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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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»Dazu gehört aber auch, dass wir noch mehr über Ihren Sohn erfahren. Wie uns Ihre Schwiegertochter sagte, hat er einen sehr guten Kontakt zu Ihnen.«
    »Allerdings. Rolf ist ein vorbildlicher Sohn. Er kommt regelmäßig bei uns vorbei, schaut nach dem Rechten und hilft uns, wo immer er nur kann. Wir hätten uns keinen besseren Sohn wünschen können. Nicht wahr, Horst?«
    »Hm«, war alles, was er dazu zu sagen hatte, doch dieses »Hm« klang nicht sehr überzeugend. Nachdem Durant ihn einige Male kurz beobachtet hatte, musste sie Gabriele Lura zustimmen – hier gab es nur eine Person, die etwas zu sagen hatte, und das war ihre Schwiegermutter.
    »Aber Sie haben auch noch einen anderen Sohn, Wolfram.«
    »Ja, und? Was hat das Verschwinden von Rolf mit Wolfram zu tun? Außerdem, Wolfram ist aus der Art geschlagen. Er will mit uns nichts mehr zu tun haben, und das haben wir akzeptiert. Im Gegensatz zu Rolf hat er sein Leben nie in den Griff gekriegt. Aber er ist alt genug, um zu wissen, was er tut. Unsere Tür steht ihm jedenfalls immer offen.«
    Ja, dachte Hellmer, die steht ihm offen, wenn er wie ein Büßer bei zwanzig Grad minus angekrochen kommt und lange genug gebettelt hat, eingelassen zu werden. Du alte Hexe machst ihm wahrscheinlich erst auf, wenn er kurz vor dem Erfrieren ist.
    »Herr Lura, Ihr Sohn führt seit einigen Jahren das Autohaus. Hat er in der jüngeren Vergangenheit, in den letzten Tagen oder Wochen etwas verlauten lassen, dass er zum Beispiel bedroht wird oder dass es einen Konkurrenten gibt, der ihm nicht wohlgesonnen ist?«
    »Nein«, war die knappe Antwort.
    »Oder er hat sich vielleicht in anderer Weise auffällig verhalten? Nervös, fahrig, hektisch? Oder war er introvertierter als sonst?«
    »Frau Durant«, meldete sich Ursula Lura wieder zu Wort, »jede Veränderung wäre mir bei Rolf sofort aufgefallen. Rolf kann sich nicht verstellen, er ist eine ehrliche Haut und würde niemals mit irgendetwas hinter den Berg halten. Und nein, er war weder nervös noch hektisch noch … Außer, wenn Gabriele, unsere liebe Schwiegertochter, mal wieder quer geschossen hat, was nicht selten vorkommt.«
    »Haben Sie ein gespanntes Verhältnis zu Ihrer Schwiegertochter?«
    »Was heißt gespannt«, erwiderte sie schulterzuckend. »Sie hat eben Flausen im Kopf und stärkt Rolf nicht in der Weise den Rücken, wie eine gute Frau das tun sollte. Ich habe meinem Mann immer zur Seite gestanden, in guten wie in schlechten Zeiten. Sie sollten sie mal fragen, ob sie das auch tut. Aber so, wie ich sie kenne, wird sie Ihnen das Märchen von der treu sorgenden,liebevollen Ehefrau auftischen, der es ja ach so schlecht geht. Mein Gott, ich habe Rolf damals von dieser Ehe abgeraten, und ich habe, soweit ich das beurteilen kann, mal wieder Recht behalten. Aber es war seine Entscheidung.«
    »Ihr Sohn ist erwachsen und weiß, was er tut. Wir wollen Sie dann auch nicht länger aufhalten. Sobald sich etwas Neues ergibt, werden Sie es sofort erfahren.«
    »Wissen Sie, ich will ja nichts Schlechtes über meine Schwiegertochter sagen«, fügte sie beschwichtigend hinzu, als hätte sie gemerkt, dass sie etwas zu viel über ihre Gefühle verraten hatte, »aber Rolf hätte eine bessere Frau verdient. Gabriele hat einfach keinen Sinn für Familie und vor allem für das Geschäft. Sie kann mit Geld nicht umgehen.«
    »Was wollen Sie uns damit sagen?«, fragte Durant mit hochgezogenen Brauen.
    »Nichts, gar nichts. Vergessen Sie’s. Und geben Sie uns Bescheid, wenn Sie wissen, was mit unserem Sohn passiert ist. Ich hoffe und bete, dass alles ein gutes Ende nimmt. Rolf bedeutet uns sehr viel, mehr, als Sie sich vorstellen können«, sagte sie, und zum ersten Mal seit dem Besuch der Kommissare hatte sie Tränen in den Augen, während sie die Beamten zur Tür begleitete, sich verabschiedete und ihnen hinterhersah, bis sie in den Lancia eingestiegen waren. Du und beten, dachte Durant nur und zündete sich eine Zigarette an.

Mittwoch, 15.45 Uhr
    Die möchte ich nicht geschenkt haben«, sagte Hellmer und startete den Motor. »Mein Gott, wenn ich mir vorstelle, ich hätte so einen Drachen als Mutter gehabt. Nicht auszudenken! Ich glaub, ich hätt mir ’ne Kugel verpasst.«
    »Wenn du so eine Mutter gehabt hättest, wärst du wahrscheinlich ganz anders geworden. Vermutlich so einer wie Rolfi.«
    »Da drin bleibt einem ja die Luft weg. Ich möchte Sie sehr darum bitten, Ihre Schuhe auszuziehen«, äffte er Ursula Lura nach und schüttelte

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