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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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eine Eisschicht. Die Äste der Eichen versteiften sich in der winterlichen Kälte. Als das Felsenvolk einen halben Mond im Tal war, zog ein Unwetter auf. Es war Nacht, als der Sturm losbrach und sie mit einem lauten Krachen weckte. Als sie aus ihren Hütten krochen, sahen sie, dass der Sturm eine der alten Eichen gefällt hatte. Sie hatte im Fallen das Dach der Erdhütte von Hagdars Familie mitgerissen, so dass Hagdar, Linvi und ihre Söhne bei Bran und Dielan Unterschlupf suchen mussten. Die Brüder hatten ein paar widerstandsfähige Birkenstämme zu einer niedrigen Hütte zusammengebunden und sie mit Moos und Erdplacken bedeckt. Wenn die Kinder um die Glut herum schliefen, sprachen die Männer über die Kälte, den Winter und das Tal, in das sie gekommen waren. Niemand konnte sagen, wie lange der Winter hier oben im Gebirge dauern würde. Die Säcke mit dem getrockneten Fleisch waren bald leer, aber bis jetzt hatte noch keiner von ihnen Hirsche oder anderes Wild gesehen. Trotzdem hatten sie entschieden, dass sich Bran und Dielan am nächsten Tag im Morgengrauen auf die Jagd machen sollten. Die übrigen Männer sollten Bäume fällen. Hagdar hatte gesehen, wie die Bermarer für ihre Häuser dicke Stämme miteinander verzahnten. So wollte das Felsenvolk es auch machen.
    Sie waren am nächsten Morgen zeitig auf den Beinen und stellten erleichtert fest, dass der Wind ein wenig nachgelassen hatte. Bran und Dielan waren schläfrig, weil sie lange auf gewesen waren und über ihre Jagdausflüge im Lanzengebirge gesprochen hatten. Das waren gute Erinnerungen, und jetzt würden sie also nach langer Zeit endlich wieder auf die Jagd gehen. Sie rollten warme Felle zusammen, legten ihre Umhänge um und füllten die Köcher mit Pfeilen. Tir reichte Bran das Bronzehorn, das Visikal ihm gegeben hatte, damit er Dielan warnen konnte, falls sie sich trennen müssten. Bran band sich einen Beutel mit trockenem Zunder und einem Feuerstein an den Gürtel, und beide Brüder bekamen ein Bündel mit getrocknetem Fleisch mit auf den Weg. Wasser brauchten sie keins mitzunehmen, da im Tal genügend Schnee lag.
    Hagdar rief die Männer aus den Hütten und Erdhöhlen und forderte sie auf, mit dem Fällen der Bäume zu beginnen. Zuerst wollten sie in der Mitte der Lichtung ein Langhaus bauen, in dem sie alle zusammen samt ihren Kindern und den beiden Pferden Schutz vor der Kälte suchen konnten. Mit der Zeit würden sie dann ein ganzes Dorf darum errichten.
    Bran und Dielan knoteten Lederriemen um die aufgerollten Felle und hängten sie über die Schultern. Dielan ging zu Gwen und Konvai, umarmte beide und strich Gwen durch die Locken. Konvai zupfte ihn am Umhang. Dielan musste lachen.
    »Bran.« Tir stand vor ihm. Sie war noch immer blass und hatte eingefallene Wangen, aber wenn Bran bedachte, wie schwach sie gewesen war, als sie das Tal erreichten, war er glücklich zu sehen, wie sie sich jeden Tag mehr erholte. Er legte seine Arme um sie und sog ihren warmen Duft ein.
    »Komm zurück zu mir«, bat sie ihn. »Du hast einen Sohn, der auf dich wartet, Bran.«
    Bran war sich dessen bewusst. Er hörte ihn in der Hütte jammern. »Einen hungrigen Sohn«, sagte er lächelnd. »Und eine hungrige Frau.« Er trat einen Schritt von ihr weg und hängte sich den Bogen über die Schulter. »Ich werde einen Hirsch für euch schießen. Ich werde gute Jagdgründe finden, und wenn Ulv erst groß genug ist, werde ich ihn mit auf die Jagd nehmen.«
    Damit verließ Bran Tir. Die Brüder liefen zwischen den Erdhöhlen entlang, wandten das Gesicht in den Wind und duckten sich unter den nackten Ästen am östlichen Ende der Lichtung. Als Bran einen letzten Blick zum Lager warf, sah er Loke vor einer der Erdhöhlen stehen. Der Waldgeist hob den Arm und zeigte ihm die offene Hand. Er wünschte ihnen eine gute Reise.
    Die Brüder gingen so weit in Richtung Osten, bis sie aus dem Eichenwald heraus und auf den Talhang kamen. Hier wehte der Wind ungehindert, und der Schnee lag nicht mehr so tief. Sie schwenkten nach Norden, weil Dielan überzeugt war, dass das Wild sich weiter in das Tal zurückgezogen hatte.
     
    Sie folgten dem Talhang bis zum Einbruch der Dunkelheit. Dann zogen sie sich wieder zwischen die Eichen zurück. Während Bran trockene Zweige sammelte, fegte Dielan vor einem der dicken Stämme mit dem Fuß den Schnee beiseite. Bran legte das Holz zusammen, während Dielan sich in sein Fell einwickelte und gedankenverloren auf einem gefrorenen Stück Fleisch

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