Das Verlies der Stuerme
eine Entscheidung trafen, kam ihnen das Glück zu Hilfe. Nesto trat heraus und schlug den Weg Richtung Hafen ein.
Gemächlich folgten sie ihm über zwei Kreuzungen hinweg, bis sie von Fintas Palast nicht mehr gesehen werden konnten. Yanko blickte sich kurz um, und da er keine Ritter sah oder andere verdächtige Gestalten, bedeutete er Byasso erst einmal Abstand zu halten und alles zu beobachten. Rasch schloss er zu dem Schiffsjungen auf. »Hallo, Nesto.«
Der Angesprochene wirbelte herum. Überraschung zeigte sich auf seinem Gesicht, die sich beinahe sofort in Erleichterung
verwandelte. »Du? Aber … Hast du das von Ben gehört? «
»Was?«
»Leise.« Hastig sah sich Nesto um. »Sie haben ihn geschnappt! Er soll hingerichtet werden!«
»Hingerichtet?«
»Ja! In zwei Tagen schon. Ich wollte eben ins Lagerhaus, um euch dort eine Nachricht zu hinterlassen.«
»Hingerichtet?«, fragte Yanko noch einmal. Das durfte nicht wahr sein! In zwei Tagen schon?
»Ja. Zusammen mit drei anderen Ketzern.«
»Und da wolltest du uns jetzt eine Nachricht ins Lagerhaus bringen, für das Ben den Schlüssel hat?« Yanko packte den Jungen am Kragen und schüttelte ihn. »Sehr hilfreich, äußerst hilfreich.«
»Wir wussten nicht, wie wir euch sonst erreichen sollten.« Nesto blickte ihn beschwörend an und legte seine Hände auf Yankos Arme. »Komm mit. Und lass mich los, wir dürfen nicht auffallen. Im Lagerhaus können wir reden.«
Mit einem kurzen unauffälligen Wink bedeutete Yanko Byasso, ihnen in kurzem Abstand zu folgen, dann eilte er mit Nesto durch die Stadt.
»Es tut mir schrecklich leid«, raunte der Schiffsjunge.
»Was ist mit Aiphyron?«, fragte Yanko.
»Aiphyron?« Verblüfft wandte sich Nesto ihm zu. »Woher soll denn ich …? Was ist mit ihm?«
Irritiert blieb Yanko stehen. Wieso überraschte Nesto die Frage derart? Er wusste doch auch, was mit Ben geschehen war.
Doch bevor Yanko etwas sagen konnte, entdeckte er zwei Knappen, die im Gleichschritt durch die Straßen liefen, einen
Stapel Pergament unter den Arm geklemmt, und an einem Baum stehen blieben. Dort brachten sie mit schnellen Hammerschlägen eines an und marschierten dann weiter.
GROSSE KETZERHINRICHTUNG
Am kommenden Sonntag werden mittags
auf dem großen Tempelplatz vier Ketzer
zu Hellwahs Ehren hingerichtet, darunter der
schreckliche Ben.
Ein Ketzer für jede Jahreszeit, einer für jede
Himmelsrichtung,so wie es Hellwah gefällig ist.
Kommt alle und bringt die Familie mit!
Entsetzt starrte Yanko auf die schwarze Schrift, dann packte er Nesto am Ärmel und zog ihn weiter Richtung Lagerhaus. Er musste alles erfahren, sofort. Unterwegs lauschte er auf das, was ringsum gesprochen wurde, und nicht wenige freuten sich auf die Hinrichtung.
»Sie haben den schrecklichen Ben geschnappt«, sagte sogar ein kleiner Junge auf dem Weg vor ihnen.
»Gut.« Sein noch kleinerer Bruder jubelte. »Aber wer ist der schreckliche Ben?«
»Du weißt aber auch gar nichts«, sagte der Ältere herablassend.
»Das sage ich Mama, dass du mir nichts sagst«, jammerte der kleinere.
»Petze! Das ist halt der schreckliche Ben von den Steckbriefen. «
»Oh!« Er klang beeindruckt. »Und was macht der?«
»Was schon? Der ist schrecklich.«
Yanko stellte dem Jungen ein Bein und lief an ihm vorbei. Sollte er doch plärren, der kleine Wichtigtuer.
Im Lagerhaus stellte Yanko dem Schiffsjungen Byasso vor, und Nesto erzählte ihnen, dass gestern Abend vier Ritter zu Finta gekommen waren und ihm von Bens Gefangennahme erzählt hatten. Er habe Fintas Farben getragen, und die Ritter wollten wissen, was denn der Händler dazu sage.
Derart in die Ecke gedrängt, hatte Finta behauptet, Ben habe sich mit dem gefälschten Brief eines Geschäftsfreunds als dessen Sohn ausgegeben, mit der Bitte, ihn nach Rhaconia mitzunehmen. Finta hatte den Sohn nie gesehen und habe sich über dessen außerordentliche Kenntnisse des Tirdischen gewundert, doch keinen Anlass gesehen, am Brief seines Freundes zu zweifeln; schließlich hatten sie über solche Pläne schon einmal letztes Jahr gesprochen und das Siegel war echt. Es täte ihm furchtbar leid, wenn er einen solchen Ketzer und schrecklichen Verbrecher ins Großtirdische Reich eingeschleppt habe, und er würde gern Buße tun und Hellwah ein Opfer darbringen, golden wie die Sonne. Das hatte die Ritter einigermaßen beruhigt, und so waren sie abgezogen.
»Warum hat er nicht versucht, ihn zu verteidigen?«, fragte Yanko barsch. Er hatte das
Weitere Kostenlose Bücher