Das Verlies
Weiber«, sagte Lura ruhig und stand auf. »Morgen früh, wenn du deinen Kater ausgeschlafen hast, können wir über alles reden. Aber vorher muss dieses beknackte Piercing weg, ich kann so’n Zeug nämlich auf den Tod nicht ausstehen. Warum tut ihr euch das eigentlich an? Diese Verunstaltung!« Er hielt inne, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und meinte noch: »Ach ja, ich muss jetzt leider gehen, das heißt, ich muss nach Hause fahren und mich hinlegen, es war ein anstrengender Tag. Außerdem muss ich ständig damit rechnen, dass die Bullen vor meiner Tür stehen und mir blöde Fragen stellen. Die Bullen können ja so blöd sein, aber ich bin schlauer als die, wenn du verstehst.«
»Was soll der Schwachsinn? Ich versteh gar nichts.«
»Oh, nichts weiter. Geht nur um meine Frau und meinen Freund. Die Bullen sind so was von überzeugt, ich wäre von denen entführt worden … Aber ich will sie gern in dem Glauben lassen.«
Mandy Preusse schien von einer Sekunde zur andern nüchtern geworden zu sein und sah Lura aus großen Augen an. »Was hast du da eben gesagt? Heißt das, du bist gar nicht entführt worden?«
Ein maliziöses Lächeln umspielte Luras Mund. »Du bist ja doch nicht so besoffen, wie ich dachte. Nein, ich wurde nicht entführt, ich habe meine Frau und ihren Lover entführt und kaltgemacht. Aber die Bullen glauben es. Weißt du, meine liebe Gattin hat mich genervt. Und dann hat sie auch noch mit meinem Freund rumgefickt. Die wollten mich einfach aus dem Weg räumen. Na ja, das ist zumindest die Meinung der Bullen. Und jetzt wollen wir doch mal sehen, wie schlau die wirklich sind.«
»Wenn du das wirklich warst, dann kriegen die dich auch, du Bastard!«, schrie sie verzweifelt.
»Kaum. Welche Beweise haben die schon gegen mich? Im Grunde genommen gar keine. Außerdem komme ich als Täter gar nicht in Betracht, schließlich bin ich das Opfer.«
Pause. Schweigen.
»Was hast du mit mir vor? Willst du mich auch umbringen?«
»Nicht, wenn du artig bist. Und bitte, kotz mir bloß nicht den Boden voll, das Zeug hat ein Schweinegeld gekostet. Wenn du noch mal pissen musst, bevor ich gehe, sag’s jetzt.«
»Warum ich? Was hab ich dir getan?«, fragte sie weinend.
»Weil gerade keine andere da war«, antwortete er lakonisch. »Du lebst allein, du bist einsam, ich kenn dich eben. Weiber wie du, ph, was haben die schon vom Leben? Du kommst morgens ins Büro, gehst abends heim, hockst vor der Glotze oder schreibst irgendwelche bescheuerten Gedichte oder malst nackteTypen, die in deiner Fantasie entstehen … Gib zu, das ist kein Leben, das ist Scheiße, riesengroße Bullenscheiße!«
»Aber es ist mein Leben«, schluchzte sie. »Ich will nicht sterben.«
»Hab ich das gesagt? Liebste Mandy, sei doch nicht so pessimistisch. Kopf hoch, wird schon wieder. Und jetzt sag schon, musst du mal pissen?«
Es entstand eine kleine Pause.
»Du bist eine perverse Sau.« Dann plötzlich wurde Mandys Stimme versöhnlicher, und sie sagte mit einem gekünstelten Lachen: »He, komm, sei friedlich und mach mich endlich los. Wenn du mich bumsen willst, dann kannst du das auch so haben. Ich hatte sowieso gehofft, dass du über Nacht bei mir bleibst.«
»Tja, so kann man sich irren. Ich fick dich, wann ich will. Du bleibst jedenfalls hier. Ich komme irgendwann morgen im Laufe des Vormittags vorbei, um nach meiner lieben Mandy zu schauen.«
»Gott, hilf mir! Hiilllfffeeee!!!«
Er schlug ihr mit dem rechten Handrücken zweimal mit voller Wucht ins Gesicht und sagte mit Eiseskälte: »Spar dir die Kraft, hier hört dich keiner. Und wenn du gehorchst, passiert dir nichts. Versprochen. Und jetzt zum letzten Mal – musst du aufs Klo?«
»Ja«, antwortete sie mit Tränen in den Augen. Ihre Nase blutete, dicke Tropfen fielen auf ihre entblößte Brust.
Lura holte die Campingtoilette aus dem Nebenraum. »Heb deinen Arsch hoch, damit ich das drunterschieben kann. Und beeil dich.«
Als sie fertig war, schob er die Toilette zur Seite und sagte: »Hör auf zu heulen, es gibt Schlimmeres im Leben. Ich lass die Toilette direkt neben dir stehen, du kannst also ganz leicht deine Geschäfte verrichten. Du brauchst sie nur mit einem Fuß zu dir zu ziehen. Und jetzt mach’s gut, liebste Mandy. Und du hast sogar das unverschämte Glück, dass ich das Licht anlasse. Das mach ich nur dir zuliebe.«
»Neeeiiiinnn!!!! Ich will nicht allein hier bleiben!«, schrie sie heulend und rüttelte noch stärker an den Handschellen. Sie
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