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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Badewanne. Frank, kümmerst du dich um Steffi?«
    »Ja, ja, bin schon unterwegs.«
    »Wir machen uns einen richtig schönen Abend mit Wein, Kerzenlicht und leiser Musik. Ich hab lange nicht mehr gepflegte Konversation betrieben.«
    »Ich auch nicht«, sagte Julia Durant und begann die Tomaten zu schneiden.
    Es wurde der schöne Abend, den Nadine versprochen hatte. Sie redeten bis tief in die Nacht hinein, ohne dass der Name Lura auch nur ein einziges Mal erwähnt wurde. Um drei Uhr löschten sie die Kerzen und gingen zu Bett.

Samstag, 19.45 Uhr
    Als das Telefon klingelte, nahm Wolfram Lura nach dem ersten Läuten ab.
    »Ja?«
    »Hallo, Junge, ich bin’s, Vater. Kannst du in einer halben Stunde in meinem Stammlokal sein?«
    »Sicher. Aber um was geht’s denn?«
    »Nicht am Telefon, deine Mutter ist gerade mal oben, ich muss vorsichtig sein. In einer halben Stunde?«
    »In Ordnung.«
    Er legte auf und sagte: »Das war mein Vater. Er will mich unbedingt sehen. Ich fahr gleich hin.«
    »Nach Hause?«
    »Nein, er hat eine Stammkneipe, dort treffen wir uns. Ich weiß nicht, was er will, doch es scheint wichtig zu sein. Sorry, aber ich bin bestimmt nicht später als zehn wieder zurück.« Er gab Andrea einen Kuss, nickte Markus zu, zog sich eine Jacke über und ging zum Auto.
    Nur knapp zwanzig Minuten später hielt vor dem Lokal, das um diese Zeit fast voll besetzt war. Sein Vater saß am Tresen, ein Glas Bier vor sich, über dem Hocker neben ihm lag sein Mantel. Horst Lura drehte sich um, als Wolfram ihm von hinten auf die Schulter tippte.
    »Hi, da bin ich«, sagte er, hängte den Mantel an die Garderobe und setzte sich neben seinen Vater. Er bestellte sich auch ein Bier und dazu einen Klaren.
    »Schön, dass du gekommen bist«, sagte sein Vater mit gedämpfter Stimme. »Warst du heute bei Rolf?«
    »Ja.«
    »Und wie war er?«
    »Warum hast du mich herbestellt?«, entgegnete Wolfram und ließ die Frage unbeantwortet.
    »Sag mir erst, wie es bei Rolf war.«
    »Er hat eine Show abgezogen, die sogar Andrea durchschaut hat. Die Krönung war, als er mir einen Scheck über zwanzigtausend in die Hand gedrückt hat.«
    »Warum hat er das gemacht?«
    »Angeblich will er mir helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Eigentlich will ich das Geld nicht, aber als wir wieder zu Hause waren, hat Andrea gemeint, dass ich den Scheck nicht zerreißen soll. Sie hat mich überzeugt.«
    »Zwanzigtausend sind für Rolf ein Trinkgeld. Nimm’s ruhig an.« Er trank sein Bier aus und gab ein Zeichen, dass er nocheins haben möchte. »Pass auf, ich hab mir seit gestern die ganze Zeit über Rolf Gedanken gemacht. Mir ist da was eingefallen, ich weiß aber nicht, ob das heute noch für ihn gilt. Kannst du dich erinnern, als ihr noch Jungs wart, da war deine Mutter mit Rolf doch oft beim Arzt …«
    Wolfram schüttelte den Kopf und sagte nach einigem Überlegen: »Ich könnte mich noch so sehr anstrengen, aber daran kann ich mich nicht erinnern.« Er vermochte sich tatsächlich nicht zu erinnern, denn vieles aus seiner Kindheit und Jugend war einfach verloren gegangen, da dieser Teil seines Lebens zu den eher unerfreulichen Abschnitten gehörte. Erst als er älter und von zu Hause ausgezogen war, begann er sich freier und unbeschwerter zu fühlen.
    »Es war aber so. Er hatte andauernd irgendwas, meist hat er sich verletzt, irgendwo geschnitten oder den Kopf aufgeschlagen oder weiß der Geier was. Und als ich letzte Nacht darüber nachgedacht habe, ist mir eingefallen, dass Rolf sich immer dann verletzt hat, wenn er seinen Willen nicht gekriegt hat. Er hat sich sogar einmal den Arm und das Bein gebrochen, weil er vom Baum gefallen ist.«
    »Und was willst du damit sagen?«
    »Ich glaube, er hat sich absichtlich verletzt, um seinen Willen durchzusetzen. Dafür hat er auch große Schmerzen in Kauf genommen.«
    »Sprichst du damit auf die Schussverletzungen an, die …«
    »Ja, verdammt noch mal! Ich hab ja keine Ahnung, ob er heute noch immer so ist, aber das letzte Mal war er einundzwanzig, als er mit dem Kopf gegen eine Tür gerannt ist. Angeblich ist er gestolpert, aber das war kurz nachdem ich mich weigerte, ihm den BMW zu kaufen, vielleicht erinnerst du dich.«
    »Daran kann ich mich erinnern, doch ich hab das für einen Unfall gehalten.«
    »Das war’s aber nicht. Er hatte eine schwere Gehirnerschütterung, lag eine Woche im Krankenhaus, und deine Mutter hatmich schließlich überredet, ihm quasi als Schmerzensgeld den Wagen zu kaufen. Ich

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