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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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versperrten ihnen zwei große kräftige Männer den Weg, die sich dort im Schatten gegenseitig stützten. Der eine übergab sich auf eine Türschwelle, während der andere gegen die Laibung pinkelte.
    »Aber hallo«, begrüßte sie eine vertraute tiefe Stimme. »Das ist doch das schöne Mädchen mit der Vorliebe für gleich zwei Männer.«
    »Wo?«, sagte der andere krächzend und hob den Kopf. Irgendwas lief ihm den Mundwinkel hinab.
    »Halt!«, rief der Nachtwächter auf der Straße hinter ihnen. »Wer seid ihr?«
    »Hast du’s dir doch noch überlegt?« Der Mann mit der tiefen Stimme wandte sich ihnen zu, die Hose noch immer offen und eine Hand in Richtung Nica ausgestreckt. Er schwankte bedenklich, und sein Kamerad hielt sich nur mit Mühe an seiner Schulter fest.
    »Überlegt? Na?«, echote die hohe Stimme und ließ ein meckerndes Lachen folgen.
    »Haltet die Fresse, verdammt! Sie ist mein Mädchen!«,
schrie Yanko und trat dem ersten mit voller Wucht gegen das Knie. Dessen Arm ruderte wild durch die Luft, es war nicht klar, ob er das Gleichgewicht halten oder Yanko schlagen wollte, doch beides gelang nicht so recht. Yanko versetzte ihm noch einen wütenden Stoß gegen die Brust, und der riesige Mann fiel einfach um. Sein Kamerad, die Hand noch immer in seine Schulter gekrallt, stürzte mit ihm und auf ihn. Ben hörte nur ein Grummeln und Ächzen und Würgen, und dann war er mit Yanko und Nica vorbei und rannte so schnell er konnte zum Hafen, während der Nachtwächter hinter ihnen auf die beiden Betrunkenen stieß.
    »Hab ich euch«, hörte Ben noch, obwohl er überzeugt war, dass der Nachtwächter ihre Schritte vernahm. Aber wahrscheinlich kümmerte er sich lieber um wehrlose Trunkenbolde als um irgendjemanden, der noch rennen konnte. Ein solches Verhalten war sicherer. Wahrscheinlich hatte der Nachtwächter fast ebenso viel Angst wie Ben.
    Als sie schließlich die Mole erreichten und auf ihr hinausstürmten, war es noch immer dunkel, und die Drachen warteten auf sie.

DREI JUNGEN UND EIN FISCHER
    D reimal hatten sie Anula und den Drachen nun bei einem späten Frühstück gegen Mittag von ihrem nächtlichen Ausflug erzählt, und mindestens fünfmal von dem Zusammenstoß mit den Betrunkenen. Mit jedem Mal wurden die Gassen dunkler und länger, die Nachtwächter und Steckbriefe zahlreicher, die Betrunkenen größer und betrunkener, und Ben berichtete vollkommen überzeugt, aus dem Keller des verlassenen Gasthofs Zum Drachen unheimliche Geräusche und Waffengeklirr gehört zu haben. Nur ganz leise, aber bestimmt hätten da noch ganze Ritterhorden gezecht und sie sich dennoch erfolgreich angeschlichen. Als Yanko schließlich bemerkte, er habe noch gar nicht erwähnt, dass im Tempel … Da schnitt ihm Juri rabiat das Wort ab: »Und du meinst immer, ich bin derjenige, der zu viel quatscht?«
    »Da hat dir wohl jemand den Rang als Plapperkönig abgelaufen«, stimmte Anula lachend zu. Sie hatte sich an Ben geschmiegt und hielt das Gesicht in die Sonne. »Wie wollen wir jetzt herausfinden, was die ganze Geschichte gebracht hat?«
    »Das muss ich übernehmen«, erklärte Ben. »Als Fintas Gast kann ich die Stadt als Einziger ohne großes Aufsehen betreten.«
    Anula drehte den Kopf und sah ihn an, sagte aber nichts. Ben konnte nicht erkennen, ob sie überrascht oder sauer oder nur traurig war. Erfreut schien sie auf keinen Fall.

    »Ich bin eben der Einzige, der das kann«, bekräftigte er noch einmal, jedoch leiser.
    »Und wann wolltest du los?«, fragte Anula noch ein Stück leiser, gefährlich leise.
    »Möglichst bald.« Er küsste sie auf das Haar, ihr Mund war nicht in Reichweite. »Und ich wollte vielleicht zwei oder drei Tage bleiben. Um die Stadt auszuspionieren, um …«
    »Zwei oder drei Tage, ja? Warum muss es denn überhaupt diese eine Stadt sein?« Anula löste sich von ihm und stierte ihn an. »Die ganze Küste hier ist voller Fischerdörfer, wo man die Wahrheit ganz leicht verkünden kann, das ganze Land voller Städte. Aber nein, du willst unbedingt in die Stadt, wo der nette Händler Finta Dogha lebt.«
    »Na ja, vor allem weil der Orden in direkter Nachbarschaft ein Kloster unterhält«, erläuterte Ben. »Und auch weil ich bei Finta leicht Unterschlupf finde, das erleichtert …«
    »Bei Finta, klar. Bei der hübschen Tochter!«
    »Ach, lass mich mit der Tochter in Ruh!«
    »Ich? Du fängst doch immer damit an, dass du unbedingt allein nach Rhaconia willst!«
    »Ich hab dir gesagt, dass du viel

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