Das verletzte Gesicht
ihrem Image. Freddy sonnte sich in dem allgemeinen Aufsehen. Mit stolz geschwellter Brust stolzierte er triumphierend einher. Mondragon hatte nichts mehr zu melden. Charlotte gehörte ihm, und er würde sie festhalten.
Melanies Hochzeit war das Highlight der Weihnachtsfeiertage. Charlotte half ihr beim Anziehen des traumhaften Kleides.
Zeremonie und Empfang fanden im Cilantro statt. Charlotte stand in Dunkelrot als Brautführerin neben einer freudestrahlenden Melanie, und alle anwesenden Freunde und Familienangehörigen wirkten nicht weniger glücklich als das Brautpaar.
Charlotte lauschte, wie beide ihre Ehegelübde sprachen. Melanie fast triumphierend mit der Stimme eines Menschen, der nach vielen Schwierigkeiten festen Boden unter den Füßen hatte.
Welche Ironie, dachte Charlotte bei sich, dass diese strahlende, selbstsichere, leicht untersetzte Melanie bedeutend anziehender wirkte als die alternde Schauspielerin Melanie, die sich sklavisch den Schönheitsidealen Hollywoods untergeordnet hatte und daran fast zerbrochen wäre. Die heutige Melanie wirkte echt und lebenserfahren und mochte sich selbst und ihre Mitmenschen.
Charlotte weinte in ihr Taschentuch und schniefte mehr als Junichis Mutter, die an Tränenmenge knapp den zweiten Platz belegte. Die Gäste hielten sie nur für sentimental, doch Melanie wusste es besser und war erst erleichtert, als Charlotte sich gefangen hatte und die Gäste beim Empfang begrüßte.
„Du bist eine wunderschöne Braut“, schwärmte Charlotte, als sie mit Melanie allein war.
„Darf ich dich an dein Zitat erinnern, dass unsere wahre Schönheit daran zu erkennen ist, welche Freunde wir im Leben haben?“ Sie umarmten sich und hielten sich einen Moment fest.
„Du bist meine beste Freundin“, flüsterte sie Charlotte zu, wich ein wenig zurück und wischte sich die Augen. „Und uns deine Anteile am Restaurant zu schenken, ist sehr großzügig. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Junichi nennt es meine Mitgift.“
„Versprich mir nur, glücklich zu sein.“
„Das bin ich. Und denk bitte nicht, dass ich dich im Stich lasse. Ich bin nur am anderen Ende der Stadt.“ Sie drückte Charlotte die Hände. „Du bist nicht allein.“
Charlottes Augen schwammen in Tränen, doch sie lächelte tapfer. „Natürlich nicht.“
Junichi kam, entschuldigte sich und entführte Melanie zu einem lächelnden Paar für ein gemeinsames Foto. Die vier umarmten sich und wirkten sehr vertraut miteinander. Charlotte bemerkte die verstohlenen Blicke und das Getuschel der anderen Gäste. Offenbar erkannte man sie, wagte aber nicht, sie anzusprechen. Natürlich hielten sie es für höflich, sich einer Berühmtheit nicht zu nähern. Sie gehörte nicht zu ihnen.
Charlotte trat ein wenig beiseite und betrachtete die Party aus einer ruhigen Ecke. Als sie die Gäste in Trauben beisammenstehen und angeregt schwatzen sah, dachte sie an eine Weihnachtsparty im kalten Chicago vor vielen Jahren. Ihr Frösteln hatte jedoch nichts mit dem kühlen Dezemberwind zu tun, der draußen an den hölzernen Fensterläden rappelte. Sie erkannte nur plötzlich, dass sie heute als bildschöne Frau ebenso einsam war wie früher als hässliche.
21. KAPITEL
Z wei Monate nach Drehbeginn für
Thunder Bay
schwitzte das gesamte Filmteam Blut und Wasser. Nach zwei Jahren Vorbereitungszeit, Verhandlungen über Filmrechte, Vertragsabschlüssen mit Schauspielern und Regisseuren und dem Erweisen und Einfordern von Gefälligkeiten hatte John LaMonica die Produktion endlich zum Laufen gebracht, die Kameras surrten, und da brach seine Hauptdarstellerin zusammen.
„Eine tolle Art, das neue Jahr anzufangen“, sagte LaMonica in seinem grauen Büro zu Freddy. „Du musst etwas tun, und zwar schnell.“ Er war in keiner Stimmung zu streiten. „Andernfalls habe ich keine Wahl, als sie rauszuwerfen.“
„Was?“ rief Freddy, riss sich die Zigarre aus dem Mund, beugte sich vor und stemmte die Ellbogen auf LaMonicas riesige Schreibtischplatte. „Das kannst du nicht machen. Der Film ist halb abgedreht.“
„Ich kann und ich werde.“ Er betrachtete Freddy über die aneinander gelegten Fingerspitzen hinweg.
Freddy nahm seine Cola, schwenkte die Eiswürfel und ließ sein Gegenüber nicht aus den Augen. LaMonica mit seinem breiten Kinn und der Neigung zum Fettansatz wirkte nur dank eines exzellenten Schneiders einigermaßen schlank. Aber er war nun mal der Produzent. „Was würdest du dadurch gewinnen“, versuchte er es auf
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