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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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verständnislos den Kopf.
    »Sie ist genau so, wie sie mir geschildert wurde. Und der Alte kuscht. Hast du gesehen, wie der die ganze Zeit dagesessen hat? Wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange. Nur nichts Falsches sagen, am besten gar nichts sagen, damit’s später keine Dresche gibt.«
    Durants Handy piepte. Kullmer. Sie sagte nur »Ja« und »Bleibt am Ball« und »Wir besprechen alles nachher im Büro« und drückte auf Aus.
    »Das war Peter. Rate mal, wer eben bei Frau Lura aufgetaucht ist.«
    »Bin ich vielleicht ein Hellseher oder bei Günther Jauch?«, entgegnete Hellmer, der diese Fragen hasste, gereizt.
    »Dr. Becker. Was macht der jetzt schon wieder bei ihr? Ich meine, der ist der Anwalt ihres Mannes, aber …«
    »Vielleicht ist er ja auch ihrer«, sagte Hellmer lakonisch.
    »Kommt mir trotzdem ein bisschen komisch vor. Schaffen wir noch den Bruder?«
    »Wenn wir uns beeilen. Ich bezweifle aber, dass wir ihn antreffen. Jeder normale Mensch arbeitet um diese Zeit noch.«
    »Der ist doch arbeitslos. Ich sag schon mal Berger Bescheid, dass er einen Durchsuchungsbeschluss für Luras Haus besorgen soll. Wir werden sie morgen früh überraschen, und ich bin gespannt, ob wir was finden.«
    »Und was willst du finden? Glaubst du ernsthaft, die Lura würde ihren Mann im eigenen Haus killen und dann auch noch Beweismaterial für uns aufheben? Dazu ist sie meines Erachtens zu intelligent. Außerdem hat sie in Becker einen hervorragenden Berater, wenn er denn einer ist.«
    »Das ist ja das Interessante an Hausdurchsuchungen. Man muss immer auf Überraschungen gefasst sein. Und vielleicht gibt’s ja eine. Ich habe jedenfalls inzwischen keine Hoffnungmehr, dass Lura noch lebt. Der wurde um die Ecke gebracht, garantiert.«
    »Da wär ich mir nicht so sicher. Totgesagte leben länger, manchmal zumindest.«
    »Aber ich kenne wenigstens zwei Frauen, die sicher nicht traurig wären, wenn er nicht mehr leben würde. Und ehrlich gesagt, ich kann’s ihnen nicht verdenken, wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was er ihnen angetan hat.«
    Sie schnippte ihre Zigarette aus dem Seitenfenster und schloss es gleich wieder. Dann machte sie die Augen zu und schlief schon nach wenigen Sekunden ein und schreckte hoch, als Hellmer sie an die Schulter tippte.
    »Hallo, Schatzilein, wir sind da«, sagte er mit breitem Grinsen. »Nachholbedarf, was?«
    »Kann sein. Wie lang war ich denn weg?«
    »Viertelstunde vielleicht. Und jetzt komm, wir haben nicht ewig Zeit.«
    »Warte, ich muss noch Berger wegen der Hausdurchsuchung anrufen«, sagte sie und rieb sich die Augen. »Mann o Mann, bin ich müde.«
    Berger sicherte Durant, ohne Fragen zu stellen, zu, den Durchsuchungsbeschluss umgehend bei der Staatsanwaltschaft anzufordern. Alles, was er wissen wollte, war, welchen Grund er dem Staatsanwalt nennen sollte. Julia Durant antwortete lediglich, es gebe einige Verdachtsmomente, die dafür sprächen, dass Lura bereits in seinem Haus oder auf seinem Grundstück einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein könnte. Diese Auskunft genügte Berger. Durant steckte ihr Handy wieder in die Tasche.
    »Dann wollen wir mal«, sagte sie, streckte sich und stieg aus. Sie rauchte noch eine Zigarette, weil sie sich einbildete, dadurch wacher zu werden.
    »Alle guten Vorsätze dahin?«, fragte Hellmer auf dem Weg zum Haus.
    »Was ist denn jetzt los?«
    »Du wolltest doch mit der Qualmerei aufhören. Und …«
    »Lass mich zufrieden, okay?«, fauchte sie ihn an und nahm einen tiefen Zug. »Mir gehen einfach Leute wie die alte Lura gewaltig auf den Keks. Außerdem bin ich saumüde.«
    »Ist ja gut. War auch nicht so gemeint.«

Mittwoch, 16.15 Uhr
    Wolfram Lura wohnte im dritten Stock eines alten Hauses in der Falkstraße. Sie mussten zweimal klingeln, bevor der Türöffner summte und sie in den dunklen Flur eintreten konnten. Sie stiegen die knarrenden Holzstufen nach oben. Es roch muffig, der Geruch der Jahrzehnte hatte in jeder Ritze des Gemäuers Spuren hinterlassen – Gerüche von den vielen Bewohnern, die gekommen und gegangen waren, die hier gelacht, geweint, sich gefreut und getrauert haben, Gerüche von Gebratenem, scharf Gewürztem, Gerüche vom Leben und vom Tod.
    Er stand in der Tür, ein mittelgroßer hagerer Mann mit eingefallenen Wangen und tief in den Höhlen liegenden Augen, in schwarzem T-Shirt, schwarzer Jeans und nur mit Socken an den Füßen. Er hatte eine Alkoholfahne, was Hellmer sofort auffiel.
    »Herr Lura?«, fragte Hellmer, als

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