Das Verlies der Stuerme
zu Vilette. Ängstlich blickte das Mädchen sie an und stammelte: »Nein … ich würde
doch nicht … nicht Ben und … ihr habt mich gerettet, wie könnte ich euch da verraten?«
»Warum sollen wir dir glauben?«, fragte Yanko. Wenn es Sidhy nicht war, musste es sie gewesen sein.
»Weil … ich …« Sie sah zu dem noch immer blutenden Sidhy und begann zu weinen.
»Willst du sie nicht auch schlagen?«, fragte Nica bissig.
»Sie ist ein Mädchen.« Empört sah Yanko sie an. Niemals würde er ein Mädchen schlagen, was dachte sie von ihm? »Während Sidhy nur wie eines heult.«
»Lass endlich meinen Bruder in Ruh!«, schrie Nica.
»Siehst du? Er lässt sich sogar von seiner Schwester verteidigen. « Im selben Moment bereute er es, Nica so anzugehen, aber wenn er Sidhy eines reinwürgen konnte, dann konnte er nicht anders. Sidhy hatte es nicht anders verdient.
»Willst du mal spüren, wie es ist, wenn ich ihn richtig verteidige? « Zornig hob Nica die Hand. »So als kleines Mädchen! «
»Nica! Komm schon!« Yanko wich einen Schritt zurück. Nicht dass er Angst hatte, er wollte sich nur nicht mit ihr schlagen.
»Hört auf«, knurrte Marmaran. »Vielleicht war es doch ein Zufall. Vielleicht hat ein Ritter Aiphyron zufällig beim Anflug gesehen, seine Kameraden herbeigerufen, und dann haben sie ihn überrascht. Erst Zufall, dann planvolles Vorgehen. «
»Ja, genau«, schluchzte Vilette. »Ich war es nicht, ehrlich.«
»Hm«, brummte Yanko, der Sidhy einfach nicht trauen wollte. Und auf keinen Fall würde er sich bei ihm entschuldigen.
»Das könnte sein«, sagte Juri, und Nica sah Yanko herausfordernd an.
»Hm«, brummte Yanko noch einmal. Egal, wie Nica ihn ansah, auf eine Entschuldigung konnte der Kerl lange warten. Dass es so gewesen sein könnte, hieß noch lange nicht, dass es auch so gewesen war.
Nica starrte ihn weiter mit ihren blitzenden dunklen Augen an. Das war doch nicht zum Aushalten! Ohne Sidhy anzusehen, brummte er: »Es tut mir leid. War vielleicht etwas überhastet von mir.«
»Schon gut«, sagte Sidhy und zog die Nase hoch. Es klang so unterwürfig, Yanko konnte ihm einfach nicht trauen. Egal, was Nica dachte, er würde ihn weiter im Blick behalten.
»Vielleicht ist Ben gar nichts passiert«, sagte Anula leise und umschlang sich noch immer mit ihren Armen. »Das kann doch sein, Juri, oder? Vielleicht war er noch gar nicht in der Bucht, als sie Aiphyron geholt haben, oder?«
»Kann sein«, erwiderte der Drache gedehnt.
»Das war bestimmt nicht sein Blut, oder?«
»Nein.« Juri schüttelte langsam den Kopf, als wüsste er nicht, was er glauben sollte. »Aber warum war er dann nicht da? Hätte er nicht auf jemanden von uns gewartet?«
»Oder er ist noch gar nicht aus der Stadt herausgekommen«, sagte Anula hoffnungsvoll. »Vielleicht ist er noch immer bei Finta.«
»Ja, das könnte sein«, sagte Yanko. »Bringst du mich in die Stadt, Juri?«
»Jetzt?«
»Wann denn sonst? Nächste Woche?«
»Aber was, wenn sie auch Finta und Nesto geschnappt
haben?«, wandte Byasso ein. »Ich kenne die beiden ja nicht, aber wenn der Orden zuerst ihnen auf die Spur gekommen ist? Und Ben bei ihnen geschnappt hat und aus ihm Aiphyrons Versteck herausgepresst hat? Dann …«
»Nein!«, schrie Anula. »Sag das nicht! Niemand hat Ben geschnappt!«
»Aber wenn doch?«, flüsterte Nica kraftlos. »Dann lauern sie uns in Fintas Haus auf. Sobald einer von uns dort auftaucht, wird er gefangen und eingekerkert.«
»Das ist egal«, knurrte Yanko. »Das wissen wir nicht, und das muss ich riskieren.«
»Nein!«, sagte nun Nica scharf. Wenigstens schien sie nicht nur um ihren verhätschelten Bruder Angst zu haben.
»Es ist Ben!«, beharrte er. Erwartete sie wirklich, dass er hier herumsaß und nichts tat?
»Ben!«, betonte Anula, und die Drachen nickten grimmig. Selbst der kleine Wachdrachen, der seine Sprache noch nicht wiedererlangt hatte und erst über noch nutzlose Stummelflügel verfügte.
»Ja. Aber auch Ben ist kein Grund, ihnen ins offene Messer zu rennen«, sagte Nica, und Marmaran gab ihr recht: »Wir wissen nicht, was genau passiert ist. Und auf jede Möglichkeit müssen wir anders reagieren. Also lasst uns nachdenken. «
Als Yanko dennoch einfach auf Juris Rücken springen und losfliegen wollte, klammerte sich Nica an ihn und ließ ihn erst wieder los, als er aufgab.
Stunde um Stunde diskutierten sie, während die Nacht verrann, fassten Pläne und verwarfen sie wieder. Diese elende
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