran blickte über die Schultern zurück. Der Alte saß mit gesenktem Haupt im Sattel.
     
    Es war eine eintönige Landschaft. Es gab keinen See, keine Bäche und auch keine Senken im Gelände, wo sie hätten Wasser holen können. Das Felsenvolk hatte noch immer ein paar Wasserschläuche, doch die Hochebene jagte ihnen trotzdem Angst ein. Sie konnten den Wind zwischen den Bergen heulen hören und glaubten, auf das Dach des Gebirges geraten zu sein. Die Wolken hingen schwer an den Berggipfeln. Orm meinte, dass sie über dem Himmel seien und dass Bran sie in das Reich der Götter geführt hätte.
    Das Felsenvolk richtete seine Blicke auf die Berge und den Himmel. Doch sie sahen keine Vögel und hörten keine Warnrufe von Hirschen. Das Land war tot und jeder Schritt und jedes Klagen der Kinder durchbrach die Stille, die sich über die Hochebene gesenkt hatte. Immer wieder sahen sie sich um, doch sie wussten, dass sie nicht umkehren konnten. Bran war jetzt ihre einzige Hoffnung.
     
    Als es dunkel wurde, hatten sie die Mitte der Hochebene erreicht. Bran legte einen Speer auf den Boden und richtete die Spitze auf die niedrigen Berge vor ihnen aus, damit sie nicht in der falschen Richtung weitergingen, wenn der nächste Tag anbrach. Er schirrte den Zugschlitten aus und breitete Felle auf dem Boden aus. Dann half er Turvi aus dem Sattel. Der Einbeinige stöhnte, als er ihn hinlegte. Bran erkannte, dass er Schmerzen hatte, doch Turvi wollte nichts davon hören. Der Einbeinige zog ein Pergament unter seinem Hemd hervor und streckte es Bran mit zitternden Fingern entgegen. Er brachte Bran dazu, Dielan zu rufen, und als sich dieser neben sie hockte, bat Turvi ihn, das Leder zu entrollen. Der Einbeinige deutete auf die seltsamen Zeichen und erklärte Dielan flüsternd, was sie bedeuteten. Bran verstand nur wenig davon, aber Dielan kratzte sich am Kopf und fuhr mit dem Finger über die Zeichen. Da lächelte Turvi und raunte ihm die Geheimnisse der Zeichen zu. Doch bald versagte seine Stimme und die Brüder erkannten, dass er Ruhe brauchte. Dielan gab ihm das Pergament zurück. Der Alte schob es wieder hinter

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