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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Hausaufgaben?«
    »Klar doch. Aber erst muss ich noch mal kurz telefonieren. Geh schon hoch, ich komm gleich nach.«
    Sie wartete, bis Markus in seinem Zimmer war, und schloss die Tür hinter sich. Dann setzte sie sich auf die Couch, nahm den Hörer ab und tippte eine Nummer ein. Das Telefonat dauerte nur zwei Minuten. Als sie die Aus-Taste drückte, war sie erleichtert.
    Markus hatte bereits das Englischbuch aufgeschlagen und ein Heft vor sich liegen. Er wollte nur, dass seine Mutter Vokabeln abhörte. Sie blieb aber zwei Stunden bei ihm. Die ganze Zeit über vermieden sie es, über Rolf Lura zu sprechen, doch beide wussten, was der andere dachte.

Dienstag, 10.05 Uhr
    Mirko Hradic und Igor Wassilew wohnten in einem Mehrparteienhaus unweit der ehemaligen McNair-Kaserne, Hradic im ersten und Wassilew im dritten Stock. Die Fassade war grau und seit Jahrzehnten nicht erneuert worden, die Klingelschilder zum Teil unleserlich oder nicht vorhanden, die meisten Klingelknöpfe angesengt. Ein paar Tropfen fielen auseinem grauen Herbsthimmel. Es war eine dieser Gegenden, in der die Saat des Unkrauts aufging, wie Berger einmal in einem seiner philosophischen Anflüge bemerkt hatte. Betrachtete man den Bürgersteig, die Stufen, die zum Haus führten, die Fenster und die ungepflegten Vorgärten, sofern man diese als solche bezeichnen konnte, so hatte Berger sicher nicht ganz Unrecht mit seiner Behauptung.
    »Wir müssen vorsichtig sein«, sagte Julia Durant an ihre Kollegen gewandt, während sie etwa fünfzig Meter vom Haus entfernt standen. »Ich will nicht, dass irgendeinem von uns etwas passiert. Wir müssen ins Haus rein, aber am besten, ohne zu klingeln. Sowie wir drin sind, gehen Frank und ich in den dritten Stock, ihr beide bleibt im ersten. Doris und ich werden uns als Mitarbeiterinnen der Hausverwaltung ausgeben. Frank und Peter, ihr postiert euch so, dass ihr nicht durch den Spion gesehen werden könnt. Erst wenn die Türen aufgemacht werden, gehen wir rein, aber mit gezogener Waffe. Und dann muss alles ganz schnell gehen. Verstanden?« Und zu Kullmer und Seidel: »Sobald wir oben sind, räuspere ich mich, das ist das Zeichen.«
    »Alles klar«, sagte Kullmer.
    »Auf dass alles gut geht«, fügte Hellmer hinzu.
    Sie gingen auf das Haus zu, warteten einen Moment, Kullmer drückte mit einer Hand gegen die Haustür, sie war verschlossen.
    »Ich nehme einen deutschen Namen. Hier, Peters. Soll ich klingeln? Was kann uns passieren?«
    »Mach.«
    Nur wenige Sekunden später ertönte ein leichtes Summen. Sie traten in den Hausflur. Eine ältere Frau kam aus der Wohnung im Erdgeschoss und sah die Beamten misstrauisch an, ein Misstrauen, das in einem solchen Haus angebracht war.
    »Ja, bitte?«
    Durant legte einen Finger auf die Lippen und zeigte ihr den Polizeiausweis. Sie bat sie mit leisen Worten, wieder in die Wohnung zu gehen und die Tür hinter sich zuzumachen. DieStufen waren aus ausgetretenem Stein, die Schritte der Kommissare dadurch kaum hörbar. Kullmer und Seidel blieben im ersten Stock stehen, während Durant und Hellmer in den dritten gingen. Durant gab das vereinbarte Zeichen, indem sie sich räusperte. Sie und Seidel betätigten gleichzeitig die Klingel. Sie warteten, keine Reaktion. Sie versuchten es erneut, bis Durant Schritte näher kommen hörte.
    »Ja?«, fragte eine männliche Stimme von drinnen.
    »Durant von der Hausverwaltung. Ich würde gerne mit Ihnen sprechen, es geht um die Wohnung. In den nächsten drei Wochen werden sämtliche Heizkörper ausgetauscht und …«
    Die Tür wurde geöffnet, ein junger Mann, der nur ein Unterhemd und eine Sporthose anhatte, stand vor ihr. Bevor er etwas sagen konnte, blickte er in die Mündung von Durants Pistole.
    »Igor Wassilew?«, sagte sie scharf und stieß die Tür auf.
    »Ja, und? Was soll der Scheiß? Ich denk …«
    »Sie werden wegen des dringenden Tatverdachts verhaftet, Herrn Beck am vergangenen Donnerstag in dessen Haus ermordet zu haben. Und jetzt schön brav die Hände auf den Rücken, mein Kollege wird Ihnen Handschellen anlegen, und danach werden wir Sie mit aufs Präsidium nehmen. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Alles, was Sie von jetzt an sagen, kann notfalls gegen Sie verwendet werden.«
    »He, spinnt ihr?! Ich soll was gemacht haben? Ich hab keinen umgelegt!«
    »An die Wand und Hände auf den Rücken!«, befahl Hellmer. Wassilew leistete keine Gegenwehr. Auch Hradic, der noch geschlafen hatte, als Seidel klingelte, war derart

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