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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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Martas Familienbesitz befand. Alle machten große Augen. Das waren nicht die üblichen Geschenke wie Kameras oder neue Pullover. Heute Abend hatten die Eltern die wenigen Familienschätze weitergegeben, die sie besaßen. Jetzt richteten sich alle Blicke auf Michael. Bobby suchte unter dem Weihnachtsbaum, doch da war nichts mehr. Michael runzelte leicht die Stirn.
    „Der arme Tío Miguel bekommt kein Geschenk“, sagte Maria Elena und schlang ihm tröstend die kleinen Arme um die Schultern.
    „Ich fürchte, ich war ein böser Junge“, scherzte er und umarmte sie. Er lächelte zwar, war jedoch enttäuscht.
    Da erhob sich Luis mit großer Geste und ging zum Kamin. Er nahm einen Umschlag vom Sims und überreichte ihn Michael nach kurzer dramatischer Pause mit sichtbarem Stolz.
    Michael sah seinen Vater forschend an und suchte nach Hinweisen, was der Umschlag enthielt. Dann blickte er zu Bobby, Rosa und Manuel. Deren Mienen waren neugierig und vorsichtig abwartend. Offenbar wusste niemand etwas.
    Zum Dank nickend nahm Michael den Umschlag entgegen, öffnete ihn und las die Urkunden, die er enthielt. Aus seinem Gesicht wich alle Farbe. „Das ist eine Schenkungsurkunde!“
    „Ich bin ein Mann, der hält sein Wort. Ich bat ihn, zu kommen nach Kalifornien und zu helfen. Er kam!“ sagte Luis an alle gewandt. „Er hat bewiesen, dass er ist ein Sohn, jetzt er wird beweisen, dass er ist ein Mondragon. Er wird wieder herstellen Familienehre in diesem Tal. Michael wird zeichnen die Entwürfe. Wir fangen wieder an, als Familie. Ich weiß es, und es bringt meinem alten Herzen große Freude, das zu sehen.“
    Er kam näher und legte seinem inzwischen sitzenden Sohn eine Hand auf die Schulter, wie ein König das Schwert auf die Schulter eines Ritters legt. „Ich verspreche dir das Land, das Geschäft, alles. Ich übertrage dir Zukunft von unsere Name Mondragon.“
    Michael spürte die Bürde wie eine tatsächliche Last auf den Schultern. Mit dieser Urkunde gingen unausgesprochene und unerwünschte Forderungen einher – eine Verpflichtung zu Loyalität und Kontinuität. Die Pflicht zu heiraten, sich auf dem Land anzusiedeln und für Erben zu sorgen. Und er sah im Blick seines Vaters, dass Luis entschlossen war, die Erfüllung jeder einzelnen Verpflichtung einzufordern.
    „Vater, wie kannst du so etwas tun?“ begehrte Rosa auf. Sie brach als Erste das Schweigen, und ihre Bitterkeit war unüberhörbar. „Manuel und ich, wir haben all die Jahre für dich geschuftet. Jahre, in denen Miguel fort war. Für uns war immer klar …“
    „Was war klar,
Querida
?“ fragte Luis warnend. Langsam drehte er sich zu seiner Tochter um, den Rücken zu Manuel. Er lächelte, doch seine Augen blitzten. „Du gehörst immer zum Geschäft. Aber dein Name nicht ist Mondragon. Dein Sohn heißt nicht Mondragon. Das war immer klar.“
    Manuel errötete und presste die Kiefer zusammen, die Lippen ein schmaler Strich. Wortlos stand er auf und verließ das Zimmer.
    „Was ist mit dir, Roberto?“ wandte sie sich ihrem älteren Bruder zu.
    Bobby erbleichte, hob aber das Glas an die Lippen und zuckte weltmännisch die Achseln. „Es ist Papas Land, und er kann damit machen, was er will. Und … Papa will es eben Michael vermachen.“
    „Du bist der Älteste! Es sollte dir gehören!“
    Ein schmerzlicher Ausdruck glitt über Bobbys Gesicht. „Ich male Wandgemälde, Rosa. Was soll ich mit einer Gartenbaufirma?“
    „Genug jetzt!“ sagte Michael, stellte sich in die Mitte des enger werdenden Kreises und merkte nicht, dass er soeben geklungen hatte wie Luis. Er brachte Rosa mit einem strengen Blick zum Schweigen, wandte sich an seinen Vater und hielt ihm die Urkunde hin. „Papa, das ist eine große Ehre.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Eine zu große Ehre.“
    „Du bist
fuerte
, no?“ erwiderte Luis und schob die Papiere zurück. „Stark. In Herz und Charakter.“ Er schlug seinem Sohn auf den Rücken, und es wurmte Michael, dass er sich über den Stolz des Vaters freute. „Du wirst mir nicht zeigen kalte Schulter. Du wirst helfen deine Familie,
no
?“
    „Helfen, ja. Du brauchst mich, das ist richtig. Und ich tue, was ich kann, aber ich habe nichts als Gegenleistung gefordert.“
    „Gefordert? Miguel, ich dir geben alles. Die Gartenbaufirma, die Gärtnerei, die Quelle, alles. Ich dir gebe Freiheit. Dein eigenes Land dich macht zu freie Mann. Niemand sagt dir, was du sollst tun, niemand dich macht klein. Ein Mann mit deine Fähigkeiten

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