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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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schnell verschwunden.« Finta öffnete die Tür zu einem kleinen, vollkommen gefliesten Raum, der durch eine Tür mit Bens Zimmer verbunden war. »Genieß es. Und eine angenehme Nachtruhe.«
    »Gute Nacht«, sagte Ben und setzte sich vorsichtig auf den Rand einer großen Marmorwanne, die den gefliesten Raum dominierte.
    Sie war länger als er groß, ohne Weiteres könnte er darin
ertrinken. Sollte er etwa darin ein Bad nehmen? Daheim hatte ihn seine Mutter in einen engen Holzzuber gesteckt und mit einem groben Schwamm abgeschrubbt, bis seine Haut rot gewesen war. Er hatte es gehasst, ein Bad zu nehmen, und es nach ihrem Tod vermieden. Würde ihn jetzt Pinda abschrubben? Misstrauisch sah er sich nach harten Bürsten und Schwämmen um, konnte jedoch keine entdecken.
    Oder hatte Finta etwas anderes gemeint, als er sagte, Ben würde sich ihren Namen nach einem Bad leichter merken? Sie war hübsch, aber noch älter als Anula. Und Finta wusste doch von Anula, bei dem Gespräch über Mircah hatte er beharrlich auf ihre Existenz gepocht.
    Ben lauschte auf Schritte im Flur und war nicht sicher, ob er sich vor Pinda überhaupt ausziehen sollte. Wie verhielten sich Händlersöhne? Was wurde von ihm erwartet? Nervös spielte er mit dem obersten Knopf seines Hemds, achtete jedoch darauf, ihn nicht zu öffnen. Die falsche Identität war eine idiotische Idee gewesen; wäre doch besser Yanko gegangen.
    Als Pinda kurz darauf das Zimmer betrat, sah sie ihn kaum an. Sie wirkte überrascht, ihn hier zu sehen. Hätte er nebenan warten sollen? Er versuchte möglichst gelangweilt zu wirken. Er war ein Fremder, woher sollte er die Anstandsregeln in diesem Land kennen?
    Entschlossen knöpfte er den obersten Hemdknopf auf, aber nur den.
    Schweigend feuerte sie einen kleinen Ofen neben der Wanne an, obwohl es nicht kalt war, und drehte ein handtellergroßes Rad an einer Röhrenkonstruktion über der Wanne. Wasser plätscherte heraus und in die Wanne. Ben war
zu überrascht, um die gelangweilte Miene aufrecht zu halten. Dann riss er sich wieder zusammen – Cintho gehörte zu den Menschen, die alles kannten.
    Pinda, die ihn weiterhin nicht direkt ansah, schien sein seltsames Mienenspiel nicht bemerkt zu haben, warf eine Prise Kräuter und getrockneter gelber Blütenblätter ins Wasser und goss einen Schluck süßlich riechendes Öl hinterher. Anschließend legte sie ein großes Handtuch auf das Tischchen neben die Wanne.
    »Wünschen Sie sonst noch etwas, Herr Citho?«, fragte sie scheu und blickte zu Boden.
    »Äh, nein. Danke, Pinda«, sagte Ben.
    Überrascht sah sie ihn kurz an. Ihre Augen waren groß und blau. »Gute Nacht, Herr Citho.«
    »Gute Nacht, Pinda«, entgegnete Ben freundlich. Wenn er den Namen noch mehrmals aussprach, würde er ihn sich auch merken können. Einen von dreiunddreißig.
    Sie ging mit einer Verbeugung.
    Langsam zog sich Ben aus und stieg in die Wanne. Das Wasser war herrlich warm, und der süßlich herbe Duft ließ ihn angenehm dämmrig werden. Zum ersten Mal verstand er, warum jemand freiwillig baden konnte. Es musste schön sein, reich zu sein. Oder verschuldet.
    Lange blieb er in der Wanne liegen und dachte an Anula, an ihre Pläne, die Drachen zu befreien. Und für einen kurzen Moment bedauerte er, dass Finta nicht sein Vater war. Es war albern, aber er hatte nie einen gehabt. Verschollen, hatte es immer geheißen, aber vielleicht war er auch nur vor Bens versoffener Mutter davongerannt. Wer hätte es ihm verdenken können? Aber wäre er damit nicht auch vor seinem Sohn davongerannt? Finta hätte das nie getan, auch
der verstockte Fischer nicht, so schlimm er sich sonst verhalten hatte. Oder bezog sich der väterliche Beschützerinstinkt nur auf Töchter?
    Er dachte daran, dass Nicas Vater sie hatte opfern wollen. Nein, es lag nicht am Geschlecht, sondern daran, dass Finta ein feiner Kerl war und Nicas und seine Eltern nicht. Vielleicht konnten sie ja eine Weile hier leben, wenn das alles vorbei war. Wenn sie nicht mehr geächtet waren und die Drachen endlich frei.

KEINE NACHTRUHE
    B en lag bestimmt eine halbe Stunde wach unter der Zudecke aus fließendem glänzendem Stoff und wünschte sich, Anula wäre hier. Dann müsste sie nicht allein auf den Trolllumpen in ihrem Turm schlafen. Es war schon die zweite Nacht hier, doch niemals zuvor hatte Ben ein derart weiches Bett erlebt. Wieso war diese Matratze nur so gleichmäßig und weich? Als hätte man die Laken mit Schafwolle ausgestopft. Oder mit Wolken.
    Mitten

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