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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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und fasste selbst in die Schüssel, um ihr Gesicht zu bemalen. »Sie sollen uns auch fürchten.«

    Grimmig nickte Yanko und schmierte sich selbst den kühlen Schlamm ins Gesicht. Er spürte, wie er verkrustete und das Gesicht hart und reglos wurde. »Geben wir ihnen über den Schlamm hinaus noch weitere Gründe, uns zu fürchten.«
    Entschlossen kletterten sie auf die Drachen, die ebenfalls nicht mehr freundlich wirkten. Nicht wie die zuvorkommenden Aussaathelfer oder jemand, mit dem man ein Wettschwimmen veranstaltete. Immer wieder fletschten sie die Zähne oder schlugen mit den Schwänzen nach harmlosen Insekten oder gar Möwen. Mit den brennenden Augen und dieser raubtierhaften Unruhe wirkten sie vielmehr so, als seien die Geschichten der Ordensritter wahr. Es waren zornige, gefährliche Geschöpfe. Lange vor der Mittagszeit erhoben sie sich in die Luft und flogen Richtung Rhaconia. Vilette blieb als Einzige zurück.
    »Bereite schon mal einen schönen Festbraten vor«, rief ihr Yanko zum Abschied zu. »Ben hat sicher Hunger, wenn wir zurückkommen.«
    Sie flogen hoch und höher und weit oben über die Stadt hinweg, doch die scharfen Drachenaugen konnten erkennen, dass sich auf dem großen Platz bereits die ersten Menschen einfanden. Die meisten Frauen hatten ihre Schirme dabei, wie an Festtagen üblich, und trugen sie stolz über der Schulter. Direkt neben dem Tempel standen vier Galgen, deren Podest offenbar über Räder verfügte und das aus einem Seitenflügel herbeigerollt worden war. Von den Verurteilten war nichts zu sehen; alles war, wie Nesto gesagt hatte.
    Außer Sichtweite begannen sie über dem Kloster zu kreisen. Selbst mit herausragenden Augen würden sie von unten für Vögel gehalten werden. Sie kreisten und kreisten, bis
die Sonne schließlich direkt über ihnen stand. Wo blieb nur diese Kerkerkutsche?
    »Siehst du schon was?«, fragte Yanko, wie er es schon mehrmals getan hatte.
    »Nein«, antwortete Juri auch diesmal.
    »Es ist Mittag. Marmaran und ich schauen schnell zum Tempel, ja?«, rief Anula, dann eilten sie davon, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Yanko vermeinte in ihrer Stimme Angst zu hören. Eine Angst, die er selbst spürte.
    Wo steckte Ben?
    Hellwahs Macht war zur Mittagsstunde am größten, deshalb beharrten die Ritter sorgsam darauf, alles Rituelle dann durchzuführen, auch die Hinrichtungen von Glaubensfeinden, während Mörder auch zum Frühstück oder abends gehenkt werden konnten. Besorgt blickte er nach unten, dann hinter Anula her. Marmaran zog zwei schnelle Kreise über der Stadt, dann kehrte er zurück.
    »Nichts«, knurrte er. »Das Podest ist leer, doch der Platz ist überfüllt. Und die Menschen sind unruhig.«
    Was hatte das zu bedeuten?
    »Da unten tut sich was!«, rief Feuerschuppe. »Eine schwarze Kutsche ist eben aus dem Gebäude mit den vergitterten Fenstern gekommen. Sie nähert sich dem Tor und wird von sechs Rittern auf Pferden begleitet.«
    »Das ist sie. Endlich!«, stieß Yanko hervor. »Dann also los.«
    Nica und Feuerschuppe lösten sich von ihnen, rasten in Richtung Rhaconia und sanken immer tiefer. Juri und Marmaran kreisten dagegen weiter wie Geier über der Kutsche, doch auch sie gingen tiefer und tiefer.
    Als die Kutsche das Kloster verlassen hatte und knapp
dreihundert Schritt die Straße entlanggefahren war, stürzte Nica mit Feuerschuppe hinab. Sie kreischte und schwang drohend die kleine Faust, er fauchte und brüllte. Beinahe sofort hielt die Kutsche an.
    Dreißig Schritt vor ihr landete Feuerschuppe und brüllte: »Euer Abt stinkt!«
    Wütend stürmten die sechs Ritter auf ihn zu, und sofort gingen Marmaran und Juri in den Sturzflug. Yanko klammerte sich an Juris Hals, wilde Freude raste durch seine Adern. Die Ritter waren einfach furchtbar dumm, auf ein solches Ablenkungsmanöver hereinzufallen, doch er genoss es.
    »Euer Abt frisst Würmer aus der Tiefe, die Samoth ausgeschieden hat!«, schrie Feuerschuppe und erwartete die Ritter mit ausgebreiteten Flügeln. Schnaubend hatten sie ihre Blausilberklingen gezogen und holten im Galopp aus, um ihm die Flügel abzuschlagen. Feuerschuppe fletschte die Zähne, und Nica rief: »Ritter haben den Kopf nur, um dem Helm Halt zu geben.«
    Wütend schrien die Ritter auf, schwangen drohend die schimmernden Klingen, und Feuerschuppe sprang elegant in die Höhe, sodass die Ritter unter ihm hindurchjagten und ihre Schwerter harmlos durch die Luft pfiffen.
    In diesem Moment schlugen Juri und Marmaran neben der

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