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Das verlassene Boot am Strand

Das verlassene Boot am Strand

Titel: Das verlassene Boot am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott O'Dell
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arbeitete.
    Wir fanden einen kleinen Tonkrug mit einem Griff und einem Stöpsel, in den ungefähr acht Liter Wasser paßten. Wir packten zehn Streifen getrocknetes Wildfleisch ein. Anita, Rosa und ich arbeiteten fast die ganze Nacht, eine Kapuze zu stricken, die am Kopf eng anlag und bis über die Schultern herunter reichte. Wir strickten sie aus roter Wolle und nähten eine Quaste oben an die Spitze, damit er schon von weitem zu erkennen war. Wir holten das beste Messer aus der Waffenkammer und polierten es; es war ein Messer mit einer langen, geschwungenen Schneide und einem Griff aus Elfenbein. Pater Vinzenz bedankte sich gerührt für all unsere Mühe, aber er nahm das Jagdmesser nicht mit.
    Ich war schon lange vor Tagesanbruch wieder auf und unten am Strand. Es dauerte nicht lange, und fast alle Bewohner der Mission waren da. Es war Ebbe, und wir gingen am Strand entlang zum Dorf der Chumash in der Nähe von Ventura. Pater Vinzenz sah noch blasser aus als sonst. Ich glaube, er fürchtete, seekrank zu werden.
    Kapitän Nidever und Curt hatten das Boot an den Rand des Wassers gezogen und warteten, daß wir ihnen halfen, es flott zu machen. Von den Chumash konnten sie keine Hilfe erwarten, denn die Chumash glaubten, daß es Unrecht war, Ottern zu töten und die Pelze an die weißen Männer zu verkaufen. Zumindest habe ich das gehört, aber ich weiß es nicht ganz sicher.
    Es war Ebbe, und das Wasser stand nur knietief. Wir konnten das Boot leicht ein gutes Stück in die Brandung hinausschieben. Die meisten riefen Pater Vinzenz noch gute Ratschläge nach, dann setzte Kapitän Nidever das rechteckige Segel, das wir gewebt hatten. Das Boot nahm Kurs nach Westen. Es glitt sehr langsam dahin. Ich sah noch lange Pater Vinzenz' rote Kapuze auf und ab wippen und die rote Quaste im Wind flattern.
    Als das Boot außer Sichtweite war, schlug Gito Cruz, der mayordomo der Mission, vor, auf die Klippen über dem Strand zu steigen. Dort zeigte er auf das Meer und sagte: »Schaut, dort drüben ist das Boot. «
    Zu unserer Überraschung war das Boot mit dem rechteckigen Segel und den drei Männern tatsächlich wieder zu sehen.
    »Wieso können wir das Boot jetzt auf einmal wieder sehen, wo es doch schon verschwunden war?« fragte meine Freundin Rosa.
    »Very insignificante «, sagte Gito Cruz, der gern in einem Gemisch aus Spanisch und Englisch redete. »Weißt du, die Welt ist rund wie eine Orange. Unten am Strand konnten wir nur ein kurzes Stück sehen, weil die Erde eben rund wie eine Orange ist. Aber von hier oben, von den Klippen können wir über die Wölbung hinweg ein Stück weiter sehen. Habt ihr das verstanden?«
    Er schaute in die Runde, und alle nickten, auch ich, obwohl ich gar nicht verstehen konnte, daß die Erde rund sei.
    »Wenn wir noch höher hinaufsteigen, wenn wir zum Beispiel auf den Kirchturm steigen, dann können wir das Boot noch länger sehen.«
    Alle verstanden das. Nur ich nicht.
    Wir gingen in die Mission, und ich ging in Pater Vinzenz' Lieblingskapelle, kniete nieder und betete für ihn. Ich betete darum, daß er die Insel der blauen Delphine erreichte, ohne seekrank zu werden, und daß er Karana fand und sie sicher mit hierher brachte, obwohl er dann doch bergauf segeln mußte, falls Gito Cruz wirklich recht hatte und die Welt rund wie eine Orange war.
    Dann mußten wir alle an die Arbeit, um die Zeit aufzuholen, die wir durch Pater Vinzenz' Aufbruch verloren hatten. Die Mädchen mußten an die Webrahmen und die Jungen aufs Feld. Wir arbeiteten alle an diesem Tag sehr fleißig und zwei Stunden länger als sonst.
    Ehe es Abend wurde, kletterte ich auf den Kirchturm, was verboten war, und spähte nach Westen. Die Mission lag auf einem Hügel, und ich konnte weit über das Meer schauen, aber ich sah nur Wasser, das sich endlos weit erstreckte und Wellen mit weißen Schaumkronen, die vom Westwind auf die Küste zugetrieben wurden.
    An diesem Abend wurde ich einen Gedanken nicht los, der mich schon oft beschäftigt hatte. Wenn Pater Vinzenz Karana wirklich auf der Insel fand und sie zur Mission mitbrachte, was sollte ich tun, wenn es Karana hier nicht gefiel? Wenn ihr dieses Leben nicht zusagte, und wir ihr auch nicht? Sie lebte schon so lange allein auf der Insel, also war sie sicher gewohnt, immer alles so zu machen, wie und wann sie es wollte. Hier in der Mission gab es einen festen Tagesablauf. Hier mußte man das tun, was der Pater Superior befahl.
    Der Gedanke war mir unangenehm. Er machte mich

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