Das verlassene Boot am Strand
jeder andere«, sagte »Steinerne Hand« zu Pater Vinzenz. »Ich glaube sogar, mehr als Gott.«
Es wurde Abend. Wir würden die letzten Meilen in der Dunkelheit zurücklegen müssen.
»Wir gehen jetzt«, sagte Pater Vinzenz. »Wir sind hergekommen, um euch aufzufordern, mit uns heimzukehren. Wenn es euch auf der Mission auch jetzt nicht gefällt, könnt ihr ja wieder Weggehen. Ich werde euch nicht noch einmal nachgehen.«
Er raffte seine Kutte bis zu den Knien hoch, die knochig, aber kräftig waren. Er konnte den ganzen Tag auf den Beinen sein, ohne müde zu werden.
»Steinerne Hand« sah sich um. Sein Blick glitt über den geschälten Ahornstamm, über den kleinen Wassertümpel an der Quelle, über das Lagerfeuer mit dem mageren Kaninchen, über das Mädchen mit dem Baby, dem die Knochen herausstanden. Hinter ihm und rechts und links neben ihm ragten kahle Felswände auf. Es war hoffnungslos.
Er schaute hinter Constantino her, der langsam den Hang hinaufstieg und dabei immer wieder mit seiner scharfen Machete auf einen Busch einschlug.
»Steinerne Hand« stieß einen Indianerruf aus. Überall am Hang tauchten Jungen und Mädchen auf, kamen herunter und versammelten sich um ihn.
»Wir kommen mit, aber wir werden Señor Corrientes' Ranch aus dem Wege gehen«, sagte er ruhig zu Pater Vinzenz.
Während er sprach, hörte man ein lautes metallisches Geräusch. Constantino hatte mit der Machete auf den Topf über dem Lagerfeuer geschlagen. Das Essen und die brennenden Holzstücke lagen verstreut am Boden.
Alle drehten sich um und blickten hinauf. Fünf Jungen, die in der Nähe waren, versuchten sofort, das Feuer auszutreten, aber es breitete sich schnell aus. Es setzte das trockene Gras und die dürren Fichtennadeln in Brand und leckte im nächsten Augenblick schon an den Bäumen hoch.
Es herrschte Ostwind - wir nennen diesen warmen Wind Santana - und er blies die Flammen an. Die drei Fichten verwandelten sich in lodernde Fackeln.
»Vámonos!« rief Pater Vinzenz.
Der Wind blies in den Cañón hinunter, am Fluß entlang, dem wir folgen mußten.
Karana sagte nichts, sie machte ein Zeichen. Einer hinter dem anderen, dicht beisammen, folgten wir ihr und ihrem Hund.
Große Flammen schlugen aus den drei Fichten. Der Wind packte sie und schleuderte sie zum Himmel hinauf und ließ sie wie eine Flagge in der Richtung zur Küste hin flattern.
Karana lief schnell, Rontu-Aru auf den Fersen, und wir fielen ebenfalls in einen Trab. Pater Vinzenz nahm das Baby auf den Arm, und »Steinerne Hand« nahm ein Mädchen um die Hüfte, das einen Verband am Bein hatte, und stützte es.
Eine Lagune schnitt sich hier ins Festland. Der Waldbrand konnte sich dadurch nicht bis zur Mission und auch nicht bis zur Corrientes-Ranch ausbreiten. Aber das Land dazwischen stand in Flammen.
Das Feuer rauschte lauter als die Brandung. Wir rannten um unser Leben. Karana mußte sich am Morgen, als wir herkamen, Gedanken darüber gemacht haben, wie man wohl auf einem anderen Weg aus diesem Canon heraus gelangen konnte. Vielleicht hatte sie auch früher schon Waldbrände erlebt.
Mando sagte: »Wir hätten die Lagune entlang zur Küste laufen können. Am Strand kann das Feuer nicht weiter. Wasser kann nicht brennen.«
Ich zeigte auf die Brecher, die der Wind gegen die Felsen an der Küste schleuderte. »Da unten würden wir ertrinken. Wäre dir das lieber?«
Mando zupfte an seinem Ohr. Er mochte Karana nicht besonders, weil er sie nicht verstehen konnte. Er fand, alle Leute sollten seine Sprache sprechen. Und wenn jemand das nicht tat, dann war Mando überzeugt, dieser Mensch sei nicht ganz richtig im Kopf, und er schaute auf ihn herunter. In der Mission gab es viele, die ähnlich dachten. Als Karana ein paar spanische Worte gelernt hatte, lächelten Mando und die anderen auch, weil Karana die Worte anders aussprach als wir.
Nun war er ungeduldig. »>Steinerne Hand< und seine Leute gehen auch an der Küste entlang.«
»Weil er sein Leben lieber in der Brandung riskiert als auf Señor Corrientes Ranch«, antwortete ich. »Und das kann ich verstehen.«
»Was >Steinerne Hand< kann, kann ich auch«, sagte Mando.
»Es gibt keinen Grund, warum du das beweisen müßtest.«
»Ich will ihm zeigen, daß ich es auch mit dem Meer aufnehme. Vielleicht kann ich da unten jemanden retten, vielleicht sogar ihn.«
»Sei froh, wenn du nicht selbst Hilfe brauchst.«
»Er verspottet mich wegen dem großen Fisch.«
»Aber du hattest ihn ja gefangen. «
»Und
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